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Seltene Erden: das Gold der Technologiekonzerne

Kohle Mineralien Seltene Erden
Foto: CC0 Public Domain / Pixabay / Pavlofox

Seltene Erden sind unverzichtbar für die Energiewende. Wie selten sind sie wirklich? Und tut sich inzwischen etwas beim Umweltschutz entlang ihrer Prozesskette? Wir klären auf.

Seltenerdmetalle werden im Volksmund als „Seltene Erden“ bezeichnet. Sie werden unter anderem für die Herstellung von Elektromotoren verwendet, die in Windrädern und Elektroautos verbaut werden. Damit sind die Seltenen Erden ein zentraler Rohstoff, der über das Gelingen der Energiewende mitentscheidet.

Seltene Erden: Nicht so selten, wie ihr Name vermuten lässt

Seltene Erden sind relativ weiche, steinig-silbrige Metalle: Exakt 17 gibt es von ihnen. Anders als der Name vermuten lässt, sind Seltene Erden gar nicht so selten. Selbst das seltenste stabile Seltenerdmetall Thulium kommt häufiger vor als Gold.

Laut Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung werden mehr als die Hälfte (56 Prozent) der weltweiten Reserven und über drei Viertel (76 Prozent) der aktuellen Produktion von China, USA und Russland kontrolliert. Fast die Hälfte der Produktion stammt dabei aus dem nördlichen China. In China sind die Umweltauflagen noch am geringsten und der Abbau wirtschaftlich am günstigsten, deswegen ist China zur Zeit das Hauptförderland für Seltene Erden.

Windräder, Elektroautos, Smartphones: Ohne Seltene Erden undenkbar

Seltene Erden sind ein wichtiger Rohstoff für Windkraftanlagen und damit zentral für die Energiewende.
Seltene Erden sind ein wichtiger Rohstoff für Windkraftanlagen und damit zentral für die Energiewende.
(Foto: CC0 / Pixabay / Pexels)

Seltene Erden sind sehr gefragt: Aufgrund ihrer besonderen chemischen Eigenschaften werden sie vor allem in der Elektrotechnik verwendet:

  • In Elektromotoren kommen besonders starke Magneten, die aus einem Neodym-Eisen-Bor-Gemisch bestehen, zum Einsatz. Solche Elektromagneten werden nicht nur in Autos verbaut, sondern beispielsweise auch in Windrädern.
  • Wesentlich kleinere solcher Magneten stecken beispielsweise in Festplattenlaufwerken von Smartphones und Tablets.
  • Bei der Herstellung von Touchscreens wird Indium benötigt.
  • Eine Yttrium-Legierung verlängert die Lebensdauer von Zündkerzen in Autos.
  • Autolacke und Scheiben werden dank Cer widerstandsfähiger.
  • Leuchtmittel wie Glühbirnen, Neonröhren und LEDs enthalten Seltenerdmetalle, die sie zum Leuchten bringen.
  • In Katalysatoren werden Stickoxidwerte durch den Einsatz von Cer-Oxid gesenkt.

Laut Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe betrug der Gesamtbedarf an seltenen Erden im Jahr 2020 circa 130.000 Tonnen. Für 2030 wird ein Anstieg des Bedarfs um etwa 45 % auf ca. 188.000 Tonnen prognostiziert. Seltene Erden werden dabei insbesondere für die Energiewende benötigt: Circa 170 Kilogramm Seltene Erden werden für die Erzeugung eines Megawatts Windenergie benötigt.

Gesamtbedarf von Seltene Erden-Oxid in 2020 und prognostizierter Bedarf für 2030 für verschiedene Verwendungszwecke in Prozent.
Gesamtbedarf von Seltene Erden-Oxid in 2020 und prognostizierter Bedarf für 2030 für verschiedene Verwendungszwecke in Prozent.
(Foto: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (2021): Seltene Erden. Informationen zur Nachhaltigkeit. S.3.)

Der Abbau von Seltenen Erden ist oft problematisch für die Umwelt

Seltenerdmetalle kommen häufig nur in sehr geringen Konzentrationen vor. Das erschwert den Abbau dieser Seltenen Erden enorm und macht ihn in vielen Lagerstätten wirtschaftlich unrentabel. Sie müssen in aufwändigen Verfahren und vielen Arbeitsschritten aus anderen Rohstoffverbindungen herausgelöst werden. Dabei kommen in der Regel für die Umwelt giftige Chemikalien zum Einsatz. Der Abbau Seltener Erden ist für die Umwelt in mehreren Hinsichten problematisch:

  • Da die Seltenen Erden in geringen Konzentrationen vorliegen, fallen im Verhältnis zur Fördermenge große Flächen dem Bergbau zum Opfer, die insbesondere in illegalen Lagerstätten teilweise nicht renaturiert werden
  • Einige Lagerstätten werden illegal betrieben. Dort kommt es aufgrund von fehlenden Auflagen teilweise zu Unfällen durch beispielsweise Erdrutsche
  • In Bergbauen mit nicht geschlossenem Wasserkreislauf gelangen teilweise radioaktive Abwässer in Oberflächengewässer, den Boden und das Grundwasser
  • Bei dem Abbauprozess entstehen teilweise mit Quecksilber, Blei oder Uran belastete Stäube, die durch Wind über weite Strecken verweht werden können

Auch bei der Weiterverarbeitung können Folgen für die Umwelt entstehen:

  • Für die Herstellung von einem Kilogramm Seltener Erden werden je nach Element mehrere Hundert bis zu über tausend Liter Wasser verwendet. Die Abbaugebiete liegen teilweisen in ariden Gebieten, wo Wasser Mangelware ist.
  • Bei der Weiterverarbeitung von Seltene Erden können pro Tonne Seltene Erden-Oxid 200 Kubikmeter säurehaltige Abwässer, 2000 Tonnen Schlamm und 1,4 Tonnen feste radioaktive Abfälle entstehen.

Bei der Herstellung von Seltenen Erden wird zudem viel Energie verbraucht. Da sie jedoch zum Beispiel in Offshore-Windkraftanlagen und Elektromotoren zum Einsatz kommen, überwiegt auf den gesamten Lebenszyklus gesehen ihr positiver Beitrag zur Energiewende. Mit Blick auf den steigenden Bedarf sollte jedoch eine energieeffizientere und klimaschonendere Gewinnung angestrebt werden.

Was tut sich beim Umweltschutz in der Prozesskette der Seltenen Erden?

Der Abbau und die Verarbeitung Seltener Erden belastet die Umwelt teils massiv.
Der Abbau und die Verarbeitung Seltener Erden belastet die Umwelt teils massiv.
(Foto: CC0 / Pixabay / PellissierJP)

In der Seltene Erden-Industrie gibt es laut Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe inzwischen jedoch erste positive Entwicklungen:

  • Im Jahr 2019 wurde die „Rare Earth Industry Association“ (REIA) gegründet, welche zum Ziel hat, die globale Seltene Erden-Industrie zu repräsentieren und die Nachhaltigkeit der Produktion zu dokumentieren. So soll ein quantifizierbarer und einheitlicher Standard in der Seltene Erden-Industrie geschaffen werden.
  • Die Initiative „FairMagnet“ hat ein unabhängiges, nicht-kommerzielles Siegel für die Einhaltung ökologischer, ökonomischer und sozialer Standards entlang der gesamten Lieferkette von Rohmagneten eingeführt. Erste Betriebe, die Seltene Erden verarbeiten, wurden bereits zertifiziert.
  • Um die Wertschöpfungskette von Seltenen Erden zu diversifizieren, wurde die „European Raw Materials Alliance“ (ERMA) ins Leben gerufen.

Bisher haben globale Nachhaltigkeits-Initiativen mit freiwilligen oder verpflichtenden ökologischen und sozialen Standards in China jedoch kaum eine Verbreitung. Langsam ist jedoch auch in China ein Umdenken zu beobachten: Eines der sechs großen Staatsunternehmen zur Förderung von Seltenen Erden hat sich der internationalen „Responsible Minerals Initiative“ (SMI) angeschlossen – ein Schritt in die richtige Richtung.

Um die Abhängigkeit von China zu verringern, wird weltweit nach abbauwürdigen Reserven gesucht. Erst Anfang 2023 wurde im schwedischen Kiruna das bisher größte Vorkommen von Seltenerdmetallen in Europa gefunden. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass dieser Fund ausreicht, um Europa von Drittstaaten unabhängig zu machen und gleichzeitig die Energiewende voranzutreiben. Weitere Alternativen zu China sind in der Mongolei, Kasachstan, Kirgistan, Indien und Pakistan zu finden.

Recycling von Seltenen Erden spielt bisher noch keine Rolle

Laut Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung werden weltweit bisher nur etwa ein Prozent der Seltenen Erden recycelt, da es bisher keine massentauglichen Recycling-Strategien gibt. Viele Seltenen Erden sind zudem noch im Gebrauch, wie zum Beispiel in Batterien von Elektroautos oder Magnete von Windkraftanlagen, und werden erst in einigen Jahren ausgemustert und können einer Kreislaufwirtschaft zugeführt werden. Ein internationales Forscher:innenteam zeigt nun Möglichkeiten auf, das Recycling von Seltenen Erden anzukurbeln:

  • Investitionen in Forschung über geeignete Recycling-Verfahren und deren Anwendung
  • Stoppen des illegalen Abbaus und Handels
  • Einführung von verpflichtenden Rücknahmeregelungen für Produkte mit hohem Gehalt an Seltenen Erden
  • Grundsätzliche Überarbeitung von Lieferketten

Die beste Lösung: Konsum überdenken – Ressourcen sparen

Bis die Recycling-Technik von Seltenen Erden ausgereift ist, sollte der Verbrauch möglichst reduziert werden.
Bis die Recycling-Technik von Seltenen Erden ausgereift ist, sollte der Verbrauch möglichst reduziert werden.
(Foto: CC0 / Pixabay / andreahuyoff)

Wir sehen, es ist notwendig, eine Kreislaufwirtschaft für Seltene Erden auf den Weg zu bringen, um die bestehenden Probleme zu lösen. Bis die Recyclingtechnik so weit ist, kannst du aber bereits selbst etwas tun: Den Verbrauch dieser Rohstoffe weitestgehend zu reduzieren:

  • Kaufe Produkte (Handys, Smartphones, etc.), die möglichst langlebig sind und bei denen sich Ersatzteile tauschen lassen (wie beispielsweise beim Fairphone). Oder kaufe sie refurbished, also aus zweiter Hand.
  • Nutze die Geräte so lange wie möglich.
  • Laut Öko-Test liegen in Deutschland circa 210 Millionen alte Handys und Smartphones in den Schränken. Möchtest du ein altes Gerät nicht mehr nutzen, verschenke, verkaufe oder spende es.
  • Gibt ein Gerät irgendwann doch einmal den Geist auf, gehört es ins Recycling. Denn nicht nur Seltene Erden stecken in Elektrogeräten. Auch wertvolle Rohstoffe wie Kobalt, Gold, Silber oder Kupfer werden verbaut. Und die lassen sich bereits durch Recycling zurückgewinnen. 
  • Wenn du dir ein neues Gerät anschaffen möchtest, lohnt es sich immer, darauf zu achten, dass die Geräte möglichst ressourcenschonend hergestellt werden. Wirf einen Blick in unsere Bestenliste für faire Smartphones.

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Überarbeitet von Kilian Loesch

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