Einfach Treibhausgase durch Spenden in Klimaschutzprojekte ausgleichen und munter weiter in den Urlaub fliegen wie bisher? Diesen Ansatz sehen Expert:innen kritisch.
Das Modell klingt vernünftig: Nach einer Flugreise kompensiert man die ausgestoßenen Emissionen durch eine Spende an eine Organisation, die Projekte zur CO2-Einsparung unterstützt. So wird die eigene Belastung des Klimas woanders wieder wettgemacht. Aber ist das so einfach?
Oder ist die CO2-Kompensation nur eine Art moderner Ablasshandel, der das eigene schlechte Gewissen beruhigen soll? Antje Monshausen von Tourism Watch bei Brot für die Welt stellt klar: „Erst kommt reduzieren, dann kommt kompensieren“. Weniger zu fliegen, ist also der bessere Schritt. Expert:innen taxieren das jährlich klimaverträgliche CO2-Budget auf maximal zwei Tonnen pro Kopf. „Damit komme ich nach New York, aber nicht mehr zurück“, sagt Monshausen.
Welche Reise muss wirklich sein?
Für Vielflieger:innen ist die CO2-Kompensation aus Sicht der Expertin also durchaus eine Art Ablasshandel. „Damit sollte man nicht legitimieren, einfach weiterzumachen wie bisher. Dieser Eindruck wäre fatal.“ Anders sehe es aus, wenn der Flug unvermeidbar sei. Doch welche Reise ist wirklich unvermeidlich? Das ist oft Ansichtssache.
Für Monshausen sind Flugreisen vermeidbar, wenn auch ein weniger klimaschädigendes Verkehrsmittel zum Einsatz kommen könnte. Zum Beispiel die Bahn. „Die meisten Städte in Europa sind auf dem Landweg erreichbar“, sagt die Expertin. „Das bedeutet aber oft, die Reise anders zu gestalten. Nach Rom kommt man zum Beispiel auch mit dem Nachtzug, aber das lohnt sich nicht für ein Wochenende, sondern eher für mindestens eine Woche. Dann kann man schon den Weg zum Ziel machen und beispielsweise zwei Nächte in München bleiben.“
Monshausen sieht darin nicht nur einen Gewinn fürs Klima, sondern auch für die Reisenden selbst: „Wer seltener fliegt und dafür länger bleibt, erlebt oft auch eine qualitativ bessere Reise. Ich kann mich besser auf Land und Leute einstellen, nehme mehr mit.“
Viel Greenwashing bei der CO2-Kompensation
Wer doch fliegt, der kann immerhin den Weg der CO2-Kompensation wählen. Dabei sollte man sich aber über eines bewusst sein: „Wenn ich CO2 für einen Flug kompensiere, mache ich die CO2-Wirkung damit nicht ungeschehen. Ich sorge lediglich mit einer Spende dafür, dass woanders Projekte gefördert werden, die CO2 einsparen“, erklärt Monshausen. Und hier gebe es neben seriösen Anbietern, wie Atmosfair oder Klima-Kollekte, auch viel Greenwashing.
Ein Beispiel: „Angebote, bei denen Bäume gepflanzt werden, sind ungeeignet, um damit Flugreisen zu kompensieren“, sagt Monshausen.
Lies dazu hier weiter:
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Zuhause bleiben oder kompensieren?
Dietrich Brockhagen ist Geschäftsführer von Atmosfair, einer Klimaschutzorganisation mit dem Schwerpunkt Reise. Über die Webseite können Urlauber:innen eine Kompensation für die Treibhausgase zahlen, die sie bei ihrer Reise verursacht haben. Die Zahlung fließt dann zum Beispiel in die Förderung von Solarenergie durch Photovoltaikanlagen in Dörfern, die gar nicht ans Stromnetz angeschlossen sind.
Das Geld komme an und bewirke in der Tat messbar eine Minderung des CO2-Ausstoßes, bekräftigt Brockhagen. „Manche nennen das Ablasshandel, weil sie sich um die Zahlung drücken wollen. Für mich ist die Frage eher: Kaufe ich mich dadurch frei?“
Hier gebe es zwei Optionen: „Entweder Sie bleiben zu Hause, dann gibt es das Problem nicht. Wenn Sie aber geflogen sind, ist die Kompensation der CO2-Emissionen das Beste, was sie fürs Klima tun können“, findet Brockhagen. Er bestätigt allerdings auch, was Antje Monshausen sagt: „Weniger fliegen wäre besser“.
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