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Die 12 größten Milch-Mythen – und was wirklich dran ist

Milch Mythos
Foto: HappyAlex / stock.adobe.com

Milch: Kaum ein Lebensmittel ist in jüngster Vergangenheit so sehr ins Kreuzfeuer von Kritiker:innen und Befürworter:innen geraten wie das weiße Getränk. Macht Milch nun gesund oder krank?

Zum Thema Milch gibt es im Web viele Meinungen, Mythen und (Halb-)Wahrheiten. In diesem Fakten-Dschungel hat kaum noch jemand einen Überblick.

Wir haben uns einige dieser Mythen einmal genauer angeschaut. Gerne würden wir nun Entwarnung geben und sagen: Alles ist falsch, Milch ist gesund – oder im Gegenteil: pflanzlicher Milchersatz ist immer besser.

Aber ganz so einfach ist es eben nicht – manchmal liegen die Mythen richtig, manchmal nicht.

Mythos #1: Milch macht krank

Angefangen bei Diabetes bis hin zu Krebs soll Milch an fast jeder (Zivilisations-)Krankheit Schuld sein. Der Gedanke dahinter: Milch von der Kuh wurde von Mutter Natur grundsätzlich dafür gedacht, die Kälber groß und stark zu machen. Daher enthält sie Wachstumsfaktoren, die – so vermuten es Forscher:innen – auch bei Menschen wirksam sein könnten.

Diskutiert wird auch, ob dadurch im menschlichen Körper gesundheitliche Folgen wie Akne, Arterienverkalkung, Diabetes, Übergewicht und weitere Probleme entstehen. Die wichtigsten Themen der Milchdiskussion findest du im Beitrag 5 Argumente gegen Milch.

Die Menge macht's: ab und zu ein Milchkaffee schadet niemandem, drei davon vielleicht schon
Die Menge macht’s: ab und zu ein Milchkaffee schadet niemandem, drei davon vielleicht schon (Foto: © Taylor Franz / Unsplash)

Richtig ist: Diese Annahme wird zur Zeit in der Forschung untersucht. Noch aber liegen keine abschließenden Ergebnisse vor.

Bisher konnte nicht die Milch allein für Übergewicht und daraus resultierende Folgeerkrankungen (wie Diabetes Typ 2, Arteriosklerose etc.) als alleiniger Verursacher isoliert werden. Keine große Studie liefert bisher keine konkreten Hinweise auf ihre Schädlichkeit.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (eher konserativ in ihren Empfehlungen) geht derzeit davon aus, dass ein gemäßigter Konsum von Milchprodukten keine gesundheitlichen Nachteile mit sich bringt. Gemäßigt meint: Insgesamt ein Glas pro Tag.

Die US-Wissenschaftler Walter Willett und David Ludwig von der Harvard Medical School haben im Ferbuar 2020 eine Meta-Studie zu Milch durchgeführt und dafür 100 Untersuchungen ausgewertet. Ein Schwerpunkt waren dabei Studien, die eine krebsfördernde Wirkung von Milch behaupteten. So gibt es beispielsweise Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Milch und Brustkrebs oder Prostatakrebs. Das Fazit der beiden Harvard-Wissenschaftler: „Eine bedeutende Einschränkung bestehender Literatur ist, dass fast alle prospektiven Studien unter Personen in der Lebensmitte oder später durchgeführt wurden, viele Risikofaktoren für Krebs aber in der Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter wirken.“

Also: Es ist derzeit umstritten, inwieweit Kuhmilch dem Menschen schadet oder nicht bzw. inwieweit Kuhmilch gesund ist oder nicht.

Mythos #2: Milch macht Blähungen

Manche Menschen bekommen schwere Verdauungsbeschwerden, wenn sie Milch oder manche Milchprodukte verzehrt haben. Dann liegt meist eine Laktoseintoleranz vor.

Laktose ist ein sogenanntes Disaccharid und wird auch Milchzucker genannt. Sie kommt in der Milch und den daraus verarbeiteten Produkten in unterschiedlichen Konzentrationen vor. Frische Kuhmilch weist einen Laktosegehalt von ca. 5 g/100 ml auf. Bei der Verarbeitung von Kuhmilch gelangt die Laktose je nach Wassergehalt ganz oder teilweise in das erzeugte Produkt.

Bei Laktoseintoleranz liegt eine Störung der Laktoseverdauung vor, was zu mehr oder weniger stark ausgeprägten Beschwerden führen kann. Laktose selbst kann vom Körper im Darm nicht aufgenommen werden. Für die Aufnahme und Verwertung muss sie im Darm erst in ihre Einzelteile Glukose und Galaktose gespalten werden. Diese Spaltung wird durch ein Enzym erledigt, das von Zellen in der Schleimhaut des Dünndarms gebildet wird und Lactase heißt. Dieses Enzym fehlt bei Menschen, die an Laktoseunverträglichkeit leiden. Der Milchzucker kann dann nicht verdaut werden und es kommt unter anderem zu Blähungen.

Laktoseintolerenz: nicht jeder verträgt den Milchzucker
Laktoseintolerenz: nicht jeder verträgt den Milchzucker (Foto: © Laurent Hamels - Fotolia.com)

Insbesondere Asiat:innen und Afrikaner:innen, deren Vorfahren keine Milchwirtschaft betrieben, vertragen keine Milch. In Europa hat die Milchviehhaltung lange Tradition, im Laufe der Generationen hat sich der Körper an den lebenslangen Milchkonsum angepasst. In Deutschland leiden circa 20 Prozent der Bevölkerung unter Laktoseunverträglichkeit. In nordischen Ländern weniger, in südlichen Ländern mehr.

Es liegt also nicht an der Milch als Ganzem, wenn es zum Blähbauch kommt, sondern am Milchzucker. Betroffene (und nur diese) können auf laktosefreie Produkte ausweichen oder solche Milchprodukte verwenden, bei denen der Milchzucker während des Reifeprozesses schon abgebaut wurde. Das ist zum Beispiel bei Käse der Fall.

Mythos #3: Milch macht schlank

Jedes Jahr liest man in einschlägigen Magazinen, dass Milchprodukte ideal seien, um eine Diät zur Reduktion von Körperfett zu begleiten. Milch und Milchprodukte, so heißt es regelmäßig in Illustrierten, die eine „Bikinifigur in zwei Wochen“ versprechen, seien ideale Lebensmittel für einen schlanken Körper.

Leider ist diese Aussage sehr vereinfacht – wie übrigens meist auch der Rest solcher Diätratgeber. Je nach Sorte oder Art des Milchproduktes handelt es sich nämlich um wahre Fettbomben, die bei einer Gewichtsreduktion eher kontraproduktiv statt unterstützend wirken.

Walter Willett und David Ludwig von der Harvard Medical School haben für ihre Meta-Studie auch Untersuchungsergebnisse zum Zusammenhang von Milch und Gewichtsverlust analysiert: „Alles in allem zeigen die Ergebnisse […] keine klaren Effekte von Milchkonsum auf das Körpergewicht von Kindern oder Erwachsenen.“

Ein Glas Vollmilch (250ml) enthält mit knapp 10 Gramm Fett schon die Hälfte dessen, was eine komplette ausgewogene Mahlzeit an Gesamtfettgehalt enthalten sollte! Milch ist daher auch kein Getränk, sondern ein Nahrungsmittel und sollte grundsätzlich auch so konsumiert werden.

Also: Milch macht nicht schlank. Wer mit Milch nicht zu viel Fett zu sich nehmen will, sollte besonders auf den Fettgehalt achten. Ein Glas Magermilch hat beispielsweise deutlich weniger Kalorien weniger als ein Glas Vollmilch (letzteres kann aber gesünder sein, siehe Milch-Ratgeber).

Fettere Milch ist gesünder, schlank macht auch die magere nicht
Fettere Milch ist gesünder, schlank macht auch die magere nicht. (Foto: © Markus Mainka - Fotolia.com)

Mythos #4: Milch macht starke Knochen

Milch, so weiß mittlerweile fast jedes Kind, enthält Kalzium. Und Kalzium ist der Hauptbestandteil unserer Knochen. Also, so die weit verbreitete Schlussfolgerung, muss Milch auch gut sein für die Knochen und einen starken Knochenaufbau fördern.

Doch eine aktuelle Studie aus Schweden legt den Verdacht nahe, dass ein erhöhter Konsum sogar das Risiko von Osteoporose und Knochenbrüche steigert. Die Ergebnisse sind bis heute allerdings umstritten, da noch nicht ganz geklärt ist, warum der Konsum von Milch als Getränk das Knochenbruchrisiko erhöhte, der von fermentierten Milchprodukten (Joghurt, Quark, Käse etc.) jedoch nicht.

Auch Walter Willett und David Ludwig von der Harvard Medical School kommen zu dem Ergebnis, dass Milchkonsum nicht zwingend die Knochen stärke. Untersuchungen, die dies behaupten, würden methodische Mängel aufweisen, schreiben die beiden Autoren. Beispielsweise seien Untersuchungszeiträume zu kurz gewesen.

Sicher ist nur: Das Kalzium aus der Milch (und anderen Kalziumquellen) allein bringt dem Knochen gar nichts, denn es benötigt immer den „Einbauhelfer“ Vitamin D, ohne den Kalzium nicht in die Knochensubstanz eingelagert werden kann.

Vitamin D ist lebensnotwendig, kann aber vom Körper grundsätzlich selbst hergestellt werden. Dazu muss nur genug Sonnenlicht über die Haut auf den Körper wirken. Der heutige Lebensstil verhindert jedoch, dass wir täglich genug Sonnenlicht aufnehmen, zusätzlich verringert sich die Fähigkeit, Vitamin D3 aus Sonnenlicht zu synthetisieren, mit steigendem Lebensalter. Daher haben viele Erwachsene einen Vitamin D-Mangel – und ältere Menschen oft Osteoporose.

Milchkonsum hin oder her – ohne Sonnenlicht erhöht sich so oder so das Risiko für Knochenbrüche. Die Milch allein macht’s hier nicht!

Mythos #5: Von Milch kriegt man Pickel

Milch soll auch für Akne verantwortlich sein. Rein medizinisch gesehen entsteht Akne jedoch aus einem Zusammenspiel von einer übermäßigen Produktion von Hornzellen in den Talgdrüsen und dem Bakterium Propionibacterium acnes.

Weder die Hornzellen noch die Bakterien kommen aus der Kuhmilch. Es existiert jedoch eine Studie, bei der festgestellt wurde, dass Jugendliche mit hohem Milchkonsum an einer stärker ausgeprägten Akne litten als Jugendliche, die nur wenig Milch konsumierten. Daher nimmt man an, dass der Verzicht auf Milchprodukte den Verlauf einer Akneerkrankung mildern kann. Die Entstehung von Akne kann aber auch ein gänzlicher Verzicht auf Milchprodukte nicht verhindern. Die Formel Milch = Pickel geht also nicht auf.

Aber: Alle tierischen Fette enthalten Arachidonsäure, einen Botenstoff, der im menschlichen Körper Entzündungen fördert. Es ergibt daher bei jeglichen Entzündungsreaktionen (nicht nur bei Akne) Sinn, auf tierische Fette zu verzichten. Dazu gehören auch fetthaltige Milchprodukte, Eier und Fleischwaren.

Mythos #6: Milch verschleimt uns

Glaubt man manchen Müttern und Omas, so soll der Genuss von Milch dafür sorgen, dass „der Organismus verschleimt“. Insbesondere bei Husten und anderen Erkältungskrankheiten sowie Asthma sollen Betroffene auf Milch verzichten, da sie die Atemwege verschleime und zur Verschlimmerung der Symptome beitrage. Außerdem, so manch gut gemeinter Ratschlag, solle man keine Milch zu schwer verdaulichen Lebensmitteln trinken, da dadurch Schleim im Verdauungstrakt die Verdauung selbst beeinträchtigen würde.

Hier gilt jedoch komplette Entwarnung: In keiner einzigen Studie konnte festgestellt werden, dass der Konsum von Milchprodukten zu Schleimbildung führt. Weder im Bereich der Atemwege noch im Verdauungstrakt. Milch verschleimt uns nicht.

Übrigens: Heiße Milch (gerne auch pflanzlich) mit Honig lindert Halsschmerzen, da der Honig leicht antibakteriell und entzündungshemmend wirkt und die Heilung fördert.

Mythos #7: Milch macht groß und stark

„Trink deine Milch, damit du groß und stark wirst!“ – wer von uns hat das als Kind nicht zu hören bekommen? Aber hatten unsere Mütter Recht, wenn sie uns Milch gaben und dabei auf ein gutes Längenwachstum hofften?

Ausnahmsweise ist sich die Wissenschaft in diesem Punkt einig: Kinder, die während des Wachstums Milch konsumieren, haben ein höheres Längenwachstum als Kinder, die keine Milch bekommen. Besonders gut konnte dieser Effekt in Ländern festgestellt werden, in denen traditionell keine Milch verzehrt wird, beispielsweise in Asien. Seit dort der westliche Lebensstil und dessen Ernährung mit Käse und anderen Milchprodukten Einzug gehalten hat und man die Babys mit europäischem Milchpulver füttert, steigt das Längenwachstum an.

Milch Mädchen wachsen
Milch macht tatsächlich größer. (Fotos: Andrey Kuzmin, Ilshat / stock.adobe.com)

Warum das so ist, das haben die Forscher:innen allerdings nicht herausgefunden. Es könnte an den Wachstumsfaktoren der Milch liegen, die auch Kälber wachsen lassen. Sicher ist das aber nicht. Auch ein bestimmter Eiweißkomplex, der das Zellwachstum anregt, könnte dafür verantwortlich sein. Vielleicht sind es aber auch bestimmte Mineralstoffe, Peptide oder Aminosäuren der Milch? Das Milcheiweiß Kasein wird beispielsweise beim Bodybuilding gerne als Dopingmittel eingesetzt, weil es Muskeln schneller wachsen lässt. Ist es das? Oder die Kombination aus allen Milchbestandteilen? Das gilt es noch durch Forschung herauszufinden. Zu Hinterfragen wäre natürlich auch, ob solches Längenwachstum überhaupt anzustreben ist.

In diesem Punkt ist aber eins klar: die Milch macht’s!

Mythos #8: Milch macht Tabletten unwirksam

Wer sich die Mühe macht und den Beipackzettel seiner Medikamente bis zum Schluss liest, der wird sicherlich immer wieder auf folgenden Satz stoßen: „Nicht mit Milch einnehmen!“. Macht sie also Tabletten unwirksam? Oder handelt es sich bei diesen Warnhinweisen nur um „Panikmache“ mit statistisch höchst unwahrscheinlichen Nebenwirkungen eines Medikaments?

Eine einfache Antwort gibt es dazu nicht, denn es ist kompliziert. Grundsätzlich nämlich ist gar nicht die Milch selbst das Problem, sondern das darin enthaltene Kalzium. Verbinden sich Wirkstoffe des Arzneimittels mit dem Kalzium der Milch, kann der Wirkstoff vom Körper nicht mehr richtig aufgenommen werden.

Bildlich vorstellen kann man sich das mit einer Bildung von kleinen Kalzium-Arzneimittel-Klumpen, die zwar winzig klein sind, jedoch zu groß, um durch die Darmwand zu schlüpfen und somit den Wirkstoff für den Körper zur Verfügung zu stellen. Diese kleinen Klümpchen sind nicht löslich, weswegen dann Kalzium und Wirkstoff wieder zusammen ausgeschieden werden.

Die Arznei bekommt also gar keine Chance, zu wirken. Dieser Vorgang passiert bei vielen verschiedenen Wirkstoffen und Medikamenten. Relativ harmlos ist er beispielsweise bei Fluortabletten, die besonders Kinder zum besseren Wachstum ihrer Zähne verabreicht bekommen. Dasselbe gilt übrigens auch für fluoridhaltige Zahnpasta, die nicht mehr wirklich vor Karies schützen kann, wenn man danach ein Glas Milch trinkt.

Besonders paradox ist dieser Vorgang auch bei Mitteln, die eigentlich bei Osteoporose helfen sollen. Und Milch, so denkt man gleich, kann ja durch das Kalzium nur gut bei Osteoporose sein. Leider ist genau diese Kombination von Milch und Osteoporose-Mittel das Problem: auch hier entstehen mit Milch Reaktionen, die die Wirkung solcher Medikamente deutlich abschwächen. Besonders gefährlich ist die Kombination von Milch und gewissen Antibiotika, denn wirkt ein Antibiotikum nicht richtig oder gar nicht, können mitunter tödliche Komplikationen entstehen.

Ist Milch also Teufelszeug für Medikamente? Ja und nein, denn das Problem liegt nicht in der Milch allein, sondern nur im darin enthaltenen Kalzium. Diese Probleme gibt es auch mit allen anderen Lebensmitteln, die viel Kalzium enthalten, etwa mit kalziumreichem Mineralwasser.

Solche Medikamente sollten daher am besten mit Leitungswasser und mindestens zwei, besser drei Stunden nach der letzten Mahlzeit eingenommen werden. Die Milch macht’s sonst unwirksam!

Für viele gehört Milch zur gesunden Ernährung
Für viele gehört Milch zur gesunden Ernährung (Foto: Peggy Greb (PD))

Mythos #9: Milch senkt den Blutdruck

Milch enthält viel Kalium – daher ist die Annahme verbreitet, Milch könne den Blutdruck senken. Walter Willett und David Ludwig von der Harvard Medical School haben auch diese These in ihrer Meta-Studie untersucht.

Sie kritisieren das methodische Vorgehen bestehender Studien zum Thema: Wissenschaftler:innen würden in ihren Analysen häufig den Effekt verschiedener Lebensmittel mit Milch vergleichen – das verzerre Ergebnisse. Im Vergleich zu gesüßten Getränken oder raffinierten Kohlenhydraten schneide Milch natürlich besser ab. Das bedeute aber nicht, dass Milch per se den Blutdruck positiv beeinflusse.

Mythos #10: Milch macht müde Männer munter

Woher kommt eigentlich diese Redewendung, die jeder kennt, aber keiner weiß, ob sie wahr ist? In den 1950er Jahren wurde Milch intensiv von der Milchwirtschaft gefördert. Überall eröffneten Milchbars und das weiße Gold wurde zum Inbegriff des Wirtschaftswunders.

Der Werbeslogan „Milch macht müde Männer munter“ sollte den Konsum fördern und das Image dieses landwirtschaftlichen Produktes steigern. Der sehr einprägsame Werbeslogan wurde von der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) und später auch der EU in den folgenden Jahrzehnten immer wieder abgewandelt und verändert, jedoch immer mit dem Ziel, den Absatz damit zu fördern.

Ebenso einprägsam ist der Nachfolger des „müde Männer“ Slogans aus den 80ern: „Die Milch macht’s!“, wobei die Frage offen blieb, was die Milch eigentlich so macht. Heute heißt der aktuelle Slogan übrigens „Milch ist meine Stärke“. Es wird wohl noch einige Jahrzehnte dauern, bis dieser Slogan genauso in den Köpfen der Deutschen verwurzelt ist, wie seine Vorgänger.

Aber macht nun Milch wirklich müde Männer munter?

Wie so oft in der Werbung ist nicht alles so, wie die Reklame es verspricht. Milch enthält unter anderem den Wirkstoff Tryptophan, der auf den Körper eine schlaffördernde Wirkung hat. Übrigens hat Kakaopulver ebenfalls einen recht hohen Gehalt an Tryptophan, weswegen ein heißer Kakao am Abend tatsächlich das Einschlafen fördern kann. Milch macht müde Männer demnach also alles andere als munter!

Mythos #11: Milch ohne Tierquälerei

Auf der Milchtüte ist meist eine glückliche Kuh auf einer saftig grünen Weide abgebildet. Es sollte uns allen klar sein, dass eine solche Tierhaltung natürlich nicht zu den Mengen Milch und Milchprodukte führen kann, wie wir das tagtäglich im Kühlregal sehen.

Deutschland liegt auf Platz 5 der Milchherstellung weltweit – mit traditioneller Haltung kann eine solche Platzierung auf dem Weltmarkt nichts mehr zu tun haben. Unsere konventionelle Milch kommt von Hochleistungskühen, die statt dem üblichen Grünfutter noch Zusatzfutter mit (Soja-) Eiweißen und Fetten gefüttert bekommen müssen, um genug Milch produzieren zu können. Das ist unnatürlich für die Kuh und kann bei ihr unter anderem zu Stoffwechselstörungen führen.

Milch aus Massentierhaltung
Milch aus Massentierhaltung (Foto: Colourbox.de)

Eine Kuh gibt auch nur dann Milch, wenn sie gekalbt hat. Deswegen werden Milchkühe regelmäßig besamt, um immer wieder neu zu kalben und immer weiter Milch geben zu können – sie ist also quasi „dauerschwanger“. Eine Hochleistungskuh kann so bis zu 10.000 Liter im Jahr produzieren. Entzündungen der Euter sind leider häufig. Damit sich die Kühe in der Massentierhaltung nicht gegenseitig verletzen, werden sie außerdem schmerzhaft enthornt.

Milchprodukte aus konventioneller Tierhaltung sind, wie viele andere Nahrungsmittel auch, mit Hormon- und Pestizidrückständen belastet. Das Ganze kann man mit Biomilch umgehen, denn zur Produktion von Biomilch wird kein unnatürliches Zusatzfutter verwendet, auch die Tierhaltung ist besser. Das natürlichere Futter schlägt sich in der Qualität nieder: In Biomilch sind wesentlich mehr der herzgesunden Omega3 Fettsäuren enthalten als in konventioneller. In Biomilch sind keine künstlichen Hormonrückstände und auch keine Pestizide enthalten, was auf die bessere Futterqualität zurückzuführen ist.

Aber auch „Bio-Kühe“ sind dauerschwanger und werden meist enthornt – eine Garantie für artgerechte Haltung gibt es also mit Biomilch nicht. Biomilch ist definitiv nachhaltiger, aber keineswegs perfekt.

Mythos #12: Pflanzlicher Ersatz ist besser als Milch

In letzter Zeit kommen immer mehr Alternativen zu tierischer Milch auf den Markt, denn immer mehr Verbraucher:innen ernähren sich vegan oder suchen wegen Unverträglichkeiten nach Alternativen zur Kuhmilch.

Doch die Gerüchteküche kocht auch mit pflanzlicher Milch: Nicht immer ist klar, ob und wann pflanzliche Milchalternativen wirklich die bessere und gesündere Wahl sind.

Die Frage kann man so pauschal auch nicht beantworten. Es kommt eben immer darauf an, was man damit erreichen möchte. Pflanzliche Milch ist nicht automatisch besser, manchmal ist sie sogar schlechter.

Mythos: Sojamilch macht impotent

Der Klassiker der Milch-Alternativen ist die Sojamilch, doch wie viel besser ist sie? Besonders Männer treibt die Sorge um, dass der Konsum von Sojamilch und anderen Sojaprodukten impotent machen könnte.

Hintergrund ist eine neue Studie aus Großbritannien, bei der eine Forscherin nachweisen konnte, dass die Zahl der Spermien bei Sojakonsum abnimmt. Richtig ist auch, dass Soja sogenannte Phytoöstrogene enthält, also eine Art pflanzliches weibliches Geschlechtshormon. Die Sorge der Männer: die Aufnahme solcher weiblichen Hormone durch den Verzehr von Sojaprodukten könne die Spermienproduktion so beeinflussen, dass Männer unfruchtbar werden.

Kuhmilch oder Sojamilch
Kuhmilch oder Sojamilch (Illustration: MIro Poferl)

Fakt ist nämlich: In asiatischen Ländern, wo traditionell viel Sojaprodukte konsumiert werden, leiden die Frauen signifikant weniger unter Wechseljahrsbeschwerden als in Ländern, in denen kein oder wenig Soja auf den Tisch kommt. Fakt ist aber auch: Obwohl asiatische Männer regelmäßig große Mengen Sojaprodukte verzehren, haben sie keine Probleme mit Unfruchtbarkeit.

Warum es bei der britischen Studie zu einem so gegensätzlichen Ergebnis kam ist bis jetzt nicht geklärt und wird Gegenstand weiterer Forschungen sein müssen. Bisher konnten weltweite Studien nämlich vorwiegend positive Auswirkungen von Sojaprodukten auf die Gesundheit feststellen.

Mythos: Sojamilch fördert Gentechnik

Die Sojabohne ist für viele zum Inbegriff gentechnisch veränderter Lebensmittel geworden. Und ja: Der größte Teil der weltweit angebauten Sojabohnen ist tatsächlich gentechnisch verändert. Wer Sojamilch und Sojaprodukte konsumiert, wird daher immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, damit den Anbau von genmanipulierten Pflanzen zu unterstützen.

In der EU ist der Anbau von GMO-Sojabohnen verboten, was jedoch nicht heißt, dass bei uns Endprodukte, in denen gentechnisch verändertes Soja enthalten ist, nicht auf den Tisch kommen. Solche Lebensmittel sind in der EU seit 2004 schon dann kennzeichnungspflichtig, wenn sie ab 0,9 Prozent gentechnisch veränderte Organismen pro Inhaltsstoff enthalten. Weil europäische Konsument:innen solchen Lebensmitteln jedoch kritisch gegenüber stehen, findet man im Handel nur wenige Lebensmittel, die so gekennzeichnet sind.

Sojamilch hat daran generell einen verschwindend kleinen Anteil, denn ungefähr 80 Prozent der weltweiten Sojaproduktion landet im Tierfutter – und somit als Stück Fleisch, als Ei, Käse oder auch Milch dann doch bei uns auf dem Tisch. Tierische Lebensmittel, bei denen die Tiere zuvor mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, sind nämlich nicht kennzeichnungspflichtig!

Braten wir das Stück Fleisch in Sojaöl oder servieren es mit Mayonnaise, steigt der Anteil an Soja bei einer Fleischmahlzeit auf ein Vielfaches dessen an, was in einem Glas Sojamilch steckt. Wer Fleisch, Eier und Milchprodukte aus konventioneller Landwirtschaft verzehrt, unterstützt damit die Gentechnik wesentlich mehr, als Menschen, die Kuhmilch mit Sojamilch ersetzen.

Übrigens: Wer Sojamilch, Fleisch, Eier und Milchprodukte mit EU-Bio-Siegel oder Label Ohne Gentechnik kauft, kann sich sicher sein, dass dabei keine Gentechnik zum Einsatz kommt!

Mythos: Sojamilch ist umweltschädlich

Soja wird größtenteils in Monokulturen angebaut, für die besonders in Südamerika Waldflächen abgeholzt und Savannen zerstört werden, um der weltweit gestiegenen Nachfrage von Soja nachzukommen. Zudem belastet der massive Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln die Gewässer.

Allerdings werden gute 80 Prozent des unter solchen Bedingungen angebauten Sojas als Viehfutter für unseren immer größeren Fleischhunger genutzt und nicht zur Herstellung von Sojamilch verwendet. Bis dieses Soja-Viehfutter dann aus den Anbaugebieten in den USA und Südamerika bei den europäischen Landwirten und seinen Tieren im Futtertrog landet, ist der CO2-Fußabdruck schon so groß, dass man alleine aus diesem Grund schon auf Fleisch verzichten sollte.

Es geht aber auch ganz anders: Auch in Deutschland ist es möglich, Soja anzubauen – und das wird auch getan! Einige Hersteller bieten konsequent Sojaprodukte wie Sojamilch und Tofu aus deutschem oder europäischem Anbau an. Zurzeit läuft ein groß angelegtes Projekt, um mit 1000 Hobbygärtnern zusammen die Anbaubedingungen für Soja in Deutschland zu erforschen und dadurch zu optimieren. Dabei wurden im Sommer erstmalig 2016 über 20 Sorten Soja in 1000 Gärten an unterschiedlichen klimatischen Standorten ausgesät. Sojamilch aus heimischen Sojabohnen ist also alles andere als umweltschädlich!

Pflanzliche Milch wird zum Beispiel aus Soja, Hanf, Hafer oder Reis gemacht
Pflanzliche Milch wird zum Beispiel aus Soja, Hanf, Hafer oder Reis gemacht (Fotos: © baibaz - Fotolia.com, Hans - pixabay)

Mythos: Pflanzlicher Milchersatz ist Zuckerwasser

Wer zum ersten Mal pflanzliche Alternativen probiert, greift meist zu Produkten, die zusätzlich gesüßt wurden oder mit Aromen wie zum Beispiel Vanille geschmacklich „aufgehübscht“ wurden.

Natürlich sind solche Getränke lecker. Aber als vollwertiger Ersatz für Kuhmilch sollten sie aufgrund ihres hohen Zuckergehaltes nicht dienen. Denn auch alternative Süßungsmittel wie Agavendicksaft oder Honig sind chemisch gesehen für unseren Stoffwechsel auch nichts anderes als Zucker.

Sojamilch und diverse Sorten Getreidemilch sind aber nicht grundsätzlich „Zuckerwasser“. Zahlreiche Sorten kommen ungesüßt, und auf den Nährwertangaben kann jeder sehen, wie viel Zucker im Lebensmittel steckt. Es kommt auf uns Konsument:innen an, welche Sorte wir uns in den Kühlschrank stellen!

Mythos: Milchersatzprodukte sind weniger ausgewogen

Wer auf tierische Milchprodukte verzichtet, ist schnell dem Vorurteil ausgesetzt, damit auch auf wichtige Nährstoffe zu verzichten. Zu Recht?

Grundsätzlich gilt auch hier: es liegt an uns Konsument:innen selbst, welche Sorte pflanzliche Milch wir uns in den Kühlschrank stellen! Kuhmilch ist in der EU ein genormtes Produkt, für das der jeweilige Fettgehalt definiert ist. Wer im Urlaub schon mal eingekauft hat, weiß: Auf der anderen Seite der Grenze kann eine fettarme Marke auch schon mal 1,8 Prozent Fett statt wie bei uns nur 1,5 Prozent enthalten, bei Rohmilch liegt die Bandbreite zwischen 3,5 Prozent und ganzen 5 Prozent Fett.

Schon bei Kuhmilch fällt ein Vergleich der Nährwerte daher recht schwer, weil allein dieser eine Inhaltstoff schon erheblich schwanken kann. Genauso sieht es bei pflanzlichen Alternativen aus. Jeder Hersteller hat sein eigenes Rezept, gibt mal mehr, mal weniger Wasser hinzu, lässt das Gemisch kürzer oder länger fermentieren, fügt diese oder jene Zusatzstoffe hinzu. Was den Konsument:innen bleibt, ist nur ein direkter Vergleich unterschiedlicher Marken vor Ort im Laden.

Sojamilch und Kuhmilch haben einen etwa gleichen Eiweißgehalt (ca. 3,3g/100g), jedoch ist schon der Gehalt für Kalzium sehr unterschiedlich (Sojamilch: 25mg/100g; Kuhmilch: 125mg/100g).

Weil andere pflanzliche Alternativen oft gar kein oder nur sehr wenig Kalzium enthalten, wird dieses meist vom Hersteller in unterschiedlicher Menge hinzugefügt. Auch der Eiweißgehalt von Getreidemilch aus Hafer, Reis und auch Nüssen kann mit dem von Soja- und Kuhmilch nicht mithalten und schwankt von Sorte zu Sorte und Hersteller zu Hersteller teils überraschend. Eins ist aber sicher: wer auf tierische Milch verzichtet, leidet nicht zwangsläufig an Nährstoffmangel!

Übrigens: Sojamilch ist nicht die einzige Milch-Alternative, es gibt z.B. auch Mandelmilch, HafermilchReismilchHanfmilchLupinenmilchErbsenmilch mit verschiedenen Vorteilen und Nachteilen.

Fazit: die Milch macht’s – manchmal

Bei so viel Pro und Contra ist immer noch nicht klar, welche Milch nun wirklich die beste ist – sofern es ein Ideal überhaupt gibt. Welche solle man nun kaufen, welche im Regal stehen lassen?

  • Wer nachhaltig lebt, wem Klimaschutz, Tierwohl und Umweltschutz wichtig ist, entscheidet sich für pflanzliche Milch, denn sie ist grundsätzlich das ökologisch „rundere“ Produkt.
  • Entscheidest du dich für pflanzliche Milch, wähle grundsätzlich ungesüßte Varianten in Bioqualität. Achte darauf, dass das dafür verwendete Soja oder Getreide aus europäischem oder gar deutschem Anbau stammen. So stellst du sicher, weder Zuckerwasser noch genveränderte Produkte zu konsumieren und hältst auch den CO2-Fußabdruck relativ klein. Wer sich für pflanzliche Milch entscheidet, leistet somit auch einem Beitrag zum Klimaschutz.
  • Wenn du dich für tierische Milch entscheidest, dann kaufe Biomilch – möglichst von regionalen Anbietern. So stellst du sicher, mit dem Kauf deiner Milch keine Gentechnik zu unterstützen, hältst den CO2-Abdruck deiner Milch gering und weißt, dass die Milchkühe unter besseren Lebensbedingungen gehalten werden. Letztendlich behalte jedoch im Hinterkopf: je weniger Viehhaltung, auch für Milch, desto besser fürs Klima – und für die Tiere sowieso.

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