Öko-Test hat zuletzt 18 matte Lippenstifte getestet und massenhaft problematische Inhaltsstoffe entdeckt. Bei diesen Testergebnissen überlegt es sich manche:r vielleicht zweimal, ob rote Lippen das Richtige sind. Auch bei Stiftung Warentest gab es im Lippenstift-Test keinen wirklichen Testsieger.
Rote Lippen erwecken für viele den Anschein von Frische und Gesundheit. Dabei enthält Lippenstift alles andere als gesunde Inhaltsstoffe, wie Öko-Test und Stiftung Warentest in ihren Lippenstift-Tests herausfanden.
Lippenstift-Test: Öko-Test kürt keine echten Testsieger
Nur fünf der 18 der getesteten roten Lippenstifte kann Öko-Test eine mittelmäßige Gesamtbewertung geben, der Rest fällt sogar mit „ungenügend“ und „mangelhaft“ durch. Die Gründe für das schlechte Abschneiden sind vielfältig: Die Tester:innen fanden Mineralölrückstände, potenziell schädliche Farbstoffe sowie Bestandteile, die für den Einsatz in Lebensmitteln bereits verboten sind. Die Liste der Probleme im Lippenstift-Test ist lang.
Auch bei Stiftung Warentest kamen Lippenstifte 2021 nicht gut weg. Die Tester:innen bemängelten vor allem, dass alle Stifte Titandioxid enthalten. In Lebensmitteln ist der Weißmacher-Stoff inzwischen verboten, in Kosmetikprodukten nicht. Die genauen Testergebnisse der Warentester:innen findest du weiter unten im Artikel.
Die besten Lippenstifte bei Öko-Test
Wirkliche Gewinner gibt es im aktuellen Test der Lippenstifte nicht, denn kein einziger schnitt mit einer „guten“ oder „sehr guten“ Gesamtbewertung ab. Im Mittelfeld rangierten aber fünf der 18 getesteten Produkte, wobei insgesamt vier das Testurteil „befriedigend“ und einer „ausreichend“ erhielten.
Mit einer Note 3 noch empfehlenswert, sind zum Beispiel:
- Alverde Matt Lipstick 10, von dm („befriedigend“)
- Lavera Velvet Matt Lippenstift 04 von Laverana („befriedigend“)
Lippenstift-Test: Massenhaft Probleme, auch bei bekannten Marken
Je bekannter die Marke, desto besser das Produkt? Dass dies oft nicht der Realität entspricht, zeigen die Testergebnisse von Öko-Test deutlich: Viele bekannte Marken fallen im Test durch. Vor allem Erdölkomponenten wie Paraffine stuften die Tester:innen wegen der oralen Aufnahme als bedenklich ein. In drei Viertel der konventionellen Produkte im Test konnten diese nachgewiesen werden; in zertifizierter Naturkosmetik sind sie nicht erlaubt und auch das Labor konnte keine Spuren davon nachweisen.
Mineralöl, Silikone und schädliche Farbstoffe in Lippenstiften
In drei der untersuchten Lippenstifte wies Öko-Test aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) nach, die krebserregende Bestandteile enthalten können. Zu den Produkten mit MOAH zählt unter anderem der Manhattan Lasting Perfection Matte Lipstick 400. Paraffine fand das Labor unter anderem im Lippenstift Maybelline Color Sensational Ultimatte 299, der zudem Silikone und bedenkliche Farbstoffe enthielt.
Farbstoffe erweitern die lange Liste der kritischen Inhaltsstoffe bei den getesteten Lippenstiften. Sie sorgen für knallige und satte Farben auf den Lippen, doch Farbstoffe können auch allergische Reaktionen auslösen. Vor allem die Azofarbstoffe Tartrazin (CI19140) und Gelborange S (CI15985) sind alles andere als harmlos.
Unter anderem die Lippenstifte von L‘Oréal Color Riche Intense Volume Matte 188 und Douglas Absolute Matte 7 enthalten Tartrazin (neben anderen kritischen Inhaltsstoffen). Sieben weitere färben mit Gelborange S, das im Verdacht steht, Asthma oder Neurodermitis hervorzurufen, darunter Max Factor X Colour Elixir Velvet Matte 35 und Produkte namhafter Designer.
Titandioxid: In Lebensmitteln verboten, in Lippenstift erlaubt
Die Abwertung erfolgte auch wegen bedenklicher Inhaltsstoffe, wie das seit Sommer 2022 in Lebensmitteln verbotene Titandioxid. In Kosmetik darf der Stoff zwar bislang noch eingesetzt werden, jedoch gibt es Hinweise auf eine erbgutverändernde Wirkung bei der oralen Aufnahme. Denkt man nun daran, dass Menschen, die sich täglich die Lippen schminken, in Summe im Jahr etwa fünf ganze Lippenstifte verzehren, kann man den Einsatz von Titanoxid in Kosmetikprodukten wie Lippenstiften kritisch sehen.
Jedoch enthalten fast ausnahmslos alle der getesteten Produkte Titandioxid, darunter auch Naturkosmetik. Bei insgesamt 15 der 18 Lippenstifte werteten die Tester:innen das Gesamtergebnis deshalb ab, zum Beispiel bei:
- Alverde Matt Lipstick 10 von dm („befriedigend“)
- Dr. Hauschka Lipstick Amaryllis 11 von Wala („mangelhaft“, auch wegen fehlender Herkunftsnachweise)
- L‘Oréal Color Riche Intense Volume Matte 188 von L‘Oréal („ungenügend“)
- Manhattan Lasting Perfection Matte Lipstick 400 von Manhattan („ungenügend“)
Öko-Test: Kinderarbeit für Glitzer im Lippenstift
Nicht nur gesundheitliche Aspekte spielten bei der Bewertung der Lippenstifte eine Rolle, auch auf die Art der Herstellung wurde im Test besonderes Augenmerk gelegt. Vor allem, ob bei der Produktion Kinderarbeit eine Rolle spielt, entschied bei Öko-Test über das Gesamtergebnis.
Für Kosmetik nicht ungewöhnlich ist der Einsatz eines Minerals, das einen Glitzereffekt bei Lidschatten, Lippenstift und Co. verursacht: Mica. Abgebaut wird der Rohstoff unter anderem in Madagaskar, China, Indien und den USA. Vor allem in Indien, wo etwa ein Viertel des weltweit eingesetzten Mica herkommt, wächst die Zahl der illegalen Minen, wie Recherchen der Zeit zeigen.
Die Arbeitsbedingungen beim Abbau von Mica sind meist lebensgefährlich und prekär. Besonders bedenklich ist, dass oft Kinder in Minen als Arbeiter:innen eingesetzt werden. Sogar kleine Kinder werden in selbst gegrabene und ungesicherte Schächte geschickt, um den Glimmer mühsam abzukratzen.
Hier nahm Öko-Test die Hersteller nun in die Pflicht und forderte Nachweise über die Bezugsquellen des Minerals und deren Lieferketten. Ab sofort wird dies sogar ein Standardkriterium bei der Bewertung von Kosmetik sein. Lediglich der Hersteller dm glänzte mit einer lückenlosen Dokumentation der Lieferkette – von der Mine bis zum fertigen Lippenstift – für die Alverde- und Trend it up-Produkte. Bei anderen Herstellern mangelte es an Vollständigkeit der Nachweise oder es wurde gar nicht auf die Anfrage der Tester:innen reagiert.
Alle Details zum Test gibt es in der aktuellen Ausgabe 02/2023 sowie bei ökotest.de.
Lippenstift-Test: Die Testsieger bei Stiftung Warentest
Stiftung Warentest jedenfalls bewertete im Oktober 2021 17 Lippenstifte – und fand in allen kritische Inhaltsstoffe. Das Farbpigment Titandioxid bewerteten die Tester:innen erstmals als Schadstoff, deshalb schnitt kein Lippenstift im Test gut ab.
An Deckkraft und Pflegewirkung der Lippenstifte hatten die Tester:innen zwar wenig auszusetzen. Doch „aus Sicht des vorsorgenden Verbraucherschutzes empfehlen wir keinen Lippenstift im Test uneingeschränkt“, heißt es im Testbericht.
Mineralölbestandteile in Lippenstift
Von den 17 untersuchten Lippenstiften in Rosenholztönen enthielten nicht nur alle Titandioxid, zwei fielen wegen weiterer Schadstoffe durch: Sie waren laut Testinstitut mit Mineralölbestandteilen (MOSH) und mineralölartigen Substanzen belastet, die sich in Organen anreichern können.
- „Mangelhaft“ waren im Test der besonders teure Lippenstift von Chanel (38 Euro) sowie ein günstiger Stift der Marke Catrice (4 Euro).
- Relativ wenig Titanoxid und keine weiteren bedenklichen Substanzen enthalten dagegen unter anderem die Lippenstifte der Naturkosmetik-Marken Dr. Hauschka und Lavera.
Öko-Test prüfte auch Lippenpflege mit UV-Schutz und Lippenpflegestifte.
Utopia meint: Auch wenn die Wirkung von Titandioxid als Farbpigment nicht restlos geklärt ist, ist der Verzicht bei Lippenstiften, Zahnpasta und anderen Produkten, die man oft versehentlich verzehrt, sinnvoll. Wir empfehlen grundsätzlich den Kauf von zertifizierter Naturkosmetik – zwar wird Titandioxid auch hier eingesetzt, doch viele andere potenziell bedenkliche Substanzen sind nicht erlaubt.
Wer Titandioxid vermeiden möchte, kann beim Kauf auf die Angabe „CI 77891“ (mitunter auch „Titanium Dioxide“) in der Ingredients-Liste achten – und gegebenenfalls auf einen anderen Farbton ohne Titandioxid ausweichen. Um Mineralöl zu meiden, kann man mindestens Produkte mit den Begriffen Paraffin, Petrolatum, Cera Microcristallina oder Ozokerite auf der Inhalsstoffliste meiden. In Naturkosmetik dürfen diese gar nicht vorkommen.
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