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Gesunde Grenzen setzen: So kannst du sie auch einhalten

Grenzen setzen
Foto: CC0 / Pixabay / StockSnap

Grenzen setzen zu können ist eine der wichtigsten Fähigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen. Hier erfährst du, wie du deine eigenen Grenzen spüren, setzen und einhalten kannst.

Grenzen zu setzen und sie auch einzuhalten ist die Grundlage für gesunde Beziehungen. Das gilt nicht nur für deine Beziehungen mit Freund:innen, romantischen Partner:innen und Familienangehörigen, sondern genauso für deine beruflichen Beziehungen. Doch warum ist diese Fähigkeit so wichtig?

  • Deine Grenzen zu spüren, bedeutet zu spüren, was für dich passt und was für dich nicht passt. Basierend darauf kannst du Entscheidungen treffen, die in der Summe zu einem Leben führen, das dir entspricht und dich erfüllt. 
  • Wenn du in einer zwischenmenschlichen Beziehung ständig über deine Grenzen gehst, ist die langfristige Konsequenz, dass du gegenüber der anderen Person eine Ablehnung entwickelst. Du nimmst es ihr übel, dass du wiederholt Dinge tust, die du gar nicht tun willst. Solange du deine Grenzen jedoch nicht kommunizierst, weiß dein Gegenüber oftmals gar nicht, dass sie überschritten werden. 
  • Anhaltender Stress, der durch nicht gesetzte Grenzen entsteht, könnte im schlimmsten Fall zu emotionalen oder psychischen Problemen führen. Informiere dich beispielsweise über Burnout-Prävention oder zu Symptomen von Depressionen, falls du das Gefühl hast, dass dich der Druck überwältigt. 

Wichtig: In manchen Beziehungen, wie beispielsweise im Fall von häuslicher Gewalt, ist es kaum möglich und teilweise sogar gefährlich, Grenzen zu setzen. Solltest du dich in einer solchen Situation befinden, raten wir dir dringend, die Beziehung mithilfe von professioneller Unterstützung so schnell wie möglich zu beenden. Auf der Webseite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend findest du eine Übersicht aller Organisationen, bei denen du dir Hilfe holen kannst.

Grenzen setzen: So kannst du sie spüren

Um Grenzen setzen zu können, brauchst du eine gute Verbindung zu deiner Intuition.
Um Grenzen setzen zu können, brauchst du eine gute Verbindung zu deiner Intuition.
(Foto: CC0 / Pixabay / EnergieDeVie)

Nur wenn du in der Lage bist, deine Grenzen zu spüren, kannst du sie auch setzen. Und nur wenn du deine Grenzen mit Klarheit setzen kannst, können andere sie auch respektieren. 

Um deine Grenzen zu spüren, ist es wichtig, dass du eine gute Verbindung zu deiner Intuition, auch bekannt als dein Bauchgefühl, entwickelst. Mit deiner Intuition kannst du dich am besten über den Körper verbinden. Dabei hilft dir die folgende Übung, die frei nach dem körpertherapeutischen Konzept des Somatic Experiencing nach Peter A. Levine abgeleitet ist:

  1. Setze dich an einen ruhigen Ort. Schließe deine Augen und atme ein paar Mal tief ein und aus, bis dein Körper zur Ruhe kommt.
  2. Denke dann an eine zwischenmenschliche Situation, in der du möglicherweise eine Grenze setzen willst. Das kann beispielsweise die Frage sein, ob du am Wochenende auf eine Party gehen möchtest, auf die du eingeladen wurdest. Ein weiteres Beispiel wäre die Frage, ob du die Kapazität hast, einem Freund beim Umzug zu helfen.
  3. Fühle in deinen Brust- und Bauchraum: Zieht sich beim Gedanken an die Party/den Umzug etwas in dir zusammen und du fühlst dich angespannt? Oder ist da ein Gefühl von Weite, Entspannung und Ruhe? Ersteres ist deine Intuition, die „Nein“ sagt. In diesem Fall solltest du abwägen, ob du die Einladung zur Party/die Hilfe beim Umzug vielleicht lieber absagst. Die zweite Empfindung kannst du als intuitives „Ja“ deuten – du hast ausreichend Kapazität für die Party/den Umzug.
  4. Präge dir die unterschiedliche Qualität der beiden Empfindungen ein, sodass du in jeder Situation erkennen kannst, ob deine Intuition „Ja“ oder „Nein“ sagt. 

Auch im Nachhinein zeigt dir deine Intuition, ob deine Grenzen überschritten wurden: Wenn du an die entsprechende Situation zurückdenkst, hast du ein ungutes, angespanntes Gefühl im Körper. In diesem Fall lohnt es sich, deine Grenzen nachträglich zu kommunizieren. Wie du deine Grenzen anderen mitteilen kannst, erfährst du im nächsten Absatz.

Grenzen setzen: Die richtige Kommunikation

Beim Setzen von Grenzen kommt es auf die richtige Kommunikation an.
Beim Setzen von Grenzen kommt es auf die richtige Kommunikation an.
(Foto: CC0 / Pixabay / aitoff)

Sobald du ein klares Gespür für deine Grenzen entwickelt hast, kannst du sie setzen. Versuche dabei, ruhig, bestimmt und konsequent zu sein. Dein Gegenüber sollte merken, dass es dir wirklich ernst ist. Bei der Formulierung der Grenze könnte es für dich hilfreich sein, dich am Prinzip der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg zu orientieren. Auch die folgenden Beispiele können dir helfen:

  • „Ich bin am Samstagabend nicht verfügbar. Sagt mir gern Bescheid, wenn ihr das nächste Mal eine Party veranstaltet.“
  • „Diese Woche passt für mich nicht so gut, um dir beim Umzug zu helfen. Ich könnte stattdessen nächste Woche dabei helfen, deine Möbel aufzubauen.“
  • „Danke, dass Sie mir die Leitung dieses Projekts übertragen wollen. Ich habe neben meinen anderen Aufgaben jedoch im Moment keine Kapazität, diese Verantwortung zu übernehmen.“
  • „Die Trennung ist herausfordernd für mich. Ich möchte bitte keinerlei Informationen über meine:n Ex von dir bekommen.“
  • „Ich brauche gerade keine Ratschläge, sondern nur, dass du mir zuhörst.“
  • „Ich möchte darüber gerade nicht reden.“
  • „Ich fühle mich nicht wohl damit, wenn du Witze auf meine Kosten machst. Bitte hör auf damit.“
  • „Nein, danke.“

Tipp: Wenn es sehr neu für dich ist, deine Grenzen zu setzen, ist es völlig in Ordnung, in kleinen Schritten zu üben. Sollte es sich beispielsweise zu herausfordernd für dich anfühlen, in einem persönlichen Gespräch eine Grenze zu setzen, kannst du sie auch erstmal in einer E-Mail, Text- oder Sprachnachricht kommunizieren.  

Grenzen setzen und wirklich einhalten

Grenzen setzen zu können ist eine der wichtigsten Grundlagen für Beziehungen.
Grenzen setzen zu können ist eine der wichtigsten Grundlagen für Beziehungen.
(Foto: CC0 / Pixabay / chermitove)

Du wirst merken: Die meisten Menschen werden deine Grenzen problemlos akzeptieren. Grenzen zu setzen ist dabei wie ein Muskel, den du trainierst. Je öfter du es tust und je mehr positive Reaktionen deines Umfelds du erlebst, desto leichter wird es dir fallen.

Sollte es jedoch Personen geben, die verärgert auf deine kommunizierte Grenze reagieren oder sie sogar missachten, bedeutet das nicht, dass die Grenze selbst falsch ist. Im Gegenteil: Die negative Reaktion deines Gegenübers sagt eher etwas darüber aus, dass er/sie eigennützig davon profitiert, wenn du deine Grenzen nicht setzt. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass du in einer ungesunden Beziehung, beispielsweise in einer toxischen Freundschaft steckst.

In diesem Fall ist es umso wichtiger, dass du konsequent bleibst. Die folgenden Formulierungen können dir dabei helfen. Sie sind bewusst als „A und B“-Aussagen verfasst, anstelle von „A, aber B“, um zu signalisieren, dass deine Meinung und die der anderen Person parallel existieren können:

  • „Es klingt, als würde dir meine Antwort nicht gefallen, und ich werde sie nicht ändern.“
  • „Es stimmt, dass ich dieses Verhalten in der Vergangenheit toleriert habe. Und meine Bedürfnisse haben sich inzwischen geändert.“
  • „Ich höre, was du sagst, und meine Antwort ist immer noch Nein.“
  • „Ich bin nicht bereit dazu, mit dir über meine Grenze zu diskutieren.“

Wichtig: Gerade am Anfang kann es vorkommen, dass du deine eigenen Grenzen anzweifelst, insbesondere wenn jemand negativ auf sie reagiert. In diesem Fall ist es hilfreich, mit einer Person, der du vertraust und die idealerweise selbst gut im Setzen von Grenzen ist, darüber zu sprechen und dich in deiner Grenze validieren zu lassen. Das kann ein Freund oder eine Freundin sein, dein:e Partner:in, Familienangehörige oder auch ein:e Therapeut:in. Mit mehr Übung wirst du selbstsicherer werden und die Rückversicherung, dass deine Grenze okay ist, nicht mehr brauchen.

Grenzen setzen: Darum fällt es manchen so schwer

Grenzen zu setzen ist für manche sehr herausfordernd.
Grenzen zu setzen ist für manche sehr herausfordernd.
(Foto: CC0 / Pixabay / xusenru)

Manchen Menschen fällt es schwerer als anderen, ihre Grenzen zu setzen. Die Gründe dafür sind vielfältig und können in frühkindlichen Prägungen verborgen liegen:

  • Du hast Angst vor Liebesentzug und Ablehnung, wenn du eine Grenze ziehst.
  • Du möchtest andere Menschen nicht enttäuschen.
  • Du vermeidest Konflikte und Auseinandersetzungen um jeden Preis. 
  • Immer verfügbar zu sein, gibt dir das Gefühl, wichtig zu sein und gebraucht zu werden.
  • Du stellst die Bedürfnisse anderer über dein eigenes Wohlbefinden. Lies mehr über das sogenannte Helfersyndrom in unserem Ratgeber zum Thema.

Es kann herausfordernd sein, diese Verhaltensmuster selbstständig zu verändern. Wenn du merkst, dass es dir trotz mehrerer Versuche nicht gelingt, gesunde Grenzen zu setzen und einzuhalten, könnte es ratsam sein, dich bei diesem Prozess professionell von einem Therapeuten/einer Therapeutin unterstützen zu lassen. 

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