Glitzer verziert Deko, Glückwunschkarten und Kleider, Körper, Nägel und Essen und noch immer scheint sich der Trend weiter auszubreiten. Dabei ist nicht alles Gold, was glitzert: Die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit sind mindestens fragwürdig.
Glitzer-Makeup, Glitzer auf dem Kleid, Glitzer auf der Haut und im Haar und verstörenden Gerüchten zufolge sogar Glitzer in der Vagina – dazu ein Glitzer-Muffin und ein Glitzer-Cappuccino, schick ist das, oder?
Ob es einem gefällt oder nicht: Glitzer oder auch Glitter hat seinen Weg aus den Kinderzimmern und Faschingsverkleidungen erst auf die Laufstege und Instagram gefunden und ist nun zum hartnäckigen Alltagstrend geworden.
Wie die meisten Trends – wenn sie nicht gerade lebensgefährlich sind – finden offenbar viele Menschen den Glitzer-Hype großartig, wahrscheinlich ebenso viele nervig und noch viel mehr Leuten ist er einfach egal. Wenn man aber etwas weiter blickt als auf die eh nicht zu beantwortende Frage der Ästhetik, sollte die Glitzerei uns nicht ganz einerlei sein.
Glitzer besteht aus Plastik
Endlich beginnen wir, über die Plastikverschmutzung in den Meeren zu sprechen, endlich gewöhnen wir uns daran, auf Plastiktüten zu verzichten und endlich gibt es die ersten Mikroplastik-Verbote für Kosmetika – und da entsteht ein Trend, der aus rein ästhetischen Gründen winzige Plastikpartikel in der Umwelt verteilt.
Eigentlich sollte es nicht überraschen: Das meiste, was derzeit so als „Glitzer“ oder „Glitter“ auf dem Markt ist, besteht aus oder enthält Plastik. Die kleinen Partikel werden meistens aus Kunststoff oder mit Kunststoff beschichtetem Aluminium gemacht. Die Glitter-Teilchen werden üblicherweise hergestellt, indem sie aus großen Folien herausgestanzt werden, die mit Lacken, Farben und Metallen beschichtet sind.
Verschiedene Hersteller bieten dabei verschiedene Glitzer-Arten mit den unterschiedlichsten Größen, Farben und Anwendungen an – es gibt sie aus Aluminium, aus diversen Kunststoffen wie etwa PVC, PET und Polyester sowie aus Kombinationen daraus, als Deko, zum Basteln, als Bestandteil von Baumaterialien und Kunststoffen, als Glitzerstaub, als Sprays und als Kosmetikzusatz.
Was Glitzer für die Umwelt bedeutet
Was fast alle verwendeten Materialien gemeinsam haben: Sie sind nicht biologisch abbaubar und stellen daher, wenn sie in die Umwelt gelangen, ein ernstes Problem dar. Und dass sie in die Umwelt gelangen, lässt sich bei winzigen herumflatternden Plastikpartikeln kaum vermeiden – und wird speziell bei Kosmetikprodukten, die beim Abwaschen ins Abwasser gelangen, billigend in Kauf genommen.
Insbesondere die winzigen Kunststoffpartikel, die mit Kosmetikprodukten im Abwasser landen können derzeit von vielen Kläranlagen nicht aus dem Wasser gefiltert werden und gelangen so in offene Gewässer und mit dem Klärschlamm auch auf die Felder.
Genau wie anderer Plastikmüll und Mikroplastik können die Partikel in der Umwelt in die Nahrungskette von Lebewesen wie Fischen, Vögeln und Meeressäugetieren geraten. Kleine Kunststoffpartikel gefährden dabei nicht nur die Gesundheit und das Leben von vielen Tieren – wenn es blöd läuft, landen sie mit den Tieren auch auf unseren Tellern.
Auf Nachfragen, wie sie selbst die Umweltauswirkungen einschätzten, bekamen wir von Glitter-Herstellern keine Antwort.
„Glitzer ist Mikroplastik“
Über Mikroplastik in Kosmetika wird aufgrund der bekannten Probleme bereits seit Jahren diskutiert, die meisten Hersteller versuchen mehr oder weniger überzeugend, die Kunststoffpartikel aus ihren Produkten zu entfernen. Großbritannien verbietet gar inzwischen Produkte, die Mikroplastik enthalten.
Doch was Glitzer in seinen verschiedenen Anwendungen angeht, fehlt es offenbar noch an Sensibilität, sowohl bei den Herstellern, als auch bei den Verbrauchern. Die neuseeländische Wissenschaftlerin Dr. Trisia Farrelly, Umweltanthropologin an der Universität von Massey, fordert bereits, man solle auch Glitter untersagen: „Ich glaube sämtlicher Glitzer sollte verboten werden, denn es ist Mikroplastik“, sagt sie dem britischen „Independent“ 2017.
Nun ist Glitzer trotz des weltweiten Trends mengenmäßig nicht mit anderen Plastikprodukten vergleichbar und damit keines der ganz großen Probleme. Doch es trägt eben zum Problem der Plastik- und Müllverschmutzung bei und darum sollte man es auch nicht einfach ignorieren.
Alternative „Bio-Glitzer“?
Weil wir nicht die ersten sind, die das Umweltproblem erkannt haben, gibt es inzwischen schon biologisch abbaubaren Glitter – von manchen Hersteller sogar „Bio-Glitzer“ genannt.
Einige Hersteller schreiben, die Glitzerteilchen würden aus Pflanzencellulose hergestellt, bei anderen lässt sich zumindest vermuten, dass es sich um eine Art von Biokunststoff handelt. Eine Web-Recherche zeigt jedoch, dass viele Hersteller gar nicht verraten, woraus die Glitzerteile bestehen und auch auf mehrere Anfragen haben wir keine Antworten bekommen.
Im Allgemeinen sind biologisch abbaubare Materialien (wenn sie denn wirklich abbaubbar sind) zumindest aus Umweltperspektive vermutlich die bessere Alternative, wenn Glitzer denn unbedingt sein muss. Doch erstens sind auch Bio-Kunststoffe nicht unumstritten und zweitens bleibt die grundsätzliche Frage, ob ein tendenziell doch eher unnötiges Produkt wie Glitzer überhaupt die aufwändige Herstellung, den Ressourcenverbrauch und die damit verbundenen Risiken rechtfertigt.
Zugegebenermaßen ist das eine Frage, die man auf erschreckend viele Dinge unseres täglichen Lebens ausdehnen kann und die sicherlich nur jeder für sich persönlich beantworten kann.
Eine Studie aus dem Herbst 2020 zeigte: Vermeintlich umweltfreundlichere, biologisch abbaubare Glitzerpartikel in Kosmetika sind für Gewässer genauso schädlich wie herkömmlicher Glitzer – weil auch sie in der Regel mit Aluminium oder Kunststoff beschichtet sind.
Alternative Mica: Kinderarbeit für Glitzer-Kosmetik
Glitzernde Kosmetik, die kein Plastik-Glitter enthält, beinhaltet dafür oft das Mineral Mica, auch bekannt als Glimmer. Mica sorgt in vielen Beauty-Produkten für einen dezenten Glitzer-Effekt und schützt vor UV-Strahlung – zum Beispiel in Rouge, Puder, Lippenstiften, Lidschatten, Nagellacken und Karnevals-Schminke.
Ein natürliches Mineral mag erstmal besser klingen als Plastikpartikel, aber: Mica wird oft unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen abgebaut. Wichtige Exportländer von Mica sind unter anderem Indien, China und Madagaskar. Kinderarbeit ist laut mehreren NGOs in den dortigen Mica-Minen weit verbreitet.
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Glitzer: Schönheit muss leiden?
Zu den potenziellen Umweltgefahren durch Kunststoff-Glitzerpartikel, die in die Umwelt gelangen und das Kinderarbeits-Problem für Mica kommt eine noch weniger klar erforschte mögliche Gefahr: Angesichts der vielen unterschiedlichen Materialien, Beschichtungen und Qualitäten der Glitzerteilchen und –pulver kann man kaum ausschließen, dass auch die Produkte an sich gesundheitsgefährdend sein könnten. Und zwar nicht nur, wenn sie versehentlich in die Augen geraten, gegessen oder eingeatmet werden, sondern auch durch den häufigen Hautkontakt.
Schließlich stehen insbesondere viele Kunststoffe und deren chemische Zusätze im Ruf, Auswirkungen auf unsere Gesundheit zu haben. Ob es das wirklich wert ist?
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English version available: What Is Glitter Made of and Is Bio-Glitter Better?
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