Die Sommerpause von Markus Lanz ist vorbei – seine erste Sendung begann er mit einer Diskussion über die Klimakrise. Als Gast war unter anderem der Klimaforscher Professor Mojib Latif geladen. Er nannte einige bittere Fakten – und machte trotzdem Hoffnung.
Mojib Latif ist Meteorologe und Klimaforscher und lehrt am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Er war schon öfter in verschiedenen Fernsehsendungen zu Gast, um seine Expertise über den Klimawandel zu teilen. Am Donnerstag war er bei Markus Lanz eingeladen.
Dort machte er klar, wie schlecht es um den Planeten aktuell steht: Hitzewellen, wie wir sie in den vergangenen Jahren immer wieder erlebt haben, habe es vor 1994 in Deutschland kein einziges Mal gegeben. Der Regen im Winter reiche nicht mehr aus, um die Grundwasserspeicher nach langer Trockenheit wieder vollständig aufzufüllen. Frosttage mit Temperaturen konstant unter null Grad Celsius seien extrem zurückgegangen. Gletscher und Permafrost schmelzen, wodurch Gebirge instabiler werden.
Mojib Latif: Mit dem CO2 ist es wie mit der Staatsverschuldung
Vor allem langsam reagierende Ökosysteme wie Wälder können sich schlecht an die veränderten Bedingungen anpassen: „Wälder müssten eigentlich weiter nach Norden wandern, da wo es dann kälter ist. Aber Wanderungsbewegungen von Wäldern brauchen Jahrtausende.“
All die negativen Entwicklungen hängen mit der Klimaerwärmung zusammen – diese wiederum ist ein Resultat von unter anderem zu viel CO2 in der Atmosphäre. Klimaskeptiker*innen sehen das anders: Sie argumentieren, dass CO2 wichtig für Pflanzen sei. Um CO2 zu binden genüge es, Wälder aufzuforsten.
Markus Lanz wollte von Mojib wissen, wie er solchen Argumenten antwortet. Der Wissenschaftler erklärte, dass Pflanzen ebenso wie die Weltmeere nur einen Teil des CO2s aufnehmen. Etwa die Hälfte bleibe in der Luft – und zwar für Jahrtausende.
Aus diesem Grund sei während der Corona-Krise der CO2-Gehalt in der Atmosphäre auch nicht gesunken: „Das kann man sehr gut mit der Staatsverschuldung erklären: Wenn wir im nächsten Jahr weniger Schulden aufnehmen als dieses Jahr, dann steigt der Schuldenberg trotzdem. Und so ist es mit dem CO2 auch. Wir haben ja nicht null CO2 ausgestoßen, sondern zwischen fünf und zehn Prozent weniger, das heißt immer noch eine gewaltige Menge.“
Es gibt auch gute Nachrichten
Latif nannte bei Lanz aber auch einige erfreuliche Entwicklungen: Zwar sei der CO2-Ausstoß seit 1990 global um 60 Prozent gestiegen. Deutschland habe seinen Ausstoß jedoch um 40 Prozent gesenkt. Zugleich sei Deutschland eines der reichsten Länder der Welt. „Und deswegen stimmt einfach die Rechnung nicht, dass Klimaschutz Wohlstand gefährdet. Ganz im Gegenteil: Ich würde sogar sagen, Klimaschutz fördert Wohlstand. Klimaschutz ist der Innovationsmotor schlechthin.“
Eine weitere gute Nachricht: Deutschland generiere über 40 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien. „Das ist ein Riesenerfolg, vor allem wenn man das mal retrospektiv betrachtet: Als wir das vor 20 Jahren gesagt haben, sind wir ausgelacht worden von der Industrie und den Energiekonzernen.“
Aufgeben ist keine Option
Trotz allem steuere die Welt auf eine Katastrophe zu: „Wir sind ja wirklich auf einem Worst-Case-Pfad. Wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahrzehnte anguckt, was den Ausstoß von Treibhausgasen angeht, dann sind wir leider auf dem schlechtesten möglichen Weg.“ In den vergangenen Monaten ist Umwelt- und Klimaschutz außerdem in den Hintergrund gerückt – wegen der Corona-Pandemie.
Latif machte bei Lanz auf einen interessanten Zusammenhang aufmerksam: „Wenn wir jetzt sehen: Wer hat in der Corona-Krise versagt? Wer versagt bei der Klimakrise? Dann sind das genau die gleichen Leute: Donald Trump in Amerika und Jair Bolsonaro in Brasilien.“ Wie bei der Corona-Pandemie lasse sich die Klimakrise außerdem nur mit internationaler Zusammenarbeit bewältigen.
Gerade diese Erkenntnis kann jedoch auch entmutigend wirken. Markus Lanz erwähnte in der Sendung einen amerikanischen Schriftsteller, der alle Hoffnung auf effektive Klimaschutzmaßnahmen aufgegeben hat. Für Mojib Latif kommt das jedoch nicht in Frage: „Ich sage einfach das, was ich fühle: Es sträubt sich alles in mir, das zu akzeptieren, dass wir es nicht hinkriegen, dass wir den Kampf verloren haben. Es kann einfach nicht sein.“ So lange zumindest eine theoretische Chance bestehe, werde er sich weiter einsetzen.
Die gesamte Sendung von Donnerstag (13.8). gibt es in der ZDF-Mediathek.
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