Die Pflanzenfaser Kenaf bietet viele Vorteile. Insbesondere ist sie umweltschonender im Vergleich zu anderen Materialien. Wir erklären dir, was du über die Naturfaser wissen musst.
Warum brauchen wir Pflanzenfasern wie Kenaf?
Kenaf ist eine Pflanze aus Nordafrika und dem Mittelmeergebiet, die zur Gewinnung von Fasern und Öl angebaut wird. Kenaf wird beispielsweise zur Herstellung von Papier oder Textilien genutzt. Große Produzenten sind unter anderem Indien, China, Thailand und Malaysia.
Verschiedene Industrien nutzen Kenaf, zum Beispiel die Textil-, Papier- und Bauindustrie. All diese Industrien können sehr umweltbelastend sein. Der Einsatz von Kenaf kann hier ein wenig Abhilfe schaffen, denn es handelt sich um ein natürliches und biologisch abbaubares Material. So stellt es eine Alternative zu Papier dar oder kann helfen, Plastik zu vermeiden.
Kenaf in der Papierindustrie
Für die Papierindustrie ist Kenaf ein interessantes Material, weil es eine Alternative zum üblicherweise verwendeten Holz bietet. Laut Greenpeace geht unser hoher Papierverbrauch nämlich mit einer zunehmenden Abholzung der Wälder einher, wodurch es zu Umweltbelastungen kommt.
Kenaf in der Textilindustrie
Auch in der Textilindustrie kann Kenaf eine umweltfreundlichere Alternative zu synthetischen Fasern sein. Synthetische Fasern stecken in vielen Textilien, wie beispielsweise Outdoor-Bekleidung, und sind problematisch für die Umwelt. Laut Greenpeace gibt es insbesondere zwei Probleme mit den Kunstfasern:
- In der Waschmaschine lösen sich kleine Fasern, die als Mikroplastik ins Abwasser gelangen.
- Kunstfasern bestehen oft aus Erdöl, das selbst für die Umwelt und das Klima sehr problematisch ist.
Baumwolle ist eine weitere oft verwendete Faser in der Textilindustrie. Zwar handelt es sich bei Baumwolle ebenfalls um eine Naturfaser, doch sie ist aufgrund des hohen Wasserbedarfs der Baumwollpflanze nicht die ressourcenschonendste Wahl. Mit Kenaf verfügt die Textilindustrie also über ein Material mit dem Potential Baumwolle oder Kunstfasern zu ersetzen.
Kenaf: Die Pflanze
Der lateinische Name der Kenaf-Pflanze lautet hibiscus cannabinus. Die Bezeichnung ist angelehnt an den Namen der Hanfpflanze, denn beide besitzen eine ähnliche Blattform. Äußerlich ähnelt Kenaf zudem der Jutepflanze, denn beide Pflanzen gehören zur Familie der Malvengewächse.
Anbau und Ernte
Kenaf gedeiht am besten unter gemäßigt heiß-feuchten Bedingungen. Auch in Europa kann die Pflanze wachsen. Weil sie den Frost im Winter nicht übersteht, ist sie hier allerdings einjährig. Auch gegenüber Trockenheit ist Kenaf sehr empfindlich. Sobald die Temperaturen 15 Grad erreichen (also im Mai oder Juni) ist ein guter Zeitpunkt zum Aussäen. Nachdem die Pflanzen durch den Frost abgestorben sind, ist Zeit für die Ernte. Eine weitere Besonderheit von Kenaf ist das unheimlich schnelle Wachstum.
Die Kenaf-Faser
Die Fasergewinnung ist einer der Hauptgründe für den Anbau. Die Kenaf-Faser gehört zur Gruppe der Bastfasern, da die Fasern aus dem Bast (dem Gewebe unter der Rinde) des Stängels gewonnen werden. Die Fasern sind denen der Jute ähnlich, jedoch weniger lichtempfindlich. Außerdem sind sie weicher und dadurch besser zu spinnen.
Verarbeitung und Anwendung der Kenaf-Pflanze
Die Kenaf-Faser wird zuerst gerissen, geschnitten und gereinigt. Nach der Ernte muss sie schnell getrocknet werden. Teilweise wird die Faser mit anderen Natur- oder Synthetikfasern gemischt.
Die Faser hat verschiedene Anwendungsbereiche. Traditionell dient Kenaf zur Herstellung von Seilen oder Sacktuch. Oft werden Naturfasern genutzt, um Kunststoffe zu verstärken und ihnen mehr Stabilität zu geben. Für diesen Zweck kommt auch die Kenaffaser zum Einsatz. Diese sogenannten naturfaserverstärkenden Kunststoffe (NFK) haben gute mechanische Eigenschaften, zum Beispiel Zugfestigkeit und eine hohe Steifigkeit. Sie sind vor allem in der Automobilindustrie zu finden. Gleichzeitig haben sie ökologische Vorteile. Anwendung findet die Kenaf-Faser in folgenden Bereichen:
- in der Automobilindustrie (Toyota nutzt Kenaf seit dem Jahr 2000 für die Innenraumausstattung)
- für biologisch abbaubare Mulchfolie für den Garten
- für Garne oder Seile
- für grobe Gewebe (zum Beispiel Teppichrücken, Säcke)
- in der Papierproduktion
- für Vliesstoffe für Formbauteile und Dämmstoffe
- als Futter- oder Einstreumaterial für Nutztiere
Neben den Fasern lassen sich auch Samen und Öl der Pflanze gewinnen und nutzen. Das Öl der Kenaf-Samen kann für technische Zwecke, aber auch als Nahrungsmittel verwendet werden.
Die Vorteile der Kenaf-Faser
Die Kenaf-Faser bringt im Anbau verschiedene ökologische Vorteile mit sich. Darunter fallen zum Beispiel:
- Kenaf bindet CO2.
- Im Vergleich mit anderen einjährigen Pflanzen benötigt Kenaf weniger Dünger und Pestizide.
- Der Ertrag ist relativ hoch. Er liegt bei etwa fünf bis zehn Tonnen Trockensubstanz pro Hektar. Im Vergleich liegt der durchschnittliche Ertrag für einen Hektar Baumwolle zwischen 750 und 800 Kilogramm.
- Im Anbau ist Kenaf weniger arbeitsintensiv als andere Pflanzen und die Anbauzeit ist relativ kurz.
- Die Pflanze braucht mit etwa 500 bis 700 Millimetern (während der Wachstumsphase) relativ wenig Niederschlag. Mit längeren Trockenzeiten kommt sie zwar nicht gut zurecht, dafür kann sie aber Reserven aus dem Grundwasser beziehen.
In der Nutzung gibt es einige entscheidende Vorteile, welche die Kenaf-Faser mit sich bringt. Neben seinen ökologischen Vorteilen hat Kenaf auch in der Industrieproduktion einen Vorteil: Das geringe Gewicht im Vergleich zu anderen Fasern ist ein Vorteil für die Automobilindustrie, wo es wichtig ist, dass die Endmaterialien nicht zu schwer werden.
Auch bringt der Einsatz von Kenaf in der Papierproduktion mehrere entscheidende Vorteile:
- Die Pflanze hat einen sehr hohen Anteil an Fasern und wächst sehr schnell – insbesondere im Vergleich zu Bäumen. So produziert eine Fläche von Kenaf-Pflanzen in einem Jahr die gleiche Menge Fasern wie eine gleich große mit Bäumen bepflanzte Fläche in 20 Jahren.
- Die Herstellung erfordert weniger Chemikalien. Das ist vor allem auf zwei Gründe zurückzuführen:
- Kenaf verfügt über weniger Lignin. Das ist der Stoff, der die Zellulose in der Pflanze bindet. Lignin ist als Stützmaterial für die Festigkeit der Pflanze verantwortlich. Es sind daher weniger Chemikalien nötig, um diese Bindung zu lösen.
- Kenaf-Papier ist von Natur aus heller. Das heißt, es sind weniger Bleichmittel nötig. Teilweise findet Chlor als Bleichmittel für Papier aus Holz Verwendung. Diese giftige Substanz ist bei der Produktion mit Kenaf also gar nicht notwendig.
Die Nachteile der Kenaf-Faser
Trotz der verschiedenen Vorteile im Anbau und der Nutzung der Faser gibt es auch Nachteile:
- Der Anbau von Kenaf kann in Monokulturen stattfinden. Dabei kommt es, wie bei allen Monokulturen, zu negativen ökologischen Auswirkungen. Darunter fallen:
- eine schlechtere Bodenqualität
- mehr Erosion
- ein Verlust an Biodiversität
- Nur wärmere Klimazonen bieten den Pflanzen optimale Wachstumsbedingungen. Der lange Transportweg aus diesen Gegenden verursacht klimaschädliche CO2-Emissionen. Der Anbau ist in Deutschland zwar möglich, meistens kommen die Fasern jedoch nach wie vor aus dem Ausland, wo sie besser wachsen.
Welches Potential hat die Faserpflanze?
Kenaf hat ein hohes Potential, um gängige Umweltbelastungen in der Textil-, Bau- und Papierindustrie zu reduzieren. In der Papierindustrie stellt die Faser eine gute Möglichkeit dar, weniger Holz zu verwenden. Die Faser ist zwar biologisch abbaubar, jedoch findet Kenaf oft in Kombination mit anderen Kunststoffen Anwendung. Inwiefern solche Mischgewebe dann noch biologisch abbaubar oder recycelbar sind, ist schwierig zu beantworten. Dass die Pflanze in verschiedenen Bereichen Potenzial hat, haben schon einige Unternehmen entdeckt und wenden sie auch entsprechend an.
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