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Fast alle Meerestiere betroffen: Neue Studie über die „Plastifizierung“ der Ozeane

Einer Schätzung aus dem Jahr 2018 zu Folge ist Einwegplastik für 60 bis 95 Prozent der weltweiten Plastikverschmutzung der Meere verantwortlich.
Foto: © WWF

Robben können sich in Plastikmüll verfangen und ersticken. Wale und Delfine halten Plastikteile für Beutetiere und erleiden innere Verletzungen. Die Auswirkungen von Plastik in den Ozeanen sind tragisch. Der WWF zeigt in einem schockierenden Bericht, wie tragisch.

Die Plastikverschmutzung des Ozeans wächst exponentiell, fast jede Art im Meer ist mit Plastikverschmutzung konfrontiert und selbst wenn die Plastikverschmutzung heute gestoppt werden würde, würde sich die Menge an Mikroplastik in den Meeren innerhalb der nächsten 30 Jahre mehr als verdoppeln.

Der Umweltverband WWF hat einen Bericht beim renommierten Alfred-Wegner-Institut (AWI) in Auftrag gegeben. Für die Meta-Studie wertete das Institut 2592 Untersuchungen aus, die von den 1960er-Jahren bis zum Jahr 2019 reichen.

Dramatische Auswirkungen auf die Natur

Plastik ist eine relativ neue Bedrohung. Denn seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird Plastik im großen Maßstab eingesetzt. Die Produktion ist dabei in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Laut WWF wurde zwischen 2003 und 2016 so viel Plastik produziert wie in allen Jahren zuvor. Mit erheblichen Folgen.

Laut WWF wurde zwischen 2003 und 2016 so viel Plastik produziert wie in allen Jahren zuvor.
Laut WWF wurde zwischen 2003 und 2016 so viel Plastik produziert wie in allen Jahren zuvor. (Foto: © WWF)

Bei knapp 90 Prozent der untersuchten Meeresarten seien Auswirkungen festgestellt worden, sagt die Meeresbiologin und Mitautorin der neuen Studie, Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut. Noch seien viele Zusammenhänge zu wenig erforscht, aber: „Die dokumentierten Auswirkungen sind äußerst beunruhigend“, so Bergmann.

Einige Erkenntnisse der Meta-Studie: In Plastikmüll können sich Säugetiere wie Robben oder Meeresschildkröten verfangen und ersticken. Das gleiche Schicksal könne Vögel ereilen, die ihre Nester aus Plastikabfall bauen. Das sei etwa bei Basstölpeln auf Helgoland beobachtet worden. Wenn der Müll den Meeresboden bedecke, fehle Korallen und Schwämmen Licht und Sauerstoff.

Forscher:innen fanden Schildkröten und Raubfische oder auch Delfine und Wale, die Plastikteile mit Beutetieren verwechselten. Nach dem Verzehr hätten sie ein falsches Sättigungsgefühl, litten unter Verstopfung und an inneren Verletzungen. Mit dem Plastikmüll nähmen die Tiere zudem Chemikalien auf, die ihre Fortpflanzung beeinträchtigen könnten.

Wo befindet sich all das Plastik?

Laut der neuen AWI-Studie haben sich bis heute zwischen 86 und 150 Millionen Tonnen Kunststoff im Ozean angesammelt. Dieser Müll befindet sich aber nicht gleichmäßig im Meer verteilt, sondern sammelt sich an manchen Stellen. Dazu gehören die fünf großen Ozeanwirbel, Küsten- und Meeresgebiete in der Nähe großer Wasserquellen wie Mündungen von Flüssen, die durch Ballungsgebiete fließen. Aber auch an Korallenriffen, Mangroven und dem tiefen Meeresboden, insbesondere in Tiefsee-Schluchten, sammelt sich Plastikmüll.

Plastik sammelt sich unter anderen in Müllstrudeln und Korallenriffen.
Plastik sammelt sich unter anderen in Müllstrudeln und Korallenriffen. (Foto: © WWF)

Besonders betroffen seien das Mittelmeer, das Gelbe Meer und das Ostchinesische Meer. Korallenriffe und Mangrovenwälder seien in Gefahr. Vor der indonesischen Insel Java etwa sei an einigen Stellen die Hälfte des Meeresbodens mit Plastikmüll bedeckt.

Woher kommt das ganze Plastik in den Weltmeeren?

Der Müll gelangt auf verschiedenen Wegen in die Meere. Laut Studie werde er oft direkt ins Meer gekippt oder bei Hochwasser von Deponien weggespült. Andere Untersuchungen legen nahe, dass der Großteil des Plastiks in den Meeren vom Land – etwa über Flüsse und Abwassersysteme – in die Meere gelangen.

Im Jahr 2015 stammte, so heißt es in der WWF-Studie, die Hälfte des Plastikmülls aus Verpackungen. Einer Schätzung aus dem Jahr 2018 zufolge ist Einwegplastik für 60 bis 95 Prozent der weltweiten Plastikverschmutzung der Meere verantwortlich.

Insbesondere Mikroplastik gelange auch über das Abwasser in die Meere. Zwar hielten moderne Klärwerke 97 bis 90 Prozent der Partikel zurück – aber in einer Stadt wie Berlin oder Hamburg bedeute ein Prozent immer noch eine große Menge, so Studienautorin Bergmann.

Einer Schätzung aus dem Jahr 2018 zu Folge ist Einwegplastik für 60 bis 95 Prozent der weltweiten Plastikverschmutzung der Meere verantwortlich.
Einer Schätzung aus dem Jahr 2018 zu Folge ist Einwegplastik für 60 bis 95 Prozent der weltweiten Plastikverschmutzung der Meere verantwortlich. (Foto: © WWF)

Laut Schätzungen des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik sind die Hauptquellen für Mikroplastik-Eintragungen in Deutschland der Abrieb von Reifen und Bitumen im Asphalt sowie die Freisetzung bei der Abfallentsorgung. Auf Platz 7 der Rangliste des Instituts steht der Abrieb von Schuhsohlen, noch vor dem häufig genannten Faserabrieb bei der Textilwäsche (Rang 10) und Partikeln in der Kosmetik (Rang 17).

Auch Windkraftanlagen tragen zur Verschmutzung der Meere bei, wie Bergmann bestätigt. Die Lacke würden durch Wind abgetrieben. Allerdings könne man diese Menge noch nicht beziffern, ebenso wenig wie den zunehmenden Müll durch Masken und andere Corona-Schutzausrüstung.

Die Forderungen des WWF

Der WWF fordert die Ende Februar in Nairobi tagende Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA) auf, ein rechtsverbindliches globales Abkommen gegen den Plastikeintrag in die Meere auf den Weg zu bringen.

In Deutschland gebe es schon ein Bewusstsein für das Problem. Die EU habe vor einiger Zeit bestimmte Einwegplastikverpackungen verboten. Es sei nach ihrer Erfahrung „die schnellste Umweltgesetzgebung ever“ gewesen, sagt Heike Vesper, Leiterin des Fachbereiches Meeresschutz beim WWF Deutschland.

„Die Durchdringung des Ozeans mit Plastik ist unumkehrbar. Einmal im Meer verteilt, lässt sich Kunststoffmüll kaum zurückholen“, so Vesper. Weiter sagt sie: „Die Ursachen der Plastikverschmutzung im Keim zu bekämpfen, ist viel effektiver als die Folgen im Nachhinein zu beseitigen. Wenn Regierungen, Industrie und Gesellschaft jetzt geschlossen handeln, können sie die Plastikkrise noch eindämmen.“

Utopia meint: Die Auswirkungen unseres Plastikmülls auf die Ozeane sind fatal. Es braucht daher dringend Technologien und rechtlich verbindliche Maßnahmen von Industrie und Politik. Es wäre ein wichtiges Signal, wenn die UNEA bald ein globales Abkommen auf den Weg bringen würde. Aber auch jede:r Einzelne kann einen Teil dazu beitragen, dass unser Planet weniger von Plastikmüll verschmutzt wird. Wir haben hier Tipps für dich:

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