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Hannes Jaenicke: „Es läuft im Moment alles in die falsche Richtung“

Foto: WDR / Annika Fusswinkel

Unter welchen Umständen leben Tiere in der Massentierhaltung, die täglich für Fleisch und Milch auf den Tellern sorgen? Und was sollte anders laufen, damit sich endlich etwas zum Guten verändert? Dazu haben wir in dieser Folge des Utopia-Podcast mit Schauspieler, Umweltaktivist und Moderator Hannes Jaenicke gesprochen.

Viele Menschen verzichten bereits auf Fleisch und Milch oder reduzieren ihren Konsum tierischer Lebensmittel. Wenn man an Aktionen wie dem Veganuary im Januar teilnimmt, sich Dokumentationen über konventionelle Landwirtschaft und Massentierhaltung ansieht, oder sich mit der Aufklärungsarbeit von Tierschutzorganisationen befasst, ist das Ergebnis oft die Frage: Gehören Milch und Fleisch überhaupt noch in die Tasse und auf den Teller? Unter anderem dazu sprechen wir heute mit Schauspieler, Moderator und Umweltaktivist Hannes Jaenicke.

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Auszug aus dem Interview mit Hannes Jaenicke:

Anmerkung der Utopia.de-Redaktion: Hannes Jaenicke nimmt in der folgenden Antwort Bezug auf die abschreckenden Bilder auf Zigarettenschachteln und fragt, warum das nicht auch für Verpackungen von Milch und Fleischprodukten gilt.

Hannes Jaenicke:  Die Zahl der Raucher geht nachweisbar zurück. Der Richard David Precht hat mir bei einem Interview mal noch eine viel bessere Idee gesagt, den haben wir für den Schweine ja interviewt. Der hat gesagt, man müsste eigentlich nur zur Schulpflicht, also zur Pflicht machen, dass jede 10. Klasse in einer deutschen Schule, egal ob Gymnasium, Realschule, was auch immer, dass die einmal in einen Schlachthof und einmal in eine Massentierhaltung gehen muss, einfach, um das mal zu sehen.

Das ist eine brillante Idee, weil ich glaube, drei Viertel der Kinder, die sich das anschauen oder der Jugendlichen würden nie wieder Fleisch essen. Früher konnte man noch in alle Tiertransporter auf der Autobahn reingucken. Da konnte man durch diese Gatter noch sehen, dass da Schweine, Kühe drin wahren. Jetzt haben wir alle so schicke Sichtblenden, dass man nicht mehr sehen kann. Es wird ja auch alles getan, damit wir nicht sehen, wie die Massentierhaltung funktioniert.

Utopia.de: Sie haben in einer ihrer Dokumentation mal gesagt, dass der Mensch das dümmste aller Tiere ist. Sehen Sie da aktuell eine positive Entwicklung oder sehen Sie da immer noch eher weniger Licht am Horizont?

Hannes Jaenicke: Es kommt darauf an, wem ich zuhöre. Wenn ich Herrn Dobrindt zuhöre oder Herrn Söder oder Herrn Merz oder Herrn Lindner, dann denke ich, ok, die Lernkurve ist wirklich flach. Wenn ich anderen Leuten zuhöre, dann denke ich, manche Leute haben es tatsächlich verstanden.

Es gibt ja tatsächlich Länder, die wählen ja jetzt auch mal in die richtige Richtung. Australien hat gerade eine ganz fürchterliche Regierung abgewählt. Die Amerikaner haben entgegen allen Erwartungen doch relativ vernünftig gewählt, auch für dieses gigantische Infrastrukturpaket und Umweltpaket von Herrn Biden. Die Brasilianer haben Bolsonaro aus dem Amt gescheucht. Also es gibt ja so Ecken wo man so denkt, es bewegt sich was.

Bei uns ist halt schwierig. Wir sind halt ein extrem innovationsfeindliches Land. Skeptisch und wir sind Gewohnheitstiere. Wir wollen halt den Verbrenner nicht aufgeben, wir wollen immer noch kein Tempolimit, wir wollen weiter unser Billigfleisch, unsere billige Milch. Deutschland – meines Erachtens – bremst sich im Moment einfach selber aus und das finde ich echt schade.

Und wenn man Klimaaktivisten als die neue RAF bezeichnet … und das sind ja Aktivisten, die nichts weiter verlangen als ein 9-Euro-Ticket, ein Tempolimit und den schnellstmöglichen Ausstieg aus fossilen Energien. Jeder halbwegs intelligente Menschen müsste das eigentlich unterschreiben. Was machen die konservativen Parteien Deutschlands? Hacken darauf herum als wäre das die neue rote Armeefraktion. Und das ist halt wirklich deprimierend. Dass lieber über diese Jugendlichen geschimpft wird, als das Problem anzupacken.

Utopia.de: Apropos Problem anpacken, was würden Sie denn jemandem entgegnen, der sagt: Wir können ja gar nichts machen, ich bin ja nur alleine?

Hannes Jaenicke: Das ist halt bequem, zu sagen, ich kann nichts machen. Das ist eine faule Ausrede. Es gibt eine Studie von Boston Consulting, die ist jetzt nicht mehr ganz neu, die hat man festgestellt, dass der Bewohner eines Industrielandes jeden Tag 180 umweltrelevante Entscheidungen trifft. Jeder von uns. Wie weit drehe ich meine Heizung hoch, wie lange läuft morgens mein Duschwasser, bevor es warm wird, wie viel Wasser haue ich in meinen Teekocher, mache ich mir eine Tasse Tee, wird das eine Kanne. Beim Einkauf sind das hunderte von Entscheidungen. Kaufe ich Bio, Fairtrade oder nicht. Unser Geldbeutel ist eine unfassbar scharfe Waffe, wenn wir uns das mal klarmachen.

Ich meine, das meistverkaufte Auto in Deutschland ist es SUV. Würden wir aufhören SUVs zu kaufen, würde die Autoindustrie sofort aufhören die zu produzieren. Würden wir alle geschlossen aufhören Coca-Cola zu saufen, weil das ist nun mal der größte Plastikmüll der Welt, würde Coca-Cola wahrscheinlich sein Verpackungskonzept relativ schnell umstellen. Das Gleiche gilt für den McDonald’s. Und wenn wir es nicht lecker finden, wie Ikea sein Holz bezieht, nämlich illegal aus Rumänien, würde Ikea wahrscheinlich irgendwann auch umschwenken, wenn wir aufhören würden dahin zu gehen. Also ich glaube als Konsument haben wir eine viel größere Macht als wir glauben.

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