Nachhaltige Forstwirtschaft will den Wald schützen und achtet auf einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Rohstoff Holz. Warum das nicht ausreicht und was zu tun ist, liest du hier.
Nachhaltige Forstwirtschaft gilt als ursprünglichste Form des nachhaltigen Wirtschaftens. Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, verwenden zum Beispiel nur so viele Rohstoffe, wie sie tatsächlich benötigen. Dabei achten sie idealerweise auch auf den Umweltschutz und sorgen für faire Arbeitsbedingungen.
Die Forstwirtschaft erkannte schon vor rund 300 Jahren, dass beim Umgang mit Rohstoffen eine gute und vorausschauende Planung wichtig ist. Bäume brauchen Jahre oder Jahrzehnte, um zu wachsen. Das bedeutet, dass heute gepflanzte Bäume erst in mehreren Jahren einen Ertrag bringen. Diesen Zeitraum gilt es zu planen und zu überbrücken. Wird zu viel Holz auf einmal verbraucht, können junge Bäume nicht schnell genug nachwachsen, um die Lücke zu füllen. Die Folge: Der Rohstoff wird knapp.
Diese Zusammenhänge beobachtete im 18. Jahrhundert der sächsische Forstbeamte Hans Carl von Carlowitz. Er verfasste 1713 eine Anleitung zur nachhaltigen Waldpflege. Als Erster verwendete er darin den Ausdruck „nachhaltig“, um einen vorausschauend geplante Nutzung von Rohstoffen zu beschreiben.
Von Carlowitz war damals am kursächsischen Hof für die Bewirtschaftung der Wälder zuständig. Zu seinen Aufgaben gehörte es, den Holznachschub für den Bergbau sicherzustellen. Dort wurde es als Baumaterial und zum Einheizen der Hochöfen zur Eisengewinnung genutzt.
Nachhaltige Forstwirtschaft in der heutigen Bedeutung
Im 18. Jahrhundert stand bei von Carlowitz‘ Überlegungen der wirtschaftliche Nutzen des Waldes im Vordergrund. Im Lauf der Zeit hat sich die Bedeutung von Nachhaltigkeit aber erweitert: 1992 ruft die Rio-Erklärung der UN auch zum sozial- und umweltverträglichen Umgang mit den Ressourcen der Erde auf. Mit diesen drei Säulen der Nachhaltigkeit – Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft – will die UN die Rohstoffreserven der Erde für kommende Generationen erhalten.
Wie das Umweltbundesamt erläutert, geht auch nachhaltige Forstwirtschaft inzwischen über rein wirtschaftliche Interessen hinaus. Das größere Ziel ist es, den Waldbestand für die Zukunft zu sichern. Denn er erfüllt vielfältige Aufgaben:
- Wirtschaft – Als erneuerbare Energiequelle soll Holz helfen, die Energiewende zu ermöglichen: In Form von Brennholz oder Pellets liefert es Wärmeenergie. Damit stellt Holz eine Alternative zu fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Erdöl dar.
- Klimaschutz – Der Wald leistet einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Bäume nehmen das Treibhausgas CO2 aus der Luft auf und geben Sauerstoff ab.
- Biodiversität – Wälder sind Lebensräume für viele Pflanzen und Tiere. Nachhaltig bewirtschaftete Wälder tragen damit zur Erhaltung der Artenvielfalt bei.
- Filterfunktion – Die Wurzeln und Blätter der Bäume filtern Wasser und Luft. Sie sorgen für sauberes Grundwasser und reine Atemluft.
- Soziales – Wälder laden unter anderem zu ausgedehnten Spaziergängen ein, bei denen du dich entspannen kannst.
Nachhaltige Forstwirtschaft in Deutschland – ein Erfolg?
Knapp ein Drittel der Gesamtfläche Deutschlands ist von Wald bedeckt, das sind rund 11,4 Millionen Hektar. Das Bundesministerium für Umwelt erstellt in regelmäßigen Abständen eine Bundeswaldinventur. Diese erfasst unter anderem die Flächengröße deutscher Wälder, Nutzungsformen und Baumarten. Die Ergebnisse klingen durchaus positiv:
- Konstante Waldfläche: Laut der letzten Inventur von 2012 bleibt die Waldfläche relativ konstant. Nach dem Zweiten Weltkrieg führten groß angelegte Aufforstungen zu einem noch heute stabilen Waldbestand.
- Mehr Bäume gepflanzt als gefällt: Der Deutsche Forstwirtschaftsrat berichtet, dass die Holznutzung in Deutschland 87 Prozent des Holzzuwachses beträgt. Das bedeutet, dass insgesamt mehr neu gepflanzte Bäume dazukommen, als durch Fällarbeiten aus der Zählung fallen. Dabei sind auch Baumverluste durch Stürme oder Schädlinge berücksichtigt.
Mit einem konstanten oder wachsenden Waldbestand stehen europäische Länder wie Deutschland, Spanien und Frankreich im internationalen Vergleich ganz gut dar. Der Waldbericht der UN von 2015 zeigt allerdings, dass weltweit die bewaldete Fläche abnimmt. Seit 1990 hat sich der Verlust zwar verlangsamt. Aber selbst großflächige Aufforstungen in Asien – angeführt von China und Russland – können die Rodungen im Amazonas-Regenwald nicht auffangen. In welchen der erfassten Waldflächen nachhaltige Forstwirtschaft betrieben wird, darüber macht der Bericht keine Angaben.
Nachhaltige Forstwirtschaft hat ihre Ziele noch nicht erreicht
Aus Sicht von Greenpeace reicht es zum Ermitteln der Nachhaltigkeit nicht, nur die Zahl der gefällten Bäume den Neupflanzungen gegenüberzustellen. Dabei fehle ein wichtiger Aspekt: der Umweltschutz.
Aus Sicht der Umweltorganisation gehört zu nachhaltiger Forstwirtschaft unbedingt ein alter Baumbestand. In Deutschland machen alte Buchenwälder mit über 140 Jahre alten Bäumen nur noch etwa zwei bis drei Prozent der Waldfläche aus. Dieser alte Baumbestand leistet einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz, indem er CO2 über einen langen Zeitraum bindet. Ein naturbelassener Urwald bietet außerdem mehr Tier- und Pflanzenarten einen Rückzugsraum als ein wirtschaftlich genutzter Wald. Tatsächlich wird die Holzgewinnung in den deutschen Wäldern sehr intensiv betrieben:
- Holzexporte auf dem Spitzenplatz: Laut Greenpeace gehört Deutschland zu den größten Exporteuren von Holz. Vor allem Holzpellets aus deutscher Produktion betreiben auch Heizanlagen in den Nachbarländern.
- Holzvorrat auf Rekordniveau: Die Bundeswaldinventur berichtet, dass die gesamte Waldfläche Deutschlands einen Holzvorrat von 3,7 Milliarden Kubikmetern ergibt. Damit liegt der deutsche Wald in Europa an der Spitze.
Laut Bundesamt für Naturschutz machen Nadelwälder mehr als die Hälfte der deutschen Waldfläche aus. Nadelbäume wie Fichte oder Douglasie können schon nach kurzer Zeit Holz liefern und sind aus wirtschaftlicher Sicht deshalb besonders nutzbringend. Greenpeace befürchtet aber, dass bei einer so intensiven wirtschaftlichen Nutzung das Nachhaltigkeitsprinzip zu kurz kommt.
Die Nationale Biodiversitätsstrategie 2020 der Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, zehn Prozent der öffentlichen Wälder nicht mehr wirtschaftlich zu nutzen. Solche nicht genutzten Flächen dienen laut Greenpeace als Rückzugsgebiete für seltene Tier- und Pflanzenarten wie Luchse oder Schwarzstörche. Für die restlichen 90 Prozent sollen die Regeln der Nachhaltigkeit-Organisationen FSC (Forest Stewardship Council) und PEFC gelten. PEFC steht für „Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes“. Umgesetzt ist dieses Ziel bisher nicht: 2018 waren lediglich etwa 5,6 Prozent der Waldfläche ungenutzt.
Auch mit der Umsetzung anderer Ziele tat sich die Bundesregierung schwer: Schon in der Strategie 2010 war geplant, bis 2010 80 Prozent der Waldfläche zertifiziert nachhaltig zu bewirtschaften. Dieses Etappenziel hat das Umweltbundesamt nach eigenen Angaben verfehlt. Der Indikatorenbericht von 2019 spricht aber davon, dass Deutschland diesem Anteil mittlerweile nahe ist.
Wie du nachhaltige Forstwirtschaft unterstützen kannst
Auch du kannst im alltäglichen Leben zu einem nachhaltigen Umgang mit den Wäldern und ihren Rohstoffen umgehen. Vom Holzkauf bis zum Waldspaziergang – hier sind einige Tipps.
Zertifiziertes Holz: Holz ist der Rohstoff für Möbel, Bodenbeläge, Papier und andere Produkte. Wenn du Holzwaren kaufst, achte dabei in jedem Fall auf die Nachhaltigkeits-Siegel FSC oder PEFC. Auch beim Grillen solltest du genauer hinsehen und nachhaltige Grillkohle kaufen.
Heizung: Das Kaminholz oder die Pellets für deine Heizanlage besorgst du dir am besten aus deiner Umgebung. Auch hier sollte das Holz aus zertifiziert nachhaltigem Anbau stammen. Eine Pelletheizung mit dem Bio-Siegel Blauer Engel zeigt dir, dass die Anlage energieeffizient ist.
Freizeit im Wald: Mit deinem Verhalten im Wald kannst du eine nachhaltige Forstwirtschaft unterstützen. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald empfiehlt in ihrem „Waldknigge“ unter anderem:
- Bleibe auf den Wegen. Vor allem, wenn du mit dem Rad oder Mountainbike unterwegs bist, halte dich an die ausgeschilderten Strecken. Das gilt auch im Winter für Skilanglauf oder Skitouren.
- Bist du mit deinem Hund unterwegs, solltest du ihn vorsichtshalber anleinen. In einigen Bundesländern ist es sogar Pflicht.
- Beschädige keine Bäume und störe die Tiere im Wald nicht.
- Blumen pflücken ist erlaubt, aber Äste oder Holzstücke gehören dem Waldbesitzer.
- Nimm die Reste von Picknick oder Pausenbrot wieder mit.
- Offenes Feuer ist im Wald verboten.
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