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Leaky Gut Syndrome: Gibt es den „undichten Darm“ wirklich?

leaky gut syndrome
Foto: CC0 / Pixabay / balouriarajesh

Das „Leaky Gut Syndrome“ soll die Entstehung zahlreicher chronischer Erkrankungen erklären können. Wissenschaftlich belegt sind diese Annahmen nicht. Zahlreiche Magazine, Bücher und Firmen verbreiten den Mythos trotzdem weiter.

„Leaky Gut“ heißt übersetzt so viel wie „undichter Darm“. Die Theorie dahinter ist, dass die Öffnungen in unserer Darmschleimhaut zu groß sind. Dadurch würden Krankheitserreger und andere Schadstoffe leichter in unseren Körper gelangen.

Verfechter:innen der Theorie behaupten, das Leaky Gut Syndrome sei die Ursache für zahlreiche Erkrankungen und Symptome: Diese reichen von Müdigkeit, Migräne, Allergien über Rheuma, Diabetes und chronischen Entzündungen bis zu Multipler Sklerose.

Würde man den undichten Darm angemessen behandeln oder diesem vorbeugen, könne man also auch die Symptome dieser Krankheiten lindern oder ihre Entstehung verhindern. Keine einzige wissenschaftliche Arbeit bestätigt diese Zusammenhänge. In der Medizin ist „Leaky Gut Syndrome“ noch nicht einmal ein etablierter Fachbegriff.

Was ist das Leaky Gut Syndrome?

Unsere Darmschleimhaut ist generell nicht völlig dicht, sondern ein durchlässiges Gewebe. Nur so können Nährstoffe aus dem Darm überhaupt in den Rest unseres Körpers gelangen. Laut Angaben der ZEIT ist es aber tatsächlich bei einigen Krankheitsbildern so, dass die kleinen Öffnungen in der Schleimhaut vergrößert sind.

Dies ist beispielsweise bei Zöliakie (Glutenunverträglichkeit), chronischen Darmentzündungen (wie Morbus Crohn), Allergien oder einem Reizdarm der Fall, so eine Studie. Auch bei übermäßigem Alkoholkonsum und einer häufigen Einname von Ibuprofen, ASS (Acetylsalicylsäure) und anderen entzündungshemmenden Schmerzmitteln kann die Darmschleimhaut durchlässiger werden.

Dieser Teil der Theorie um das Leaky Gut Syndrome ist auf den ersten Blick also gar nicht so falsch. Doch die Sache hat einen Haken: Wissenschaftlich ist nicht belegt, dass eine durchlässige Darmschleimhaut Erkrankungen fördern würde. Vielmehr könnte es auch sein, dass ein undichter Darm die Folge der oben genannten oder anderer Krankheiten ist.

Auch das Online-Magazin der Harvard Medical School berichtet, dass es bislang keine Studien gibt, die einen klaren Ursache-Wirkung-Zusammenhang zwischen veränderter Darmschleimhaut und anderen chronischen Erkrankungen belegen würden. Der Begriff hat sich aktuell jedoch vor allem in der Alternativmedizin und auch auf sozialen Medien etabliert.

Leaky Gut Syndrome: Falsche Versprechen

Nahrungsergänzungsmittel und andere Pillen sollen das Leaky Gut Syndrome angeblich heilen.
Nahrungsergänzungsmittel und andere Pillen sollen das Leaky Gut Syndrome angeblich heilen.
(Foto: CC0 / Pixabay / Monfocus)

Ein weiteres Problem der Theorie des Leaky Gut Syndrome ist die Diagnose. Zwar gibt es Tests, mit denen Mediziner:innen laut der ZEIT die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut messen können. Expert:innen sind sich jedoch uneins, wie aussagekräftig und präzise diese Tests wirklich sind.

Und auch wie eine entsprechende Therapie des Syndroms dann aussehen soll, bleibt fraglich. So findest du laut Medizin Transparent im Internet zahlreiche Artikel, die Einläufe, Nahrungsergänzungsmittel oder bestimmte Lebensmittel als Heilmittel gegen den undichten Darm anpreisen. Da jedoch wissenschaftlich noch nicht einmal geklärt ist, was „Leaky Gut“ überhaupt ist und welche Folgen es hat, sind auch diese versprochenen Therapiemaßnahmen keine wissenschaftlich belegten Tatsachen.

Die ZEIT bezeichnet das Leaky Gut Syndrome deshalb in erster Linie als „pseudowissenschaftliche Geschäftemacherei“. Schließlich kosten Nahrungsergänzungsmittel und andere Pillen und Kapseln in erster Linie viel Geld. Helfen werden sie vermutlich nicht.

Laut der Harvard Medical School ist es stattdessen sinnvoller und gesünder, auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu achten. So unterstützt eine ballaststoff- und nährstoffreiche Ernährung tatsächlich unsere Darmflora und kann uns laut der Apotheken Umschau eventuell vor einigen Erkrankungen (wie Krebs und Herzkreislauf-Erkrankungen) schützen. Wie und warum jedoch chronische Erkrankungen wie Darmentzündungen, Zöliakie, Diabetes oder Multiple Sklerose entstehen, bleibt nach wie vor nicht abschließend geklärt.

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