Die Energiewende in Deutschland ist mehr als nur „Atomkraft? Nein Danke“. Auch Energieversorger und Industrie müssen mit anpacken und die Stromversorgung auf erneuerbare Energien umstellen – sonst wird Deutschland die Klimaziele von Paris nicht erreichen.
Energiewende in Deutschland: Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom
Ohne Strom funktioniert nichts in unserem täglichen Leben, daher muss die Stromversorgung immer sicher sein. Der Strommix in Deutschland besteht derzeit zu 45 Prozent aus erneuerbaren Energien, dazu kommen 16 Prozent aus Braunkohle, 7,5 Prozent aus Steinkohle und 11 Prozent aus Kernenergie. Die letzten drei Quellen sind problematisch:
- Kohlekraftwerke setzten Treibhausgase frei (CO2-Emissionen), die für die Klimaerwärmung verantwortlich sind.
- Atomkraftwerke sind unsicher, außerdem ist die Endlagerung von atomarem Müll noch immer ein ungelöstes Problem für die Umwelt.
Diese Probleme sind spätestens seit den 1970er Jahren bekannt, doch erst 2001 verabschiedete die damalige Bundesregierung das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Gesetz zur Energiewende:
- Das Ziel dabei ist, die alten umweltschädlichen Kohle- und Atomkraftwerke abzuschalten und stattdessen den Strom durch saubere Energiequellen zu erzeugen.
- Dieser Umbau soll stufenweise bis 2030 erfolgen.
Unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe in Japan 2011, hat der Atomausstieg Vorrang vor dem Kohleausstieg bekommen. Dieser ist aber genauso wichtig, um eine weitere Klimaerwärmung zu verhindern.
Das Klimaschutzabkommen von Paris setzt dazu verbindliche Ziele für CO2-Emissionen, um so weltweit gegen die Erderwärmung vorzugehen. Der erste Schritt sieht vor, die CO2-Emissionen bis 2030 um 40% zu reduzieren.
Hinweis: Im Hinblick auf die CO2-Emissionen gilt der unsichere Atomstrom oftmals als CO2-neutral. Dabei wird außer Acht gelassen, dass bei der Uranproduktion für die Brennstäbe sowie deren Transport durchaus Treibhausgase entstehen.
Energiewende durch Förderung von „grünem Strom“
CO2-freie Stromerzeugung setzt auf Energiequellen, die sich erneuern können und keine anderen Umweltschäden verursachen. Den Bau solcher Anlagen unterstützt das EEG durch eine Förderung.
Die hauptsächlich geförderten Energiequellen sind:
Die Betreiber der Anlagen können den Strom an Energieversorger verkaufen und erhalten dafür eine Einspeisevergütung, die so einen Anreiz schafft, um weiterhin solche Anlagen zu bauen.
Die Förderung im EEG richtet sich sowohl an Privatleute als auch an Investor:innen.
- Private Haushalte erzeugen meist mit einer Photovoltaikanlage auf dem Hausdach Strom, den sie selbst verbrauchen.
- Dagegen investieren professionelle Betreiber in Wind- oder Solarparks, bei denen der Stromverkauf im Vordergrund steht. Für diese großen Anlagen sieht die Neufassung des EEG ein Bieterverfahren vor, bei dem es eine „Auktion“ um den niedrigsten Fördersatz gibt.
Energiewende in Deutschland: Die Herausforderungen
Es reicht nicht nur, die Energiequellen auszutauschen, auch der Transport des Stroms zu den Verbraucher:innen stellt neue Anforderungen an die Netzbetreiber.
- Der Stromtransport erfolgte bislang zentral vom Kraftwerk zu den privaten Verbraucher:innen und Industriebetrieben der Umgebung.
- Die Stromproduktion durch erneuerbare Energiequellen, wie Windkraft und Photovoltaikanlagen, ist dagegen dezentral. Es gibt viele Anlagen im Land verteilt, die im Vergleich zu einem Kraftwerk weniger Strom produzieren, jedoch in ihrer Summe eine vergleichbare Leistung bringen.
- Die Netzbetreiber stehen vor der Aufgabe, die Stromleitungen auf eine weit verzweigte Stromproduktion umzubauen.
Energiewende: Modernisierung des Stromnetzes
Sonne und Wind sind nicht immer gleich stark, daher schwankt die Stromproduktion je nach Wetter und Tageszeit.
Zudem können Produktion und Verbrauch zeitlich auseinander liegen. Solaranlagen beispielsweise erzeugen tagsüber viel Energie, jedoch verbrauchen private Haushalte abends den meisten Strom.
- Um diese Schwankungen besser zu überbrücken, sind Speichersysteme ein wichtiger Baustein im Stromnetz. Private Photovoltaikanlagen arbeiten heute schon oft mit kleineren Batteriespeichern und können so den Solarstrom besser nutzbar machen. Künftig werden größere und leistungsfähigere Speicher benötigt. Diese Speicher arbeiten mit Wasserstoff oder Gasen, um Energie zu speichern.
- Intelligente Netze (Smart Grid) sollen die Stromverteilung besser steuern und Engpässe vermeiden. Digitale Stromzähler stehen in direkter Verbindung untereinander und steuern so flexibel den Stromtransport durch die Netze.
Für die Modernisierung und den Ausbau der Netze besteht noch großer Investitionsbedarf.
Vermeidung von Stromengpässen
Die Energiewende kann nur erfolgreich sein, wenn auch nach dem Umbau die Energieversorgung sichergestellt ist. Die Haushalte und die Industrie müssen immer ausreichend mit Strom versorgt sein. Speicher und moderne Netze können die Schwankungen weitestgehend ausgleichen. Doch ein Risiko bleibt, dass doch mal ein Engpass entsteht.
Zur Sicherheit für solche unvorhergesehenen Versorgungsengpässe stehen Gaskraftwerke bereit, um kurzfristig einzuspringen.
- Die Kraftwerke sind nicht aktiv, sondern sollen erst im Notfall Strom erzeugen. Dieser „Stand-By-Betrieb“ stellt neue Anforderungen an die Technik der Kraftwerke, die bislang auf einen konstanten Betrieb ausgelegt waren.
- Der Betrieb dieser Kraftwerke kann sich künftig nicht nur über den verkauften Strom finanzieren. Neue Konzepte müssen entwickelt werden, die auch den „Stand-By“-Service einbeziehen.
Die Stromversorgung zu sichern, gelingt besser, wenn wir insgesamt weniger Energie verbrauchen.
- Die Bundesregierung hat dazu Förderprogramme zur Modernisierung von Heizungen beschlossen. Auch der energieeffiziente Hausbau, der auch Sanierungen von Altbauten einbezieht, soll gefördert werden.
- Neue energieeffiziente Geräten senken den Stromverbrauch in den privaten Haushalten.
Energiewende und Pariser Abkommen
Die Energiewende kann nicht nur in privaten Haushalten stattfinden, auch deutsche Industriegroßkonzerne müssen an den gemeinsamen Zielen mitarbeiten.
Vor allem die Metall- und Chemieindustrie benötigen in der Produktion große Mengen Strom. Bislang setzen sie immer noch auf die konventionellen Kraftwerke. Dadurch kommt der Umbau auf grüne Energiequellen nur sehr langsam voran.
In ihren Zielen zur Energiewende schreibt die Bundesregierung auch mit Rücksichtnahme auf die Wirtschaft: Die Energiewende darf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in Deutschland nicht gefährden. Mit dieser Sonderregel kann die Industrie in Deutschland die Energiewende hinauszögern.
Deutschland hat schon jetzt seine Spitzenposition bei den erneuerbaren Energien eingebüßt. Längst erzeugen China und die USA mehr Strom aus erneuerbaren Energien als Deutschland, auch Indien holt schnell auf.
McKinsey erstellt halbjährlich einen CO2-Index, in dem sie mit 14 Faktoren den Fortschritt bei den CO2-Einsparungen verfolgen. Deutschland kommt hier weder im internationalen Vergleich noch im europäischen unter die Spitzenplätze.
- Vor allem durch den unzureichenden Netzausbau verlor Deutschland im internationalen Vergleich.
- Die Strompreise für Haushalte in Deutschland sind stärker gestiegen als der europäische Durchschnitt. Dagegen sank der Preis für Industriestrom stärker als im europäischen Durchschnitt.
- Die Anzahl an Arbeitsplätzen bei erneuerbaren Energien liegt gerade noch im Zielkorridor.
Nicht nur durch die McKinsey-Studie ist klar, dass Deutschland in dem bisherigen Tempo die gesetzten Ziele nicht erreichen kann.
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