Hast du schon einmal von Bio-Wasser oder Bio-Mineralwasser gehört? Lies hier, ob das sinnvoll ist, welche Siegel es gibt und was du über diese Art von Mineralwasser wissen solltest.
Damit du nachvollziehen kannst, was das Besondere an Bio-Wasser beziehungsweise Bio-Mineralwasser ist, solltest du die Entstehung von Mineralwasser kennen:
- Mineralwasser ist im Grunde Regenwasser, das in den Erdboden gesickert ist. Mit der Zeit wird es von mehreren Gesteinsschichten gereinigt und so werden ihm Mineralstoffe hinzugesetzt. Es stammt aus tiefen unterirdischen, vor Verunreinigung geschützten Wasservorkommen und muss direkt vor Ort abgefüllt werden.
- Laut der Mineral- und Tafelwasser-Verordnung muss natürliches Mineralwasser „ursprünglich rein“ sein – also mikrobiologisch einwandfrei, ohne, dass zum Beispiel wie bei Leitungswasser durch Chlorierung Bakterien abgetötet werden. Es darf nicht schädlich für Menschen und muss frei von Krankheitserregern sein.
- Natürliches Mineralwasser ist das einzige Lebensmittel, das eine amtliche Anerkennung erhält. Laut der Informationszentrale Deutsches Mineralwasser wird die Mineralwasser-Qualität von Brunnenbetrieben, Behörden und unabhängigen Labors vor dieser amtlichen Anerkennung in mehr als 200 Einzeluntersuchungen kontrolliert. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erklärt, dass alle Trinkwasser „ständigen Kontrolle durch die Überwachungsbehörden“ unterliegen.
"Bio-Mineralwasser": Die Ursprünge des Konzepts
Anders als für landwirtschaftliche Erzeugnisse gibt es für Wasser keine EU-Ökoverordnung, die eine Zertifizierung mit einem EU-Bio-Siegel ermöglichen würde. Das heißt, es gibt keine verbindliche gesetzliche Vorgabe, wann Wasser als „öko“ oder „bio“ bezeichnet werden kann.
Darf man ein Wasser dennoch „bio“ nennen? Die bayerische Brauerei Neumarkter Lammsbräu tat es ab 2009, als sie eine Mineralwassersorte in ihrem Sortiment erstmals als „Biokristall“-Mineralwasser in Deutschland verkaufte.
Es kam zu einem Streit vor Gericht. 2012 akzeptierte dann der Bundesgerichtshof (BGH) nach einer Klage der Wettbewerbszentrale die Bezeichnung „Biomineralwasser“.
Die Begründung des BGH: Mineralwasser dürfe als bio bezeichnet werden, wenn es die Erwartungen von Verbraucher:innen an ein Bio-Produkt erfüllen würde: nämlich, dass es strengere Qualitätsansprüche erfüllt als herkömmliches Mineralwasser.
Die sich daraus ergebenden Vorgaben heißen vereinfacht:
- Bio-Wasser hat keine Zusatzstoffe und ist unbehandelt.
- Bio-Wasser liegt in Rückständen und Schadstoffen deutlich unterhalb des Höchstwerts für Mineralwasser.
Käufer:innen von Bio-Mineralwasser würden nicht erwarten, so der Gerichtshof, dass dieses gesetzlichen Vorgaben unterläge oder überwacht würde. Verboten bleibt, Mineralwasser mit dem bekannten EU-Bio-Siegel zu bewerben, da dieses eben nur für landwirtschaftliche Erzeugnisse gilt.
Hinweis: Eigentlich gibt es demnach kein „Bio-Wasser“, weil nur Mineralwasser sich als bio bezeichnen darf, nicht aber anderes Trinkwasser, wie zum Beispiel Leitungswasser.
Bio-Wasser: Die Frage nach dem Siegel
Diese Vorgaben des BGH sind nicht sehr streng – ein einheitliches Bio-Siegel könnte mehr Transparenz für Verbraucher:innen schaffen. Auch die Verbraucherzentrale Hamburg beklagt zum Beispiel, dass es immer noch kein staatliches Bio-Siegel mit einheitlichen Kriterien für Mineralwasser gibt.
Im Ergebnis ist ein Streit um die Deutungshoheit entbrannt, in dem vor allem zwei Marktteilnehmer aktiv sind:
„Bio-Mineralwasser“ der Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e.V.:
- Der von Dr. Franz Ehrnsperger (ehemaliger Inhaber der Bio-Brauerei Neumarkter Lammsbräu) mitinitiierte Verein Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e.V. hat knapp 50 Kriterien definiert, die ein Wasser erfüllen muss, um Bio-Mineralwasser zu sein.
- Das Logo sieht folgendermaßen aus: das Wort „bio“, kleingeschrieben, in Dunkelblau mit einem hellblauen Wassertropfen in hellem Blau innerhalb des Buchstabens „o“. Darunter steht klein „mineralwasser“ (siehe Foto).
- Die Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e.V. wird dabei den großen deutschen Bioverbänden (etwa Bioland, Naturland, Demeter und Biokreis) sowie dem Bundesverband Naturkost Naturwaren unterstützt.
- 12 Mineralwasser dürfen das Siegel tragen (Stand 2023), darunter zum Beispiel die beiden regionalen Optionen Neumarkter Lammsbräu „Bio-Kristall“ und Römerwall „Naturbrunnen“.
- Brunnen, die das Siegel tragen wollen, müssen in einem transparenten, unabhängigen und jährlich zu wiederholenden Zertifizierungsprozess nachweisen, dass sie Quellen schonend bewirtschaften und in ihrer Region das Wasser aktiv vor Verschmutzung schützen (unter anderem über die Förderung des lokalen Ökolandbaus). Wer dies nicht nachweisen kann, verliert das Siegel für Bio-Wasser.
- Die Richtlinien und Kontrollen bietet deren Webseite zum Download an.
„Premiumwasser in Bio-Qualität“ von SGS Institut Fresenius GmbH:
- Der Laborkonzern SGS Institut Fresenius GmbH vergibt das Siegel „Premiumwasser in Bio-Qualität“.
- Das Logo ähnelt dem bekannten Logo des Instituts, und wird spezifiziert durch zwei Häkchen rechts davon mit den Stichpunkttexten „Premiummineralwasser mit Bio-Qualität“ sowie „soziale & ökologische Nachhaltigkeit“.
- Auch dieses Siegel verspricht Kriterien zur Produktqualität sowie zur sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit, doch die genauen Anforderungen unterscheiden sich zum Teil von dem des „Bio-Mineralwasser“-Siegels. Die Vorgaben zu Nitrat oder Pflanzenschutzmitteln sind beispielsweise weniger streng.
- Das Wasser Elisabethen-Quelle von Hassia ist neben zum Beispiel mit dem Prüfsiegel „Qualitätssiegel für Premiummineralwasser geprüfte soziale und ökologische Nachhaltigkeit und Bio-Qualität“ vom Fresenius-Institut zertifiziert.
- Der Anforderungskatalog steht auf der Webseite zum Download bereit.
Manche der bei Bio-Mineralwasser e.V. zertifizierten Anbieter beanstandeten, dass sich Konzernmarken wie Volvic (Danone) mit dem „Bio“-Label des SGS Instituts Fresenius schmücken. Danone ist einer der größten Produzenten von Wasser in Einweg-Plastikflaschen, die über weite Distanzen nach Deutschland und in andere Länder transportiert werden. Der dabei entstehende Müll und die CO₂-Emissionen durch den Transport sind alles andere als nachhaltig.
Neumarkter Lammsbräu ging stellvertretend vor Gericht. Volvic verlor und darf das Wasser seitdem nicht mehr als „bio“ bezeichnen. Die Begründung: Das Wasser sei nachbehandelt, um den zu hohen Arsengehalt zu korrigieren – Käufer:innen würden bei dem Werbeversprechen „bio“ jedoch ein unbehandeltes Produkt erwarten.
Kritik am Konzept von Bio-Wasser
Hauptsächlich bemängeln Kritiker:innen, dass es keine einheitliche gesetzliche Regelung dafür gibt, was Bio-Mineralwasser darstellt und was nicht. Auch bezüglich der beiden derzeit genutzten Siegel gibt es Kritikpunkte: Sie berücksichtigen nur zum Teil ökologische Aspekte wie Energieverbrauch, CO₂-Ausstoß beim Transport, und Verpackungsmüll.
Qualitätsunterschied?
Öko-Test warnt davor, dass das gleiche Mineralwasser einmal teurer mit Bio-Segel und einmal billiger ohne Bio-Siegel verkauft werden kann. Waren- sowie ÖkoTests zeigen immer wieder, dass viele herkömmliche Mineralwasser sehr gut abschneiden, während auch Bio-Wasser mitunter durchfallen. Über das Nachhaltigkeitsengagement der Unternehmen sagen solche Laboranalysen nichts aus. Weil das jedoch auch bei Bio-Produkten aus der Landwirtschaft geprüft wird, versuchen die Bio-Siegel für Mineralwasser diese Lücke zu schließen.
Regionalität / Transport
Bei „bio“ denken wohl viele sofort an umweltfreundliche Produkte. In Sachen Regionalität muss das jedoch nicht so sein. Auch Bio-Wasser wird zum Teil nämlich aus französischem Boden gepumpt und abgefüllt, und dann durch ganz Europa transportiert.
Vor allem beim Siegel von Fresenius haben kurze Transportwege keine hohe Priorität: Das Wasser soll lediglich im Großhandel vorwiegend regional verkauft werden – danach wird jedoch europaweit an Endkonsument:innen weiterverkauft. Weil Wasser schwer ist, vor allem, wenn es in Glasflaschen transportiert wird, verbraucht das sehr viel Energie.
Verpackung
Einige Bio-Mineralwasser vermarkten sich eher als Wellness- oder Luxusprodukt denn als simples H₂O. So kommen viele auch in speziell designten Glasflaschen daher. Glas wird oft als umweltfreundlicheres Material wahrgenommen als Plastik – das ist es aber nur unter bestimmten Bedingungen.
Wird es nur einmal benutzt und danach eingeschmolzen, lohnt sich der Tausch von Plastik auf Glas aus Umweltsicht nicht. Flaschen ohne spezielle Form oder Prägung haben eine bessere Chance, auch von anderen Herstellern wiederverwendet werden zu können. Und je öfter eine Verpackung im Mehrweg verwendet wird – ob Glas oder Plastik – desto mehr eingesparte Energie.
Selbst wenn ein Hersteller seine eigenen Flaschen wieder annimmt, müssen diese erst über teils lange Transportwege dorthin gelangen. Wie die Verbraucherzentrale schreibt, sind Mehrweg-PET-Flaschen mit einer Standardform insgesamt die ökologisch günstigere Variante. Für das Bio-Mineralwasser-Siegel der Qualitätsgemeinschaft sind folgende Verpackungen zugelassen: Glasmehrweg, Getränkekartons, PET-Mehrweg- oder bestimmte PET-Kreislaufflaschen.
Unbedingt zu vermeiden sind jedoch Einwegflaschen, die nur einmal benutzt und dann vernichtet werden. Bio-Wasser ist unter dem SGS-Qualitätssiegel von Fresenius auch in solchen Verpackungen zu haben. Eine gesetzliche Regelung für Bio-Wasser könnte zum Beispiel auch eine Mehrwegpflicht für die Getränke festlegen, um dem beizukommen.
ÖkoTest 2023: So schnitten Bio- und andere Mineralwässer ab
ÖkoTest hat im Juni 2023 wieder 50 Mineralwässer auf problematische Stoffe wie Nitrat, Arsen, Bor und Uran getestet. Einige Wässer waren als für Säuglingsnahrung geeignet beworben, einige als Bio-Wasser. Für diese Produkte wurde geprüft, ob die jeweiligen strengeren Vorgaben eingehalten wurden.
Die Ergebnisse: Fast die Hälfte der Mineralwässer schnitten sehr gut ab, darunter auch die meisten Bio-Wässer. Die meisten Testsieger gibt es auch in Mehrweg-Glasflaschen zu haben, denn die Verpackung ist auch ein Kriterium in der ÖkoTest-Bewertung.
Eins von sechs Bio-Wässern schnitt nur „befriedigend“ ab, denn es erfüllt die Vorgaben seines Bio-Siegels von der Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser nicht: Die Radiumwerte lagen im Bad Dürrheimer Medium höher als vorgesehen. ÖkoTest erwähnt jedoch, dass sich aus den dennoch sehr niedrigen Radiumwerten keine Gesundheitsschäden erwarten ließen.
Die Resultate des Tests legen auch nahe, bei der Zubereitung von Säuglingsnahrung nicht allein auf eine diesbezügliche Auslobung seitens der Hersteller zu achten: Berg Quellen Medium sowie Oppacher Medium, beide als für Säuglinge geeignet beworben, schnitten jeweils nur mit ungenügend beziehungsweise mangelhaft ab. In beiden war das Nitrat leicht erhöht. Das Berg Quellen Medium von Markengetränke Schwollen hat außerdem erhöhte Werte des krebserregenden Chrom(VI). Die gesetzlichen Höchstwerte für die besondere Auslobung als säuglingsgeeignet überschreiten die beiden Mineralwässer damit jedoch nicht.
Fazit: Lieber Leitungswasser trinken
Bio-Wasser ist Mineralwasser von besonderer Qualität. Es kann teilweise transparent nachweisen, dass es nachhaltig ist und dass es klaren Kontrollen für Höchstgrenzen unterliegt. Das kann Kund:innen helfen, sich im Dschungel von Mineralwasser zu orientieren.
Eine einheitliche Kennzeichnung für „Bio-Wasser“ mit klaren staatlichen Richtlinien wäre ein sinnvoller nächster Schritt. Das könnte beim Einkauf helfen, um die verschiedenen Mineralwasser untereinander sinnvoll und transparent vergleichen zu können. Und das nicht nur bezüglich des Inhalts, sondern auch dahingehend, ob das Mineralwasser aus der Region kommt. Auch der Vorsitzende der Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser würde ein staatliches Bio-Siegel mit einheitlichen Kriterien für Mineralwasser eigener Aussage nach begrüßen.
Auch das Leitungswasser in Deutschland unterliegt strengen und regelmäßigen Kontrollen und ist von sehr guter Qualität – und nachhaltiger als so gut wie jedes Mineralwasser. Bist du es nicht gewohnt, Leitungswasser zu trinken oder dir bezüglich der Qualität an deinem Wohnort unsicher, sieh dir unsere Ratgeber zum Thema an:
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