Die Theorie, dass Krankheiten durch eine Übersäuerung des Körpers ausgelöst werden, überzeugt viele Menschen, ihre Ernährung auf basische Kost umzustellen. Doch was ist dran an Basenfasten, Übersäuerung & Co?
Die Theorie der Übersäuerung des Körpers
Die Vorstellung einer „Übersäuerung“ des Körpers entstand wahrscheinlich bereits im 17. Jahrhundert, wurde aber erst im 20. Jahrhundert durch den Erfinder der „Mayr Kur“ Franz Xaver Mayr populär. Nach ihm verfolgten viele Naturheilpraktiker und sogar Physiker diese Thesen und stellten ihre eigenen Untersuchungen dazu an.
Verfechter der „Übersäuerungs-Theorie“ sind der Meinung, dass viele Zivilisationskrankheiten wie Gelenkerkrankungen beispielsweise Gicht, viele Allergien, Neurodermitis und auch Krebs durch eine Übersäuerung des Körpers verursacht würden. Sie begründen dies damit, dass unsere moderne Ernährung mit Fast Food, Weißmehl, Zucker, Alkohol und anderen allgemein als ungesund anerkannten Lebensmitteln dazu führe, dass im Körper zu viele Säuren gebildet würden.
Was ist Basische Ernährung?
Laut der Verfechter der „Übersäuerungs-Theorie“ soll die „basische Ernährung“ der Übersäuerung des Körpers entgegenwirken und Folgeschäden sowie Krankheiten vorbeugen. Sie besteht aus einer langen Liste basischer Lebensmittel. Darunter befinden sich zum Beispiel Kartoffeln, Gemüse, Obst, Trockenfrüchte und Rohmilch.
Obwohl Rohmilch als basisch gilt, werden Milchprodukte wie zum Beispiel Käse jedoch als säurebildend klassifiziert. Ist es mit der Ernährung nicht möglich, die angenommene Übersäuerung des Körpers auszugleichen, sollen auch Nahrungsergänzungsmittel wie „Basenpulver“ helfen, die in diesem Umfeld entsprechend verkauft werden.
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Kann der Körper überhaupt übersäuern?
Die Grundlage der basischen Ernährung ist die Annahme, der Körper sei bei vielen Menschen durch falsche Ernährung oder gar Stress übersäuert und man müsse dieses Missverhältnis durch die Ernährung regulieren. Diese Annahme ist wissenschaftlich nicht haltbar, denn ein gesunder Körper reguliert das Säure-Basen-Verhältnis selbstständig und braucht dazu weder spezielle Ernährung noch bestimmte Basenpulver oder andere basische oder basenbildende Nahrungsergänzungsmittel. Überschüssige Säuren scheidet der Körper jedoch automatisch wieder aus, sie müssen nicht durch spezielle Ernährung mit basenbildenden Lebensmitteln ausgeglichen werden.
Dieser Vorgang läuft im gesunden Körper ganz automatisch ab: ein Großteil der durch die Ernährung aufgenommenen überschüssigen Säuren wird über die Nieren ausgeschieden, aber auch Atem, Schweiß und Stuhlgang enthalten Säuren.
Nur bei wirklich kranken Menschen (zum Beispiel in Einzelfällen von Diabetes oder Nierenfunktionsstörungen) können wirklich zu viele Säuren ins Blut gelangen. Aber auch dann entsteht noch keine „Übersäuerung“, denn der Körper mobilisiert Calcium aus den Knochen, um damit den Säure-Basen-Haushalt wieder zu normalisieren.
Befürworter der basischen Ernährung messen zur „Beweisführung“ gerne den pH-Wert des Urins, um damit zu zeigen, dass der Körper übersäuert sei. Wird dazu mit einem pH-Teststreifen auf der Toilette daheim eine angebliche Übersäuerung bei einem Urintest diagnostiziert, bedeutet das jedoch lediglich, dass die natürlichen Regulationsmechanismen des Körpers funktionieren. Ist der Urin „zu sauer“, hat der Körper damit gerade überschüssige Säuren selbsttätig ausgeschieden. Der pH-Wert des Urins schwankt übrigens über den ganzen Tag ständig.
Die Meinung von Wissenschaft und Medizin ist zu diesem Thema ganz eindeutig: eine „Übersäuerung“ des Körpers ist nur bei wirklich schweren Stoffwechselentgleisungen – wie beispielsweise bei Diabetes – möglich, wird aber grundsätzlich nicht durch unsere moderne (und, ja: meist ungesunde) Ernährung verursacht. Es konnte bisher bei keiner wissenschaftlichen Studie ein Zusammenhang zwischen einer „Übersäuerung“ und Krankheiten festgestellt werden.
Wem hilft die basische Ernährung?
Sicherlich kennst du jemanden, der mit basischer Ernährung gute Erfahrungen gemacht hat, weil er dadurch Gewicht verloren hat, die Verdauung regulieren konnte oder sich damit fitter fühlt. Dieser Effekt kann auf eine ganz einfache Tatsache zurück geführt werden: Ein Nebeneffekt der basischen Ernährung ist der, dass sich Menschen intensiver mit dem, was sie essen auseinander setzen und sich daher meist gesünder ernähren.
Wer Weißmehlprodukte, Zucker, Alkohol, Fast Food, fetten Käse und andere, angeblich säurebildenden Lebensmittel nicht mehr isst, ernährt sich dadurch automatisch gesünder – und bekommt die positiven Effekte einer gesünderen Ernährung natürlich auch zu spüren oder sieht sie auf der Waage.
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Basische Ernährung: Kritik
Eine gesunde Ernährung ist aber immer ohne Nahrungsergänzungsmittel wie zum Beispiel Basenpulver möglich. Auch die Verbraucherzentrale stuft Nahrungsergänzungsmittel als „unnötig“ ein. Sie verweist, wie auch Mediziner, auf das natürliche Puffersystem unseres Körpers, das in der Lage ist, das Säure-Basen-Gleichgewicht selbst herzustellen.
Nicht nur die Verbraucherzentrale, auch andere Institutionen wie zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Deutsche Krebshilfe, Mediziner und Pharmakologen weisen darauf hin, dass es keine wissenschaftlichen Beweise für die Theorien zum Thema der Übersäuerung und basische Ernährung gibt.
Öko-Test stellte im Januar 2015 nach dem Test von basischen Nahrungsergänzungsmitteln nüchtern fest:
„(…) dem gesunden Verbraucher nutzen sie nicht. Fast alle untersuchten Produkte schneiden mit ‚ungenügend‘ ab.“
Utopia empfiehlt:
Wenn du das Gefühl hast, eine basische Ernährung tut dir gut, dann schadet es auch nicht, weiterhin auf deine Ernährung zu achten. Lebensmittel, die in der Theorie der basischen Ernährung als säurebildend angesehen werden, sind ohnehin meist ungesund und schaden der Gesundheit. Weil bei der basischen Ernährung jedoch auch grundsätzlich gesunde Lebensmittel wie zum Beispiel Sojaprodukte, Nüsse und Tee als säurebildend und daher ungünstig definiert werden, solltest du deine Ernährung nicht allzu zu strikt nach den Richtlinien der basischen Ernährung ausrichten.
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