Waldsterben gab es nicht nur in den 1980er und 1990er Jahren: Auch heute geht es dem Wald in Deutschland nicht gut. Der Klimawandel befördert das Waldsterben.
In den 1980er und 1990er Jahren war in Deutschland die Sorge um den Wald groß. Grund für das Waldsterben war damals vor allem die starke Luftverschmutzung: Stickoxide und Schwefeldioxid aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie gelangten in großen Mengen in die Atmosphäre. Dort bildeten sie zusammen mit Wassermolekülen Säuren, die in Form von saurem Regen auf die Erde fielen. Darunter litten insbesondere die Wälder.
Damals ergriffen die Behörden verschiedene Maßnahmen, um das Waldsterben zu stoppen. Sie erließen beispielsweise strengere Regelungen für den Schadstoff-Ausstoß in Fabrikanlagen. Insgesamt hat sich der Schwefeldioxid-Ausstoß laut der Umweltorganisation NABU seit 1982 auf ein Zehntel reduziert. Der Stickoxid-Ausstoß dagegen sei nur um 40 Prozent zurückgegangen.
In den Jahren nach dem Waldsterben ergaben Untersuchungen, dass die Ursachen dafür komplexer gewesen waren. Laut dem NABU hatte nicht nur der saure Regen den Bäumen zugesetzt, sondern auch einige trockene Sommer. Zudem erkannten Forscher, dass ein großer Teil der deutschen Wälder besonders empfindlich ist: Etwa ein Viertel unserer Wälder sind künstlich angelegte Monokulturen, die wesentlich weniger robust sind als Mischwälder.
Vor diesem Hintergrund und angesichts des Klimawandels verwundern die Meldungen über ein „Waldsterben 2.0“ nicht. Schauen wir uns genauer an, wie es in Deutschland um den Wald steht.
Der deutsche Wald: Viele Monokulturen, wenig Natur
Förster:innen untersuchen regelmäßig stichprobenartig den Zustand des deutschen Waldes. Laut der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) bedecken etwa 90 Milliarden Bäume ungefähr ein Drittel der Landfläche. Dieser Anteil habe in den letzten zehn Jahren um etwa 0,4 Prozent zugenommen.
Der Anteil der Nadelbäume übersteigt der SDW zufolge mit 56 Prozent den der Laubbäume. In den letzten Jahren hat er allerdings leicht abgenommen: Seit dem ersten Waldsterben wurden laut Deutschlandfunk etwa 320000 Hektar Nadelwald in Mischwälder umgewandelt. Im Vergleich zu den etwa drei Millionen Hektar Monokulturen in Deutschland ist das allerdings wenig.
Insgesamt sind nach Angaben der SDW Fichten, Kiefern und Buchen die am meisten verbreiteten Bäume in deutschen Wäldern. Das war nicht immer so. Bis die Europäer:innen anfingen, großflächig Wald zu roden, bedeckten vor allem Buchenwälder weite Flächen. Natürliche Nadelwälder dagegen finden sich in Deutschland nur in einigen (Mittel-)Gebirgsregionen wie dem Harz und dem bayerischen Wald.
Waldsterben 2.0: Worum geht es?
Bei den Bestandsaufnahmen wird auch untersucht, wie es den Wäldern geht. Im Jahr 2009 kamen die Autor:innen des „Waldzustandsberichts“ zu dem Ergebnis, dass mehr als 70 Prozent der Eichen und Buchen und mehr als 50 Prozent der Nadelbäume in einem schlechten Zustand waren. Bereits 2004 war laut NABU der Anteil der geschädigten Bäume so hoch wie zuletzt 1984 – beim ersten Waldsterben.
Doch erst in jüngster Zeit ist das neuerliche Waldsterben ins Bewusstsein der breiten Bevölkerung getreten. Förster und Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung beunruhigt vor allem, dass nicht nur die empfindlichen künstlich angelegten Nadelwald-Monokulturen bedroht sind: Auch natürlich wachsende Rotbuchen fallen dem Waldsterben zum Opfer.
Woher kommt das Waldsterben in Deutschland?
Im Gegensatz zum ersten Waldsterben spielt saurer Regen heutzutage eine geringere Rolle. Dafür werden die Wälder vor allem durch den Klimawandel bedroht:
- Der Sommer 2018 war ungewöhnlich trocken. Unter dem Wassermangel leiden die Wälder auch ein Jahr später noch. Spiegel Online zufolge machen Forscher längere Trockenperioden für das Waldsterben im Harz verantwortlich.
- Fichten, insbesondere in Monokulturen, werden oft von Borkenkäfern befallen. Normalerweise können die Bäume die Schädlinge mithilfe von Harz abwehren. Wenn es jedoch über längere Zeit wenig regnet, können die Bäume nicht genug Harz bilden und sind den Borkenkäfern ausgeliefert.
- Verschärft wird die Situation durch Stürme. Laut Spiegel Online stürzten 2018 in Deutschland viele Fichten im Harz um, als der Sturm „Friederike“ dort hindurchzog. Das tote Holz bot einen idealen Nährboden für den Borkenkäfer – deshalb hätte man es eigentlich schnell abtransportieren müssen. Doch dafür fehlten die Arbeiter:innen. Denn in den letzten Jahrzehnten wurden viele Stellen im Forstbereich gestrichen.
- Der Klimawandel setzt den Bäumen durch die steigenden Temperaturen auch direkt zu: Buchen können dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung zufolge ab 25 Grad nur noch eingeschränkt Fotosynthese betreiben. Auch das kann zu Waldsterben führen. Die Forscher:innen vermuten darüber hinaus, dass Buchen durch eine intensivere Sonneneinstrahlung einen „Sonnenbrand“ bekommen können.
- Einige Schädlinge wie die Eichenprozessionsspinner können sich bei wärmeren Temperaturen besser ausbreiten.
Hinweis: In großen Teilen des Nationalparks Harz darf sich die Natur frei entfalten, ohne Eingriffe von Förster:innen. Fichtenforste sterben dort wegen dem Borkenkäfer ab, jedoch bildet das Totholz dann wiederum die Grundlage für neue Waldwildnis. Die rasche Verbreitung des Insekts wurde jedoch erst durch menschliche Einflüsse möglich.
Waldsterben – was tun?
Inzwischen hat die Politik den Ernst der Lage erkannt – die Landwirtschaftsministerin Klöckner will in den kommenden vier Jahren laut Deutschlandfunk 800 Millionen Euro zum Schutz der Wälder bereitstellen. Doch wie kann man das Waldsterben verhindern?
Insgesamt sind sich Forscher:innen einig, dass naturnahe Mischwälder am robustesten sind. Naturnah bedeutet:
- Die Wälder sind an den Standort angepasst. Es werden also solche Baumarten gepflanzt, die dort auch natürlicherweise wachsen würden.
- Der Wald setzt sich aus hohen und niedrigen Bäumen zusammen. So lassen sich leichter einzelne Bäume fällen, ohne das Gefüge zu stören.
- Die Bäume vermehren sich selber und werden nur sparsam und schonend gefällt. Förster:innen überlassen den Wald größtenteils sich selbst.
- Sie regulieren jedoch die Wildbestände, damit diese dem Wald so wenig Schaden wie möglich zufügen. Der BUND fordert in dem Zusammenhang eine Reduzierung der Rehbestände – denn Rehe fressen besonders gerne junge Triebe.
Widerstandsfähige Wälder müssen Spiegel Online zufolge auch ausreichend groß und möglichst lückenlos sein. Nur so kann sich in ihnen ein eigenes Ökosystem ausbilden, dass vor Einflüssen von außen gut geschützt ist.
Viele Förster:innen setzen vor allem auf heimische Bäume, um gegen das Waldsterben vorzugehen. Einige experimentieren jedoch laut Deutschlandfunk auch mit Baumarten aus südlicheren Gegenden. Diese Arten kommen besser mit höheren Temperaturen und längeren Trockenperioden zurecht. Vor allem in Südosteuropa gibt es einige Bäume, die mit heimischen Arten eng verwandt sind und sich hier offenbar gut einfügen können. Bei fremden Arten besteht immer die Gefahr, dass sie invasiv werden und die heimischen Arten verdrängen. Deswegen pflanzen Förster nur vereinzelt fremde Bäume zwischen die heimischen Arten.
Wir alle müssen uns bemühen, gegen den Klimawandel, das Artensterben und die Umweltverschmutzung zu kämpfen. Wie du helfen kannst, das Klima zu schützen, verrät dir diese Galerie: Klimaschutz: 15 Tipps gegen den Klimawandel, die jeder kann.
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