Die Klimakrise droht, katastrophale Konsequenzen für die Menschheit zu haben. Einige Entwicklungen lassen sich kaum mehr aufhalten, warnen Klimaforscher*innen. Die Welt müsse den „planetaren Notstand“ als solchen behandeln.
Wir müssen etwas tun, um die Erderwärmung zu stoppen – das steht schon lange fest. Die Situation ist allerdings ernster, als vielen bewusst ist. „Wir befinden uns bereits weit auf der Fluglinie Richtung Zusammenbruch“, sagte der Klimawissenschaftler Will Steffens dem Portal „Voice of Action“.
Steffens kennt sich aus: Der gebürtige Amerikaner war zeitweise Kommissar der Klimakommission der australischen Regierung und lehrte außerdem an der Australischen Nationaluniversität. Seine Forschung dreht sich vor allem um den Klimawandel und planetare Grenzen.
Eine globale „Kipppunkt-Kaskade“ ist im Gange
Steffens befürchtet, dass die Menschheit bereits eine „globale Kipppunkt-Kaskade“ angestoßen hat, die die Erde zu einem „Treibhaus“ werden lasse. „Kipppunkte“ sind kritische Schwellen im Klimasystem. Wenn sie erreicht werden, lassen sich Veränderungen nicht mehr aufhalten oder umkehren.
Das lässt sich am Beispiel von Permafrostböden verdeutlichen: Ist erst einmal eine gewisse Menge Eis in den Böden geschmolzen, gelangen große Mengen Treibhausgase in die Atmosphäre. Die zusätzlichen Emissionen erwärmen das Klima weiter – und das Auftauen der Böden lässt sich nicht mehr aufhalten.
Ähnliches gilt für den Amazonas: Wenn etwa 20 bis 25 Prozent seiner Waldfläche verschwinden, kann er nicht mehr genug Niederschlag erzeugen, um sich selbst am Leben zu erhalten. Trockenheit und Dürre in der Region sind die Folge, der Amazonas schrumpft weiter. Der Regenwald speichert CO2, je kleiner er wird, desto mehr CO2 verbleibt in der Atmosphäre – und das Klima heizt sich weiter an.
Neun von 15 Kipppunkten sind bereits erreicht
Steffens zufolge sind 15 globale Klima-Kippppunkte bekannt. Neun davon seien bereits aktiviert, etwa der Amazonas-Kipppunkt, sowie der des Westantarktischen Eisschildes und des Grönländischen Inlandeises. Die ultimative Frage sei: „Haben wir bereits die Kontrolle über das System verloren? Ist der Zusammenbruch jetzt unvermeidlich?”
Besonders problematisch sei, dass kaum noch Zeit bleibe: „Die Zeit zum Intervenieren, die wir noch haben, ist auf Level gesunken, die kürzer sind als es dauern würde, um den Wandel zu einem nachhaltigeren System zu schaffen.“ Bis die Menschheit Klimaneutralität erreichen könne, dauere es im besten Fall noch 30 Jahre. Für das Meereseis in der Arktis sei es dann schon zu spät. Wie es aussieht, wird die Weltgemeinschaft jedoch nicht einmal das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens erfüllen. „Ein Zusammenbruch ist der wahrscheinlichste Ausgang der aktuellen Fluglinie unseres gegenwärtigen Systems“, sagte Steffens „Voice of Actions“.
Wir müssen den „planetaren Notstand“ erklären
Hans Schellnhuber – einer der renommiertesten Klimaexperten weltweit – sieht das ähnlich. Er sagte laut „Voice of Actions“: „Es besteht ein großes Risiko, dass wir unsere Zivilisation beenden werden. Der Mensch wird irgendwie überleben, aber wir werden alles zerstören, was wir in den vergangen 2.000 Jahren aufgebaut haben.“
Will Steffens hat 2019 gemeinsam mit sieben Wissenschaftler*innen im Fachmagazin Nature eine Analyse zu Kipppunkten veröffentlicht. Die Forscher*innen kommen zu dem Schluss: „Keine Menge an ökonomischen Kosten-Nutzen-Analysen wird uns helfen. Wir müssen unsere Herangehensweise an das Klimaproblem ändern.“ Jetzt brauche es internationale Taten – nicht bloß Worte. Außerdem schlägt Steffens vor, einen „planetaren Notstand“ zu erklären.
Utopia meint: Erfährt man von den Prognosen von Steffens, Schellnhuber und anderen Klimaexpert*innen, kann man leicht die Hoffnung verlieren. Noch ist es aber nicht zu spät, die Menschheit hat noch etwas Zeit, um zumindest die schlimmsten Folgen der Klimakrise abzuwenden. Die Katastrophenszenarien sollten uns dazu motivieren, aktiv zu werden – und uns auf allen Ebenen für mehr Klimaschutz einzusehen, allen voran in der Politik.
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