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Ökologisches Gleichgewicht: Das steckt dahinter

ökologisches gleichgewicht
Foto: CC0 / Pixabay / Wild0ne

Der Begriff des ökologischen Gleichgewichts hilft dabei, Prozesse in der Natur besser zu verstehen. Was sich genau hinter dem Begriff verbirgt und warum er auch in der Kritik steht, erfährst du hier.

Ein ökologisches Gleichgewicht ist laut einiger Forscher:innen essentiell, um das Überleben eines Lebensraumes zu sichern. Äußere Störungen gilt es deshalb so gut wie möglich zu vermeiden. Schließlich ist nicht sicher, ob sich Ökosysteme wieder erholen können, wenn einmal ein bestimmter Kipppunkt erreicht ist.

Was ist ein ökologisches Gleichgewicht?

Ein Ökosystem besteht aus einer Vielzahl von Lebewesen und Pflanzen sowie unbelebten (abiotischen) Umweltfaktoren, die sich gegenseitig auf unterschiedliche Weise beeinflussen. So gibt es Lebewesen, die als Raub- oder Beutetiere auftreten. Zu unbelebten Umweltfaktoren gehören zum Beispiel Wasservorkommen, Temperatur, Wind oder die Bodenqualität. Diese wirken sich zum Beispiel darauf aus, wie gut bestimmte Pflanzenarten wachsen können.

Wenn all diese Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Komponenten ausgeglichen sind, spricht man vom ökologischen Gleichgewicht. Den Begriff kannst du entweder auf ein bestimmtes Ökosystem oder die Gesamtheit aller irdischen Ökosysteme anwenden. In einem ausgeglichenen Ökosystem regeln sich die Populationen von Tier- und Pflanzenarten von selbst.

Wenn es zum Beispiel gerade besonders viele Spechte gibt, die sich von Käfern ernähren, geht die Käferpopulation zurück. Da es nun weniger Käfer gibt, wird wiederum die Population der Spechte kleiner. Schließlich finden sie nun nicht mehr ausreichend Nahrung. Infolgedessen können sich die Käfer wieder vermehren, da ihre Fressfeinde in geringerer Zahl auftreten. Dann geht der Prozess eventuell wieder von vorn los.

Wenn Ökosysteme aus dem Gleichgewicht geraten

Wenn das ökologische Gleichgewicht gestört wird, können sich Ökosysteme fundamental verändern.
Wenn das ökologische Gleichgewicht gestört wird, können sich Ökosysteme fundamental verändern.
(Foto: CC0 / Pixabay / ELG21)

Wenn ein ökologisches Gleichgewicht vorliegt, schwanken die Populationen von Tier- und Pflanzenarten also relativ konstant um einen bestimmten Mittelwert. Äußere Störungen, wie Naturkatastrophen (zum Beispiel Stürme oder Überschwemmungen) sowie der Einsatz von Pestiziden oder die globale Erwärmung bringen das Ökosystem aus dem Gleichgewicht. Sie können dazu führen, dass Arten schneller aussterben oder sich vermehren, als es für ein Biotop gut ist.

So begünstigen zum Beispiel trockene Hitzeperioden, dass sich der Borkenkäfer vermehrt. Durch den konstanten Temperaturanstieg der letzten Jahre konnte sich der Schädling in deutschen Wäldern deshalb ungebremst vermehren. Wissenschaftler:innen sind sich einig, dass dies eine Folge des menschengemachten Klimawandels ist. Der Borkenkäfer führt aktuell dazu, dass zahlreiche Bäume absterben. Fehlen diese Bäume, gerät das Ökosystem aus dem Gleichgewicht.

Dies liegt unter anderem daran, dass mehr Licht auf den Waldboden gelangt. Dort ist es sonst durch das dichte Blätterdach eigentlich dunkel. Pflanzen, die an diese Lichtverhältnisse angepasst sind, können so nicht länger wachsen. Zudem verhindert das Wurzelwerk der Bäume Bodenerosion und schützt die Umgebung damit vor Staunässe und Überschwemmungen. Auch als Lebensraum für Tiere sind Bäume wichtig. Sterben sie, befördert dies auch das Artensterben.

Laut Deutschlandfunk Kultur ist Artenreichtum jedoch essentiell für das ökologische Gleichgewicht. Die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen, Tieren, Bakterien, Insekten, Pilzen und Algen stabilisieren das Ökosystem. Hat ein Ökosystem jedoch einmal einen bestimmten Kipppunkt erreicht, weil beispielsweise bereits zu viele Arten ausgestorben sind, beginnt ein Teufelskreis, von dem sich der Naturraum eventuell nie wieder erholen wird. Wann diese Kipppunkte erreicht sind, hängt von den individuellen Gegebenheiten des individuellen Ökosystems ab und ist in der Forschung noch nicht abschließend geklärt.

Ökologisches Gleichgewicht: Kritik am Begriff

Einige kritisieren den Begriff des ökologischen Gleichgewichts, da er komplexe Vorgänge in der Natur zu einfach darstellt.
Einige kritisieren den Begriff des ökologischen Gleichgewichts, da er komplexe Vorgänge in der Natur zu einfach darstellt.
(Foto: CC0 / Pixabay / silviarita)

Einige Forscher:innen kritisieren den Begriff des ökologischen Gleichgewichts als überholt. Er sei zu unklar und schaffe Zusammenhänge, wo eigentlich keine sind. Laut einem Artikel der taz ist bereits der Begriff „Ökosystem“ irreführend. Er vermittelt den Eindruck, es gebe in der Natur einzelne Systeme, die ein inneres Gleichgewicht aufweisen. Tatsächlich sind Ökosysteme vom Menschen etablierte Konstrukte, die wissenschaftliche Ableitungen vereinfachen sollen.

In der Natur sind alle Lebensräume jedoch prinzipiell offen und keine in sich geschlossenen Systeme. Zudem gibt es keine zentrale Instanz, die regelt, was in einem Biotop passieren soll. Das führt dazu, dass sich sogenannte Ökosystem ständig verändern. Anstatt aus dem Gleichgewicht zu geraten, gehen sie laut der Meinung einiger Forscher:innen einfach in einen anderen Zustand über. Zudem kann auch die Wissenschaft nicht immer sicher vorhersagen, ob sich ein Ökosystem tatsächlich nie mehr von bestimmten Störungen erholen wird.

Stattdessen können neue Gleichgewichte entstehen, die ebenfalls funktionieren können, auch wenn sie aus menschlicher Sicht nicht immer günstig sind. Die Vorstellung, es gebe nur ein ökologisches Gleichgewicht, das durch äußere Störungen jederzeit zerstört werden kann, greift demnach zu kurz.

Fazit: Klimakrise und ökologisches Gleichgewicht

Kritiker:innen der Theorie des ökologischen Gleichgewichts weisen daraufhin, dass Vorgänge in der Natur nicht immer sicher voraussagbar sind. Stattdessen kann uns die Umwelt immer wieder überraschen, indem sie sich zum Beispiel doch an extreme Wettersituationen anpasst oder von Naturkatastrophen erholen kann.

Trotzdem sind sich Forscher:innen einig, dass die Auswirkungen der Klimakrise schon jetzt dazu führen, dass zahlreiche Arten aussterben. Ob man nun an das Konzept „Ökosystem“ glaubt oder nicht: Wenn dadurch Wälder verschwinden oder Meere zu sauer werden und zahlreiche Tiere nicht mehr beherbergen können, hat dies auch Folgen für die Menschheit. Schließlich werden so auch extreme Wetterschwankungen wahrscheinlicher, die dazu führen können, dass große Flächen sowohl für Mensch als auch Tier unbewohnbar werden. Ob sich die Natur, wie wir sie jetzt kennen, davon jemals erholen kann, ist wenig wahrscheinlich.

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