Eine Skireise mit Bus und Bahn anzutreten, ist das nachhaltigste, was du beim Wintersport tun kannst. Erfahre, wie dein Skiurlaub oder deine Tagesausflüge auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln klappen können. Außerdem verrät Buchautor Michael Vitzthum seine Tipps.
Die Skireise mit dem Bus und den öffentlichen Verkehrsmitteln anzutreten, bereitet vielen Wintersportler:innen große Sorgen. Wohin mit dem Gepäck? Ist mein Wunschziel überhaupt erreichbar? Und brauche ich das Auto nicht vor Ort, um flexibel zu sein?
Vorweg: Diese Gedanken sind verständlich. Aber sie werden immer unnötiger, denn das Angebot wird stetig ausgebaut und inzwischen gibt es immer mehr Möglichkeiten. Außerdem ist die Anreise im Zug meistens bequemer, als stundenlang im Stau zu stehen.
Wir stellen hier verschiedene Möglichkeiten vor und sprechen mit Michael Vitzthum. Er ist Experte, wenn es um Skireisen mit Bus und Bahn geht. Seit 2008 fährt er nur noch mit den Öffis zu seinen Skitouren und hat dazu sogar ein Buch geschrieben.
Skireise mit Bus und Bahn: Warum das so wichtig ist
Wintersportler:innen spüren die Auswirkungen des Klimawandels sehr deutlich: steigende Schneefallgrenzen und weniger Schnee führen zu einer kürzeren Saison und längeren Anreisen. Im vergangenen Winter mussten Skilifte in Deutschland, Österreich und der Schweiz geschlossen bleiben. Vor allem Skigebiete unter einer Höhe von 1.500 Metern hatten mit hohen Temperaturen und ausbleibendem Schnee zu kämpfen, wie unter anderem das RedaktionsNetzwerk Deutschland berichtete.
Wer dennoch nicht auf eine Skireise verzichten möchte, muss in der Regel weiter wegfahren. Und auch, wer am Wochenende Rodeln, Langlaufen oder Schneeschuhwandern möchte, muss eine längere Fahrt auf sich nehmen. Und genau hierbei hast du als Wintersportler:in den größten Hebel für Nachhaltigkeit im Skiurlaub: Laut einer internationalen Studie fallen im Tourismussektor insgesamt 75 Prozent der CO2-Emissionen für die An- und Abreise an.
Das österreichische Umweltbundesamt hat verschiedene Urlaubsreisen miteinander verglichen. Zunächst ist festzuhalten, dass ein Winter(sport-) Urlaub ohne Flugreise eine weitaus geringere CO2-Bilanz hat, als eine Fernreise – klar, der CO2-Ausstoß beim Flugzeug ist im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln am höchsten.
Spannend für Winterurlauber:innen ist folgende Statistik des österreichischen UBA: Bei einem Skiurlaub mit dem Auto fallen pro Person je Tag 33 kg CO2-Äquivalente an, nimmt man die Bahn, sind es nur 20 kg CO2-Äquivalente. Für Unterkunft (11 kg) und Aktivitäten vor Ort (6 kg) bleiben die CO2-Emissionen gleich. Das Betreiben von Liften und die Beschneiung hat das österreichische Umweltbundesamt in den Aktivitäten einberechnet.
Fazit: Wer mit der Bahn, statt mit dem Auto fährt, kann pro Person 13 kg CO2-Äquivalente einsparen.
Winterurlaubsangebote der Deutschen Bahn
Wer das Auto stehen lassen möchte, um eine Skireise nachhaltiger zu gestalten, kann sich zunächst über das Angebot der Deutschen Bahn informieren. Das hat sich laut Angaben des Unternehmens stark verbessert und wird speziell für Winterurlauber:innen aus ganz Deutschland ausgebaut.
Gemeinsam mit der Initiative „Dein Winter. Dein Sport.“ betreibt und vermarktet die DB zum Beispiel das Angebot „WinterRail„.
Du kannst zwischen verschiedenen Aktivitäten wählen:
- Ski
- Langlauf
- Winterwandern
- Eislaufen
- Rodeln
- City-Flair
Zur Wahl stehen die folgenden Länder:
- Deutschland
- Italien
- Österreich
- Schweden
- Schweiz
Dir stehen Angebote für verschiedene Wintersportgebiete zur Verfügung: vom Trentino, über das Salzburger Land, Südtirol, Arlberg bis nach Bayern und Sachsen.
Auf der Website findest du ein großes Angebot und gute Filtermöglichkeiten. Tipp: Schau es dir doch mal an und spiele verschiedene Möglichkeiten durch, um zu sehen, ob deine nächste Skireise mit Bus und Bahn möglich ist.
Eine gute Option, mit der du direkt einen Urlaubstag einsparen kannst, ist das Nachtzugangebot der Deutschen Bahn. Dort kannst du unter anderem auch den ÖBB Nightjet buchen.
Regionale Angebote für Tages- und Wochenendausflüge: Die Bahn gilt nicht nur für lange Skiurlaube als Alternative zum Auto, sondern gerade auch für Tages- oder Wochenendausflüge zum Rodeln, Schlittschuhlaufen oder Langlaufen. Wenn es geschneit hat, zieht es viele Menschen zu allerlei Aktivitäten raus in den Schnee. Hierbei lohnt es sich ebenso, auf nahegelegenen Ziele zu setzen, die mit regionalen Bahnen und Bussen angefahren werden.
Allgemeine Tipps für einen nachhaltigeren Wintersport hörst du am besten in unserem Podcast:
ÖBB Nightjet – Im Nightjet zum Schnee
Mit dem Angebot „Im Nightjet zum Schnee“ bietet ÖBB Railtours im Winter konkrete Pakete für die Skireise mit Bahn und Bus an.
Angefahren werden 12 Skigebiete in Tirol:
- Ferienregion Tirol West
- St. Anton am Arlberg
- Skigebiet Kitzbühel
- Stubaier Gletscher
- Tiroler Zugspitz Arena
- Silvapark Galtür
- Zillertal
- St. Johann in Tirol
- Wilder Kaiser – Brixental
- Ski Juwel Alpbachtal Wildschönau
- Pillerseetal – Kitzbüheler Alpen
- Region Seefeld
Die Leistungen sind umfassend:
- Bahnfahrt hin und zurück im ÖBB Nightjet inkl. Sitzplatzreservierung
- 3-, 4-, 5- oder 6-Tage-Skipass
- Transfer zur gewünschten Unterkunft im betreffenden Skigebiet und zurück
Familien können für einen Aufpreis auch ganze Abteile für sich reservieren. So startet das Abenteuer Skireise direkt im Zug und alle kommen bereits erholt am Urlaubsort an.
Daneben steht natürlich das Angebot des regulären Railjet zur Verfügung.
Skireisen mit dem Bus
Eine Alternative zur Anreise mit der Bahn sind Busreisen beziehungsweise Fernbusse. Ein offensichtlicher Nachteil zur Bahnreise liegt auf der Hand: Den Stau umgehst du damit nicht zwangsläufig, auch wenn die meisten Busse über Nacht fahren.
Der Vorteil liegt aber ebenso nahe: Der Fernlinienbus ist laut des Umweltbundesamts zurzeit das ökologischste Verkehrsmittel, gemessen an den Emissionen von Treibhausgasen pro Personenkilometer. Der Unterschied zur Bahn ist allerdings eher gering. Lies hierzu Fernbus: Wie öko ist er im Vergleich zu Bahn, Auto, Flugzeug?
Gerade für Jugendliche gibt es zahlreiche Anbieter für Ski-Gruppenreisen. So kannst du ein Wochenend-Trip oder den ganzen Skiurlaub buchen. Einige Anbieter haben auch Familien-Angebote.
Einige der bekanntesten Anbieter:innen sind:
- E&P Reisen (Skireisen, Kurztrips, Eventreisen und Familien-Angebote)
- Schneebeben (Fährt jeden Samstag und bietet auch verschiedene Reisetypen an, allerdings keine Abfahrtsorte im Norden Deutschlands)
- Pia und Dirk (Verschiedene Reisetypen inklusive Singel- und Familienreisen)
- Aktives Reisen
Daneben gibt es vielerorts lokale Unternehmen, die Busreisen in den Schnee anbieten. Versuch das doch einfach mal für ein Wochenende oder einen Kurztrip, um dich zu überzeugen.
Interview: So bequem ist die Skireise mit Bus und Bahn
Dass die Anreise mit der Bahn klimafreundlicher ist, als mit dem Auto, ist nun klar. Und das Angebot wächst auch. Aber wie bequem ist es? Viele Wintersportler:innen haben ja genau hier Bedenken. Hierzu haben wir mit jemandem gesprochen, der weiß, wie es ist: Michael Vitzthum.
Der gebürtige Münchner ist leidenschaftlicher Bergsteiger und erreicht seine Tourenziele ganzjährig fast ausschließlich mit Bahn und Bus. Seit einigen Jahren veröffentlicht er seine klimafreundlichen Touren unter dem Hashtag #bergsportisnomotorsport in den sozialen Medien. Damit stößt er in der Outdoor- und Bergsteigerszene auf große Resonanz und Begeisterung. 2022 hat er einen Skitourenführer ganz ohne Anreise mit dem Auto für Bayern/München herausgebracht: Natürlich mit Öffis.
1. Michael, warum kommt für dich die Anreise mit dem Auto nicht mehr infrage?
Ich habe mich vor über 15 Jahren bewusst dazu entschieden, kein eigenes Auto mehr zu besitzen und damit meinen Lebensstil nachhaltiger zu gestalten. Denn der Verkehrsdruck in die Alpen wächst von Jahr zu Jahr, immer mehr Individualverkehr bedeutet stetig weiteren Ausbau der Infrastruktur mit Straßen, Tunnels und Parkplätzen. Die Folge: noch mehr Verkehr. Es ist ein Teufelskreis. Dem möchte ich etwas entgegensetzen, mehr öffentliche Verkehrsmittel und weniger Autos bedeuten schlichtweg mehr Lebensqualität für Gäste und Einheimische mit weniger Flächenverbrauch, Luftverschmutzung, Lärm und Gestank. Wir alle können unseren Beitrag dazu leisten.
Neben den vielen positiven Effekten bedeutet die schonende An- und Abreise für mich keinen Verzicht, sondern eröffnet mir im Gegenteil völlig neue Möglichkeiten. Denn die besten Touren sind nicht trotz, sondern nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich: großartige Überschreitungen und Durchquerungen, weit weg von den üblichen Hotspots rund um die überfüllten Parkplätze. Wenn ich mit Öffis zur Tour fahre, mache ich mich frei von festgelegten Start- und Zielpunkten und erlebe selbst bekannte Gebiete viel bewusster und intensiver.
Meine Reise beginnt eigentlich schon an der Haustür. Ich treffe mich zum Beispiel mit meinen Freunden unkompliziert ohne viele Absprachen am Bahnhof und wir starten gemeinsam zu unserer Tour. Die An- und Abreise ist keine lästige Pflichtübung, sondern wird zum Gemeinschaftserlebnis mit viel Raum für Gespräche, Brotzeit, Detailplanung und Reflexion. Niemand muss übermüdet und gestresst die Gruppe am Ende wieder auf vollen Straßen nach Hause chauffieren. Unsere gemeinsame Zeit auf dem Hin- und Rückweg ist geschenkt und ebenso wichtiger Bestandteil des Tourentages, wie die Tour am selbst. Diese schöne Erkenntnis reift immer mehr, je öfter wir auf diesem Weg unterwegs sind.
2. Du kennst viele Wintersportorte und auch den lokalen Verkehr. Wie ist es vor Ort mit der Flexibilität der Busse und Bahnen?
Viele Regionen geben sich sehr große Mühe mit der klimaschonenden Mobilität vor Ort und bauen diese Angebote immer weiter aus. Sie haben erkannt, dass es ein wichtiger Standortvorteil bei der Urlaubsplanung ist und die regionale Wertschöpfungskette stärkt.
Oberstdorf mit dem angrenzenden Kleinwalsertal oder die Zugspitzarena rund um Garmisch, Ehrwald und Lermos sind nur zwei von vielen positiven Beispielen im Alpenraum. Hier braucht man wirklich kein eigenes Auto, dank ganztägig dichter Takte und vieler Mobilitätsangebote vom E-Bike bis zum Zug.
Mit Gästekarten können Urlaubsgäste die meisten Öffis vor Ort für die Dauer des Aufenthalts umsonst nutzen, aber auch Tagesgäste profitieren von kostenlosen Ski- und Wanderbussen. Einige Unterkünfte stellen auch schon für den Anreisetag ein Anschlussticket aus, mit dem man vom nächstgelegenen größeren Bahnhof weiter zum Ferienort reisen kann – ein guter Service.
Tipp: Auch wenn vieles inzwischen proaktiv auf Websites und anderen Plattformen beworben wird, frage ich vor der Buchung immer nochmal nach, welche konkreten Angebote es vor Ort gibt.
3. Nun gehst du Skitouren von München aus und mit Freunden. Wie schaut es deiner Meinung nach für eine Familie aus Mittel- oder Norddeutschland aus?
Natürlich kommt bei einer Familie mit Skiausrüstung auch jede Menge Gepäck zusammen, aber auch hierfür gibt es zum Beispiel einen Lieferservice, oder man leiht sich bestimmte Sportgeräte vor Ort. Wenn ich selbst unterwegs bin, sehe ich oft Familien im Zug sitzen, die Kinder genießen es. Ich finde, auch hier sollten wir die An- und Abreise schon als Teil des Urlaubs betrachten und es einfach mal ohne Vorurteile ausprobieren. Vielleicht stellt man aber sogar fest, dass man auch mit etwas weniger Gepäck so viel unbeschwerter reisen kann, als wenn man das ganze Auto vollpackt.
4. Das Gepäck ist für viele die größte Sorge: Hast du Tipps und Tricks?
Wenn ich zu Skitouren für einen oder mehrere Tage unterwegs bin, starte ich fix und fertig angezogen von der Haustüre weg, meistens schon in Skitourenstiefeln. Damit kann man sehr gut laufen, fast wie in Bergschuhen.
Auf größeren Reisen ziehe ich schon auch mal paar leichte Turnschuhe für die Fahrt an, die verschwinden dann auf Tour im Rucksack. Komme ich zum Ausgangspunkt zurück, kann bei größeren Stationen auch ein Schließfach von Vorteil sein. Im Internet findet man zu jedem Bahnhof detaillierte Informationen über die Ausstattung.
Bei längeren Aufenthalten kann eine kleine zusätzliche Tragetasche auch im Hotel bleiben. Generell nehme ich nur so viel mit, wie ich selbst locker ohne Einschränkung tragen kann. Ich achte auf leichtes, flexibles Material, nur an der Sicherheitsausrüstung wird natürlich nicht gespart. Wenn man öfter auf diese Art und Weise unterwegs ist und nach und nach sein Gepäck optimiert, stellt man erleichtert fest, dass man vieles nicht braucht, was man früher unbedingt noch eingepackt hat. Weniger mitnehmen bedeutet grundsätzlich ein entspannteres Unterwegssein.
Wir danken Michael für den Einblick und können Skireisenden nur raten, es selbst einmal mit Bus und Bahn auszuprobieren. Denn erst, wenn man es ausprobiert hat, kann man sich dafür oder dagegen aussprechen und wir glauben, dass sich vor allem bei Reisen mit dem Auto viele Vorurteile gegenüber der Bahn zu Unrecht hartnäckig halten.
Tipp: Wer sich mit der großen Skireise mit der ganzen Familie noch unsicher ist, kann sich mit regionalen Angeboten in der nahen Umgebung bei Tages- und Wochenendausflügen gut herantasten.
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