Saccharin gibt es bereits seit dem 19. Jahrhundert. Der älteste Süßstoff wird auch heute noch in vielen Lebensmitteln eingesetzt. Über die gesundheitlichen Vorzüge und Risiken von Saccharin sind sich Wissenschaftler jedoch uneinig.
Saccharin ist sogar Stoff für Besteller-Literatur: In der düsteren Zukunftsversion des Romans „1984“ von George Orwell gibt es kaum noch Zucker – stattdessen süßen die Menschen mit Saccharin. Die Wirklichkeit sieht etwas anders aus: Wir können heute zwischen einer Vielzahl an zuckerhaltigen und zuckerfreien Süßungsmitteln auswählen. Zu den zuckerfreien Mitteln gehört der Süßstoff Saccharin.
Saccharin: Kalorienfrei und etwa 400-mal süßer als Zucker
Saccharin ist ein komplexer Stoff, der aus verschiedenen chemischen Reaktionen gewonnen werden kann. Das sind laut der Deutschen Apothekerzeitung seine wichtigsten Eigenschaften:
- Saccharin ist ungefähr 400- bis 500-mal so süß wie Haushaltszucker (Saccharose). Deshalb reichen schon einige Milligramm aus, um Lebensmittel zu süßen.
- Da der menschliche Körper Saccharin nicht verstoffwechseln kann, ist der Süßstoff kalorienfrei.
- Im Gegensatz zu Zucker verursacht Saccharin keinen Karies.
Da Saccharin Hitze, Kälte und Säure verträgt und seine Form über Jahre beibehält, eignet er sich gut als Süßstoff für viele Lebensmittel. Allerdings schmeckt Saccharin nicht nur süß, sondern auch leicht bitter und metallisch. Deshalb findest du ihn oft in Kombination mit anderen Süßungsmitteln wie zum Beispiel den Süßstoffen Cyclamat und Aspartam.
Saccharin in Lebensmitteln: Kennzeichnung und Zulassung
Laut EU-Recht muss entweder die E-Nummer (E 954) oder der Name (Saccharin) des Süßstoffs in Zutatenlisten vermerkt sein. Die Bandbreite der Lebensmittel, in denen Hersteller Saccharin verwenden dürfen, ist groß. Sie umfasst laut der Verbraucherschutz-Initiative „Zusatzstoffe-online“ unter anderem:
- zuckerreduzierte Süßigkeiten und andere Lebensmittel,
- Senf und Soßen,
- Konserven,
- Nahrungsergänzungsmittel,
- süße Getränke.
Auch Arzneimittel, Kosmetika und Tierfutter können Saccharin enthalten. Zudem bekommst du den Süßstoff in Form von Pulver oder Tabletten als „Tafelsüße“ im Handel.
Im Gegensatz zu Zuckeraustauschstoffen wie Birkenzucker (Xylit) oder Erythrit gibt es für Süßstoffe wie Saccharin Empfehlungen für eine tägliche Höchstdosis („acceptable daily intake“ beziehungsweise ADI). Im Fall von Saccharin liegt sie bei fünf Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht.
Wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) berichtet, hat das Scientific Committee on Food (SCF) der EU diesen Wert 1995 festgelegt. Solchen Höchstwerten liegen üblicherweise Tierversuche zugrunde. So ermitteln Wissenschaftler, welche Maximaldosis Tiere vertragen, ohne dass ihr Körper auf den Süßstoff reagiert. Der Wert wird anschließend durch einen Sicherheitsfaktor geteilt.
Da es einen ADI für Saccharin gibt, gibt es auch gesetzlich festgelegte Höchstmengen für Saccharin in Lebensmitteln. Die Werte liegen laut „Zusatzstoffe-online“ überwiegend bei einigen 100 Milligramm pro Kilogramm Lebensmittel. So soll verhindert werden, dass Menschen aus Versehen den ADI überschreiten.
Gesundheitliche Wirkung von Saccharin
Saccharin gilt laut BfR als unbedenklich, solange sich die eingenommene Menge im Rahmen des ADIs bewegt.
Das war allerdings nicht immer so: In den 70ern verursachten hohe Saccharin-Dosen Blasenkrebs in Tierversuchen. Daraufhin haben viele Staaten den Stoff verboten. In den Folgejahren konnte jedoch kein Hinweis darauf gefunden werden, dass Saccharin auch bei Menschen das Risiko für Blasenkrebs erhöht – jedenfalls nicht bei Einhaltung der erlaubten Dosis.
Da der menschliche Körper Saccharin nicht verstoffwechselt, ist der Süßstoff besonders in kalorienreduzierten Lebensmitteln und Lebensmitteln für Diabetiker beliebt. Wissenschaftler sind sich jedoch uneinig, wie Saccharin auf das Gewicht und den Blutzuckerspiegel wirkt:
- Ein Review von 2015 sieht auf Basis der gegenwärtigen Studienlage keinen Beleg dafür, dass zuckerfreie Süßungsmittel beim Abnehmen helfen oder den Blutzuckerspiegel positiv beeinflussen. Umgekehrt sei aber auch nicht nachzuweisen, dass es negative Auswirkungen auf Gewicht und Blutzuckerspiegel gibt.
- Ein Review von 2016 betrachtet verschiedene Tierversuche und klinische Studien. Er kommt zu dem Schluss, dass zuckerfreie Süßungsmittel beim Abnehmen helfen können.
Beide Reviews bewerten allerdings nicht speziell Saccharin.
Abnehmen mit Saccharin?
2014 erregte eine Studie Aufsehen, bei der Ratten hohe Saccharin-Dosen verabreicht bekamen: Ihre Darmflora veränderte sich und ließ als Folge den Blutzuckerspiegel ansteigen. Einen ähnlichen Effekt haben die Forscher bei ihrer Studie auch an Menschen festgestellt.
Bisher ist wenig bekannt darüber, wie bestimmte Stoffe die Darmflora beeinflussen und was das wiederum für Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Es gilt allerdings als sehr wahrscheinlich, dass eine gestörte Darmflora u.a. zu Übergewicht und Diabetes Typ 2 führen kann (Studie). In diesem Bereich muss jedoch noch viel geforscht werden.
Ebenso unklar ist die Frage, ob Süßstoffe wie Saccharin appetitanregend wirken und ihr kalorieneinsparender Effekt dadurch zunichte gemacht wird. Auch hier fehlen noch aussagekräftige Studien.
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