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Chanten: So einfach kannst du damit loslegen

chanten
Foto: CC0 / pexels / benwhitephotography

Beim Chanten kommen Musik und Achtsamkeit zusammen: Wir erklären dir, was genau das ist, wie du selber chanten kannst und wieso diese Praxis so wirkungsvoll ist.

Chanten – Was ist das?

Chanten bezeichnet das rhythmische wiederholte Rezitieren oder Singen von Silben, Wörtern oder Phrasen – meist verbunden mit spirituellen oder religiösen Elementen. Der Begriff kommt vom englischen „chant”, was zu Deutsch „singen” bedeutet. Wir reden aber auch von Chanten, wenn wir die Phrasen nur still im Kopf wiederholen.

Das Chanten ist Teil vieler Kulturen und Religionen, etwa im südamerikanischen Schamanismus, unter den Indigenen Australiens, im Sufismus oder im Yoga.

Was ist Chanten?

Wie eine wissenschaftliche Publikation aus 2021 beschreibt, soll die Praxis in der Regel dazu dienen, die Gemeinschaft zu stärken, Krankheiten zu heilen und psychologische und emotionale Schwierigkeiten zu überwinden. Dabei soll das Chanten mystische Erfahrungen oder veränderte Bewusstseinszustände herbeiführen, durch die es zu euphorischen Gefühlen, einer verzerrten Wahrnehmung von Raum und Zeit und Bewusstseinsveränderungen kommen kann. So soll Chanten zu mehr Achtsamkeit, Gesundheit und Wohlgefühl verhelfen können. 

Obwohl Chanten tief verwurzelt in vielen spirituellen und religiösen Gemeinden ist, ist die Praxis sehr einsteiger:innenfreundlich und kann auch ganz ohne religiöse Hintergrunde geschehen. So wird heutzutage auch auf alternativen Festivals, in Yogastunden oder in Form von Kakaozeremonien zum gemeinsamen Chanten eingeladen.

Chanten: Hinweise für Beginner:innen

Beim Chanten kommt es mehr auf die innere Haltung an, nicht auf die musikalische Performance.
Beim Chanten kommt es mehr auf die innere Haltung an, nicht auf die musikalische Performance.
(Foto: CC0 / pexels / israwmx)

Im Grunde genommen kannst du auf jeden Klang, jedes Wort, jede Silbe oder jede Phrase meditieren, indem du diese immer wieder wiederholst: Ob still im Kopf gesagt, laut ausgesprochen oder gesungen, würde man  dann von Chanten sprechen. Damit ist die Praxis stark mit der Mantra-Meditation verbunden, die eine Form des Chanten darstellt.

Bevor wir dir verschiedene Mantras und Übungen zum Chanten vorstellen, noch ein paar einleitende Hinweise:

  • Das Chanten ist eine Form der Achtsamkeit oder spirituellen Übung. Nimm dir also den nötigen Raum und Zeit, um ganz präsent zu sein.
  • Am besten gestaltest du dir Bedingungen wie bei einer Meditation: Suche dir einen geeigneten Ort oder richte dir eine Meditationsecke zu Hause ein.
  • Finde den richtigen Meditationssitz, mit dem du leicht und stabil aufrecht sitzen kannst. Natürlich kannst du aber auch im Stehen, im Tanz oder im Gehen chanten.
  • Du kannst ganz für dich alleine chanten oder auch in Gemeinschaft, wie es in vielen Kulturen und Religionen praktiziert wird. Du kannst also mit einem/r Freund:in, Familienmitglied oder einer ganzen Gruppe chanten. Wenn du alleine zu Hause bist, kannst du auch mit einem passenden Lied oder geführter Mantra-Meditation mitsingen.
  • Beim Chanten kommt es vor allem auf die innere Haltung und Achtsamkeit an. Wenn du dich zum gesungen Chanten entscheidest, geht es nicht um musikalische Performance. Mach dir also keine Sorgen, ob du die richtigen Noten triffst oder nicht.
  • Generell kann Chanten eine lockere und spielerische Angelegenheit sein – oder auch eine tiefgehende, fast schon ernsthafte Praxis. Chanten ist sehr vielfältig und kann für jeden und jede hilfreich sein. Demnach kannst du auch nur zwei Minuten oder gar mehrere Stunden am Stück chanten.

Einfache Chants zum Ausprobieren

Du kannst Chants mit musikalischer Begleitung singen - oder auch still in deinem Kopf wiederholen.
Du kannst Chants mit musikalischer Begleitung singen – oder auch still in deinem Kopf wiederholen.
(Foto: CC0 / unsplash / jefflssantos)

Wenn du das für dich richtige Setting gefunden hast, kann es mit dem Chanten schon losgehen. Wir stellen dir nachfolgend fünf verschieden Chant-Praktiken aus unterschiedlichen Bereichen vor:

  1. Einsilbige Mantras: Das wohl berühmteste Mantra zum Chanten ist das „OM” oder auch „AUM”, das als Ursilbe des Universums betrachtet wird. Das Mantra ist sowohl im Yoga als auch im Buddhismus verbreitet und sehr wichtig. Achte beim Aufsagen oder Singen auf die Schwingungen, die im Körper entstehen: Wenn du das „A-U-M” chantest, kannst du beobachten, wie die Vibration von der Brust, in den Hals bis zum Kopf steigt. Neben dem OM gibt es auch weitere einsilbige Mantras wie „RAM” oder „LAM”, die als Bija-Mantras bezeichnet werden und zur Chakra-Meditation dienen dürfen.
  2. Sanskrit-Mantras: Sanskrit ist eine altindische Sprache, die vor allem in yogischen Praktiken angewandt wird. Aus dieser gibt es viele Mantras, die zum Teil weltbekannt sind, z.B. das „Lokah Samastah Sukhino Bhavantu”. Übersetzen lässt sich das Mantra mit „Mögen alle Wesen glücklich und frei sein.” Beim Chanten dieses Mantras geht es also um Mitgefühl und Nächstenliebe, wodurch du Empathie lernen kannst. 
  3. Buddhistische Mantras: Auch im Buddhismus ist Chanten eine wichtige spirituelle Praxis. Das bekannteste buddhistische Mantra ist das „OM MANI PADME HUM”, das ebenfalls Mitgefühl allen lebenden Wesen gegenüber ausdrücken soll. Beim Chanten dieses Mantras solltest du besonders auf die klare Aussprache jeder Silbe achten. Zusätzlich kannst du dabei visualisieren, wie eine weiße Lotusblume in der Brust der Menschen aufblüht, für die du dieses Mantra chantest – gerne auch in deinem eigenen Brustraum.
  4. Affirmationen: Auch positiv-affirmative Bestätigungen kannst du beim Chanten ausdrücken. In welcher Sprache, bleibt dir überlassen. So kannst du etwa „Ich bin”, „Ich liebe die Welt und die Welt liebt mich” oder „I am pure light and love” chanten. Du kannst die gesungenen oder gesprochenen Chants auch für bestimmte Themen wie Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen oder Selbstliebe nutzen. Mehr zum Thema: Positive Affirmationen: So verhilfst du dir zu Motivation und Selbstbewusstsein.
  5. Chanten mit Atmung: Wie bei jeder Form des Sprechens und Singen, atmest du auch beim Chanten automatisch rhythmisch. Da sich die Chants wiederholen, kannst du so einen gleichmäßigen Atemrhythmus aufbauen und leichter in eine Meditation oder Trance fallen. Im Kundalini-Yoga gibt es dazu zum Beispiel das Mantra „SAT NAM”, das in diesem Falle nur innerlich gedacht wird: Beim Einatmen vokalisierst du innerlich „SAT”, beim Ausatmen „NAM”. Du wirst merken, dass sich dein Verstand so leicht entspannen kann. So kannst du Chanten mit Atemübungen kombinieren.

Chanten: Wirkung und wissenschaftliche Studien

Chanten ist in vielen Kulturen eine spirituelle Praxis. Die gesundheitlichen Vorteile sind inzwischen zum Teil wissenschaftlich belegt.
Chanten ist in vielen Kulturen eine spirituelle Praxis. Die gesundheitlichen Vorteile sind inzwischen zum Teil wissenschaftlich belegt.
(Foto: CC0 / Pixabay / jiva75)

Generell ist Chanten eine Form der Meditation und hat damit auch ähnliche Wirkungen: Durch das Chanten beruhigt sich der Geist, Stressgefühl und -hormone werden abgebaut und es schafft sich innerer Raum für Klarheit und Fokus. Wie erwähnt, wird Chanten in einigen Kulturen und Religionen auch speziell genutzt, um mystische oder veränderte Bewusstseinszustände herbeizuführen.

Teilweise können sich beim Chanten Emotionen lösen und etwa Gefühle von Euphorie oder des Berührtseins  auftreten. Vor allem wenn du in der Gruppe chantest, entsteht meist ein Gefühl von sozialer Zusammengehörigkeit und tieferem Sinn der Gemeinschaft.

Natürlich kannst du das Chanten auch deiner religiösen oder spirituellen Praxis widmen, um etwa ins Gebet zu gehen oder dich mit dem Göttlichen oder Gottheiten zu verbinden.

Inzwischen gibt es auch zunehmend mehr wissenschaftliche Forschungen zum Chanten. Die Studienlage bestätigt mittlerweile einige der positiven Effekte, etwa:

  • Die eingangs erwähnte Studie von 2021 untersuchte vor allem die mystischen Erfahrungen, zu denen es beim Chanten kommen kann. Den Forscher:innen zufolge können diese gleichermaßen beim stillen und vokalisierten Chanten, beim individuellen und gemeinschaftlichen Chanten auftreten. Aufmerksamkeit, Synchronie, Rhythmus, Wiederholung und Glaube seien die entscheidenden Faktoren, die zu mystischen Erfahrungen führen können. Derartige mystische Erfahrungen können teilweise das Leben der Praktizierenden nachhaltig verändern und verbessern.
  • Laut der Studie werden vor allem beim gemeinschaftlichen Chanten in der Gruppe die Neurohormone Dopamin, Serotonin und Oxytocin ausgeschüttet. Dadurch verbessert Chanten die Stimmung und führt zu sozialem Zugehörigkeitsgefühl.
  • Die Forscher:innen beobachteten bei den Probanden verstärkte Selbstbewusstheit, verringerte depressive Stimmungen, ein Gefühl von Frieden und Einheit sowie eine altruistische Einstellung.
  • Eine Studie von Dezember 2023 hat speziell untersucht, welche Wirkung das „OM” -Chanten hat. Das Ergebnis: Durch nur zwölfminütige Sitzungen wurde das Stresslevel der Proband:innen spürbar und messbar verringert, sowohl bei der stillen als auch bei der vokalisierten Praxis.
  • Ebenfalls das OM-Chanten untersucht hat eine Forscher:innen-Gruppe aus Indien: In ihrer Studie fanden diese heraus, dass selbst fünfminütiges Chanten der Silbe die Aktivität des parasympathischen Nervensystems steigert und zu mehr Entspannung und Gelassenheit führt. Unter den Proband:innen, die sonst auch Yoga praktizierten, war diese Wirkung besonders stark.
  • In einer weiteren Studie wurden den Proband:innen beängstigende Bilder gezeigt, während sie religiöse bzw. nicht-religiöse Mantras rezitiert oder in der Kontrollgruppe gar nicht gechantet haben. Das Ergebnis: Das Chanten von religiösen Mantras scheint eine Art emotionalen Schutz zu bieten, denn diese Proband:innen wurden von den negativen Bildeindrucken weniger beeinflusst. Übrigens: Das Wort „Mantra” kommt aus dem Sanskrit und bedeutet „den Geist schützen” (manas = Geist, tram = Schutz). Eine andere Studie von 2022 bestätigt diese Wirkung für das OM-Chanten.

Du siehst also: Chanten ist nicht nur eine schönes Hobby für die Freizeit, sondern kann auch eine tiefgehende spirituelle Erfahrung und heilsame Praxis sein. 

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