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Kunstrasen: Kommt jetzt die nächste Garten-Katastrophe nach den Schottergärten?

Für Gartenbesitzer kann der Kunstrasen zunehmend eine Alternative sein, für die Biodiversität ist er aus Expertensicht aber wertlos.
Foto: Jens Kalaene/dpa

Er braucht kein Wasser, wenig Pflege und bleibt auch bei Trockenheit grün: Kunstrasen. Ist das der nächste fatale Trend nach den Schottergärten? Für Umwelt-Fachleute ist die künstliche Rasen-Alternative „eine absolute Katastrophe“.

Statt gelber Steppe wollen viele Menschen auch im trockenen Hochsommer lieber leuchtend grünen Rasen im Garten. Und weil das immer aufwendiger wird, setzen einige mittlerweile auf Kunstrasen, der bislang hauptsächlich als Rasenersatz auf Sportplätzen bekannt war.

Kunstrasen: Keine Heimat für Insekten

Für die biologische Vielfalt ist Kunstrasen allerdings wertlos: „Es wird keine Insekten darauf geben, keine Wildbienen und keine Nahrung für Vögel. Die heimische Fauna profitiert nicht davon“, kritisiert Marc Marx vom Umweltbundesamt den Trend. Dirk Schäuble, Fachreferent für Artenschutz beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), bezeichnet Kunstrasen im Gespräch mit Utopia als „absolute Katastrophe“.

Kunstrasen wird aus Kunststoff gefertigt – und bringt dadurch viele gravierende Nachteile mit sich: „Kunstrasen besteht aus Kunststoffen, die mit hohem Energie- und Ressourcenaufwand hergestellt werden müssen und dadurch das Klima belasten“, so Melanie Konrad, Gartenexpertin beim NABU gegenüber Utopia. Auch die Entsorgung ist problematisch, da es sich nicht um abbaubare oder recyclingfähige Materialien handelt. Und: „Ein wesentliches Problem ist auch, dass sich die künstlichen Halme mit der Zeit abreiben und Mikroplastik freisetzen.“

Angesichts der Trockenheit wird es immer schwieriger, einen grünen Rasen zu erhalten. Immer mehr setzen auf Kunstrasen.
Angesichts der Trockenheit wird es immer schwieriger, einen grünen Rasen zu erhalten. Immer mehr setzen auf Kunstrasen. (Foto: CC0 Public Domain / PIxabay, Alexas_Fotos)

Kann Kunstrasen eine Alternative sein?

Das Stichwort „Bequemlichkeit“ fällt in Zusammenhang mit Kunstrasen als Rasenalternative häufig. Denn der Pflegeaufwand für Kunstrasen ist gering und die Zeit fürs Bewässern, Mähen, Vertikutieren, Düngen und Unkraut zupfen kann man sich sparen.

Doch dass Kunstrasen wirklich eine sinnvolle Alternative ist, bezweifeln Fachleute stark. Bodenexperte Marc Marx sieht Parallelen zu den berüchtigten Schottergärten: „Es ist natürlich keine umweltgerechte Gartengestaltung. Vermutlich heizen sich die Flächen wie bei Schottergärten stark auf.“ Der kühlende Verdunstungseffekt falle weg. Durch die fehlende Vegetation gebe es auch keine Staubbindung und keine Reinigung der Luft.

„In Bezug auf Biodiversität hat schon ein intensiv gepflegter Naturrasen Tieren wenig zu bieten“, gibt Melanie Konrad vom NABU zu bedenken. „Allerdings ist der Boden darunter belebt und bietet Nahrung für Bodentiere und Mikroorganismen. Unter einem Kunstrasen hungert der Boden dagegen aus und stirbt ab.“

8 Argumente, die gegen Kunstrasen sprechen

Auch wenn ein Kunstrasen Wasser spart und keine Pflege braucht, gibt es etliche Argumente, die eindeutig gegen Kunstrasen als Rasenersatz sprechen:

  1. Natürlicher Rasen produziert Sauerstoff und schützt den darunter liegenden Boden.
  2. Natürlicher Rasen – am besten in Kombination mit Wildblumen und Wildkräutern – bietet Insekten Nahrung und Schutz.
  3. Die Erde unter echtem Rasen ist belebt und bietet Nahrung für Bodentiere und Mikroorganismen. Unter einem Kunstrasen hungert der Boden aus und stirbt ab.
  4. Echter Rasen kann die Umgebungstemperatur senken, Kunstrasen dagegen heizt sich auf.
  5. Kunstrasen wird aus fossilen Ressourcen hergestellt – mit allen damit verbundenen Umweltproblemen.
  6. Kunstrasen ist für die Freisetzung von Mikroplastik verantwortlich.
  7. Künstlicher Rasen ist entflammbar und kann nicht zum Grillen genutzt werden.
  8. Kunstrasen wird zu einem großen Müllproblem, wenn er entsorgt werden muss.

Im Garten sollte Kunstrasen daher tabu sein – ebenso wie Schotterflächen.

„Wer eine trockenheitsverträgliche Alternative zum Rasen sucht, kann einen Kräuterrasen oder eine Wiese anlegen. Beide kommen mit Trockenheit viel besser zurecht als ein herkömmlicher Zierrasen, benötigen weder Bewässerung noch Dünger und wenig Pflege und bieten zudem vielen Tierarten Lebensraum“, empfiehlt Melanie Konrad vom NABU.

Ist Kunstrasen als Rasenersatz überhaupt erlaubt?

In Bauordnungen wie zum Beispiel in Berlin ist Kunstrasen nicht vorgesehen. Dort heißt es, dass nicht mit Gebäuden überbaute Flächen von bebauten Grundstücken „wasseraufnahmefähig“ zu belassen und zu begrünen oder zu bepflanzen sind – soweit andere Erfordernisse dem nicht entgegenstehen. Die Bauaufsichtsbehörde könne gegen Kunstrasen vorgehen, heißt es von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Andere Kommunen haben Kunstrasen auf Grundstücken per Satzung bereits zum Teil ganz verboten oder deutlich beschränkt, zum Beispiel Würzburg, Bayreuth, Coburg und Kaiserslautern.

In anderen Ländern gehe der Trend hingegen in eine ganz andere Richtung, betonen Händler:innen. „In Italien, Spanien, Südfrankreich ist es eigentlich gang und gäbe, dass ich, wenn ich ein Ferienhaus, eine Finca oder Dachterrasse habe, mir Kunstrasen legen lasse, weil es einfach nicht bezahlbar ist, das zu wässern“, sagt Unternehmer Nico Reichelmann. Im US-Bundesstaat Nevada werde Kunstrasen sogar staatlich subventioniert, um zu verhindern, dass unnötig Wasser verbraucht werde.

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