Der Lithium-Abbau steht schon lange in der Kritik: Wegen des Elektroauto-Booms steigt die Nachfrage nach Lithium rasant an, doch für den Abbau von Lithium fehlen ökologische Standards. Gibt es „gutes“ Lithium?
Lithium ist ein wichtiger Rohstoff, der für zahlreiche Produkte nötig ist:
- Smartphones
- Notebooks
- E-Autos
- Glas- und Keramikprodukte
- Batterien
- Schmierstoffe
Die größten Lithium-Vorkommen befinden sich in vor allem in Bolivien, Argentinien und Chile. Die hohe Nachfrage nach dem begehrten Lithium stellt für diese Staaten eine wichtige Chance dar, Armut und soziale Ungleichheit im eigenen Land zu verringern.
Die Erfahrung beim Abbau vieler anderer Rohstoffe hat in den vergangenen Jahrzehnten allerdings gezeigt, dass Rohstoffreichtum auch zu mehr sozialer Ungleichheit führen kann. Nicht nur zu Kolonialzeiten, sondern auch in den postkolonialen Jahrzehnten ist es zu einem Anstieg des illegalen Kleinbergbaus in Lateinamerika gekommen, der zu einer Zunahme von sozialer Ungleichheit geführt hat. Damit sich dieser „Rohstofffluch“ oder „Ressourcenfluch“ nicht beim Lithium-Abbau wiederholt, setzen sich Regierungen und NGOs für eine stärkere Umverteilung der Erlöse aus dem Lithiumverkauf ein.
Lithium-Abbau für E-Autos: Nachfrage steigt rasant
(Foto: CC0 / Pixabay / slowdef)
Der Lithium-Abbau nimmt bei der Produktion von E-Autos derzeit eine Schlüsselrolle ein. Alle namhaften Hersteller von Elektroautos setzen auf einen von Lithium-Ionen-Batterien angetriebenen Elektromotor und forschen an Optimierungen der Lithium-Speichertechnologie. Auch in der Zukunft wird Lithium daher wichtig bleiben. Grund für die herausragende Rolle des Lithiums ist die hohe Energie- und Leistungsdichte des Metalls. Auch in den meisten tragbaren Elektronikprodukten werden Lithium-Ionen-Batterien verwendet, darunter Kameras, Smartphones und Notebooks.
Die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien findet in der Regel nicht in dem Land statt, in dem der Rohstoff Lithium zuvor abgebaut wurde. Bei der Batterieproduktion sind aufwendige technische Verfahren notwendig, um eine hohe Reinheit des Lithiums zu gewährleisten und somit zum Beispiel brennende Lithium-Ionen-Batterien auszuschließen. In den USA und Europa gibt es seit kurzem zwar die ersten kleineren Batterieproduzenten. Trotzdem verbleibt der Hauptanteil der Lithium-Ionen-Batterieproduktion weiterhin in Korea, China und Japan, wo Kompetenzen und entsprechend ausgebildete Angestellte vorhanden sind. Damit verbleiben auch die meisten Einnahmen in diesen Ländern und nicht in den Rohstoffländern, in denen der Lithium-Abbau erfolgt.
Wo wird Lithium abgebaut?
Lithium kann entweder in Bergwerken aus dem Gestein abgebaut (z.B. in Australien) oder aus Salzseen (Salaren) gewonnen werden. Vor allem in den Ländern Chile, Argentinien und Bolivien gibt es in den Bergen Salzseen, die hochkonzentriertes Lithium enthalten. Diese Seen sind allerdings trocken, das lithiumhaltige Salzwasser befindet sich tief unter der Oberfläche und muss herausgepumpt werden. Anschließend verdunstet das Wasser in großen Becken und mit Hilfe von Chemikalien wird dann das Lithium von den anderen zurückgebliebenen Mineralien getrennt.
Dieser Lithium-Abbau ist allerdings problematisch: Wie Deutschlandfunk berichtet, sinkt dadurch das Grundwasser in Regionen, in denen es ohnehin kaum regnet. Außerdem werden immer wieder Gewässer mit dem Salzwasser kontaminiert und verschärfen die Wasserknappheit. Chemikalien zum Trennen des Lithiums verbreiten sich dem Bericht zu Folge in der Umwelt und sind möglicherweise die Ursache für ein jahrelang andauerndes Viehsterben.
Folgen des Lithium-Abbaus für die Umwelt
(Foto: CC0 / Pixabay / mailanmaik)
Die steigende Nachfrage nach Lithium auf dem Weltmarkt führt dazu, dass auch in bisher unberührten Landschaften neue Abbaugebiete eröffnet werden. Dazu gehören insbesondere der bolivianische Salar de Uyuni und der tibetische Zabuye-Salzsee „mit entsprechenden Folgen für die Ökosysteme“, so die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften.
Die Belastungen des Lithium-Abbaus für die Umwelt sind dabei so gravierend, dass die Umweltorganisation Blacksmith Institute unter den zehn Orten mit den größten Umweltproblemen auch drei aus dem Bergbau-Sektor aufführt, heißt es in einem Aufsatz zu kritischen Rohstoffen. Die bedeutenden Umweltbelastungen ergeben sich durch Emissionen von Schadstoffen in Wasser, Boden und Luft, die beim Betrieb und durch die abgelagerten Abfälle entstehen.
Ein besonders großes Problem ist beim Lithium-Abbau in Lateinamerika die Verschmutzung der Gewässer. Da das Flusswasser als Trinkwasser und zur Bewässerung der Felder verwendet wird, gefährdet eine Kontaminierung durch Lithium-Abbau die Gesundheit der Menschen in der Region. Hintergrund ist, dass beim Lithium-Abbau viele Chemikalien zum Lösen des Lithiums eingesetzt werden und nicht brauchbare Schwermetalle in die Umwelt gelangen. Beides kontaminiert das Grundwasser und gefährdet die Trinkwassersicherheit der Menschen vor Ort.
Lithium-Abbau als Chance?
Der größte Lithium-Produzent der Welt ist gegenwärtig Australien, gefolgt von Chile und China US Geological Survey 2021, S. 99). Wenngleich diese Länder derzeit das meiste Lithium fördern, lagern die größten Lithiumressourcen noch unter der Erde Lateinamerikas. Rund 75 Prozent der bekannten Lithium-Ressourcen lagern in Salzseen in Bolivien, Chile und Argentinien. „Das weltweit größte Lithiumvorkommen entfällt mit geschätzten 9 Mio. t auf Bolivien“, heißt es in einem Artikel zu den Auswirkungen des Lithium-Booms.
Aufgrund staatlicher Regulierungen wird Lithium in Bolivien bisher nur in kleinen und meist illegalen Minen abgebaut. In den nächsten Jahren will Bolivien aber mit dem Lithium-Abbau offiziell beginnen, um von der weltweit wachsenden Nachfrage zu profitieren. Der Bergbau Boliviens steht jedoch wegen Kinderarbeit schon lange in der Kritik.
Bolivien ist eines der lateinamerikanischen Länder, das mit den Einnahmen der Rohstoffexporte eine Umverteilung anstrebt. Besonders hervorzuheben ist der von den Regierungen erklärte Zusammenhang zwischen den Exporten des Bergbausektors und ihrer angestrebten Sozialpolitik. Um mit dem Lithium dieses „gute Leben“ (Buen Vivir) zu verwirklichen und keinen neuen Rohstofffluch zu beginnen, setzt die bolivianische Regierung strenge Reglementierungen für die Zusammenarbeit mit privaten multinationalen Unternehmen. So sollen Gewinne aus dem Lithium-Abbau nicht an private Unternehmen im Ausland fließen, sondern dem Land einen Industrialisierungssprung ermöglichen. Dazu sind vor allem sozialpolitische Maßnahmen vorgesehen.
Gibt es „besseres“ Lithium?
Eine weitreichende Möglichkeit gegen Lithium aus menschenunwürdigen und umweltschädlichen Bedingungen ist die Zertifizierung – also ein „besseres Lithium„. Wie etwa bei Gold (mehr dazu im Artikel Fairtrade zertifiziert Gold) können auch für den Lithium-Abbau soziale und ökologische Mindeststandards eingeführt werden. Darunter fiele etwa ein Verbot von Kinderarbeit und die Pflicht, wassersparende Techniken einzusetzen. Zum Beispiel, damit das lithiumhaltige Wasser nicht verdunstet sondern weiterverwendet werden kann. Bisher gibt es aber weder ein Siegel noch andere Möglichkeiten, um „besseres“ Lithium zu erkennen. Das hängt auch damit zusammen, dass die meisten Rohstoffzertifizierungen auf dem System der physischen Rückverfolgbarkeit basieren. Das bedeutet, dass zertifizierte Rohstoffe von nichtzertifizierten Rohstoffen getrennt gelagert, eingekauft und verschickt werden müssen – und das alles überwacht.
Im Gold-Bergbausektor haben sich verschiedene Zertifizierungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten durchgesetzt. Sie legen den Fokus entweder auf soziale Standards, Nachhaltigkeitsstandards oder die Einhaltung der OECD-Leitsätze. Eine mögliche Zertifizierung des Lithiums hängt aber auch von der Nachfrage der Batterie-Produzenten nach zertifizierten Rohstoffen ab und damit letztlich auch vom Endkunden. Die Offenlegung der Lieferkette für Elektronikprodukte gibt es derzeit lediglich beim niederländischen Smartphone-Hersteller Fairphone (Lithium ist hier aber noch nicht „gut“ dabei). Die Nachfrage nach den Fairphone-Handys sei zwar da, doch mit vergleichsweise geringen Stückzahlen von 100.000 Exemplaren pro Jahr habe Fairphone zu wenig Einfluss bei Zulieferern, analysieren Branchendienste.
Doch inzwischen tut sich etwas: BMW hat angekündigt, ab 2021 den Lithium- und den Kobalt-Einkauf für seine Elektroauto-Akkus selbst zu übernehmen. Demnach soll nur noch Lithium aus australien Bergwerken für die Akkus genutzt werden: Ob andere Autobauer nachziehen, ist bisher unklar.
Mehr zu dem Thema bei Utopia:
- Nachhaltigkeitssiegel für Smartphones & Notebooks
- Seltene Erden: das Gold der Technologiekonzerne
- Kobalt: Das solltest du über den Abbau des Handy-Rohstoffs wissen
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