Planetary Health schaut auf die Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Umweltschutz. Lies hier, wie alles miteinander verbunden ist und was du für einen gesünderen Planeten tun kannst.
Planetary Health ist ein globales Konzept
Der Begriff Planetary Health drückt aus, dass die Gesundheit des Menschen eng mit seinem Lebensraum verknüpft ist. Frei übersetzt bedeutet der englische Begriff „planetare Gesundheit“. Der Gedanke dahinter: Ist der Planet gesund, sind es auch seine Bewohner:innen.
Im Grunde ist die Erkenntnis, dass Erkrankungen mit dem Lebensumfeld zusammenhängen, nicht neu. Zum Beispiel begünstigte im Mittelalter mangelnde Hygiene die Ausbreitung von Seuchen wie der Pest.
Neu an dem Konzept von Planetary Health ist, dass es den Lebensraum vom direkten Umfeld des Menschen auf den ganzen Planeten ausdehnt. Forscher:innen geben im Artikel „The bigger picture of planetary health“ (übersetzt: Das Gesamtbild der planetaren Gesundheit) einen Einblick in ihren Forschungsansatz: Es geht um die Gesundheit der menschlichen Zivilisation, die abhängig ist von dem Zustand der natürlichen Systeme. Denn wir beeinflussen Ökosysteme und diese beeinflussen uns. Daher wirkt sich die Zerstörung der Umwelt auch auf den Gesundheitszustand der Menschen aus.
Du kannst dir das wie einen Regelkreislauf vorstellen, bei dem jeder Eingriff einen Schalter für die nächste Strecke betätigt. Der moderne Mensch greift mit seinem Handeln in die fundamentalen Abläufe auf der Erde ein. Zum Beispiel tragen Treibhausgase aus der Industrie oder dem Verkehr zur Erwärmung der Erde bei. Dies ist der Einschalter, der das Klima verändert. Durch den Klimawandel verändern sich die Lebensbedingungen auf der Erde. Damit schließt sich der Kreis, denn diese Veränderungen haben wiederum Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit. In dem Artikel nennt Planetary Health Beispiele, wie die Zusammenhänge zwischen Gewittern und Asthma oder inwieweit Luftverschmutzung Diabetes begünstigt.
Übrigens bezeichnen Fachleute deshalb das jetzige Erdzeitalter als Anthropozän: Der Mensch verändert das Aussehen der Erde. Davor war es der Natur vorbehalten, solche Veränderungen auszulösen.
Diese Organisationen und Projekte setzen sich für Planetary Health ein
Den Begriff „Planetary Health“ prägte eine Kommission im Jahr 2015 – die „Rockefeller Foundation-Lancet Commission on Planetary Health“. Sie ist eine Kooperation zweier internationaler Institutionen:
- Die Rockefeller Foundation: eine Stiftung, die weltweit humanitäre Projekte unterstützt.
- „The Lancet„: eine der renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften.
Noch im selben Jahr schlossen sich unterschiedliche Fachorganisationen wie Universitäten, Umweltverbände oder staatliche Einrichtungen zusammen, um gemeinsam die Zusammenhänge zwischen Umweltzerstörung und den Risiken für die Gesundheit zu erforschen. Die sogenannte „Planetary Health Alliance“ zählt inzwischen über 200 Mitglieder.
Die Vereinten Nationen zeichnen Projekte aus, die darauf abzielen, globale Probleme zu lösen – unter anderem auch in Zusammenarbeit mit den Planetary-Health-Organisationen. Geförderte Leuchtturmprojekte sollen zeigen, wie aktiver Umweltschutz auch die gesundheitliche Situation verbessert, oder wie medizinische Versorgung und Umweltschutz sich ergänzen. Einige Beispiele:
- Solarenergie – Sie kann unabhängig von elektrischen Netzen eine Stromversorgung schaffen. Das beweisen zum Beispiel mobile Solarkits, die unter anderem Klinken oder Geburtshäuser mit Strom versorgen – der Solarstrom hilft in Situation wie nach Erdbeben oder in sehr abgelegenen Gebieten. Den Ärzt:innen und Hebammen steht dadurch elektrisches Licht und Strom für medizinische Geräte zur Verfügung.
- Kompost und Toiletten – Mit dieser Kombination gelang es, in Haiti die Verbreitung von Typhus und Cholera zu begrenzen. Ein mobiles Toilettensystem kompostiert gleich die Abfälle. Über 1.100 Haushalte erhielten dadurch schon Zugang zu sanitären Anlagen.
Im Jahr 2019 wurde im Fachmagazin „The Lancet“ die sogenannte Planetary-Health-Diät vorgestellt. Dieser Ernährungsplan ist darauf ausgelegt, ohne Ausbeutung des Planeten eine wachsende Weltbevölkerung zu ernähren. Das sei zu schaffen, wenn wir unseren Verzehr an rotem Fleisch und Zucker halbieren und eine Reihe weiterer Änderungen vornehmen. Auch der Verbrauch von Wasser oder Ackerland sowie die Emissionen von Treibhausgasen ließen sich dadurch halbieren. Mehr Infos findest du hier: Für Erde und Gesundheit: Forscher:innen entwickeln die perfekte Ernährung.
Planetary Health verbindet medizinische Forschung mit Umweltschutz
Die Organisationen rund um Planetary Health veröffentlichten 2015 einen ausführlichen Bericht über ihre Arbeit: „Safeguarding human health in the Anthropocene epoch“. Darin erörterten sie die Grundlage ihrer Arbeit: Der Gesundheitszustand der Erde verschlechtert sich rapide, Umweltzerstörung und Klimawandel setzten dem Planeten sichtbar zu. Gleichzeitig aber verbessert sich die gesundheitliche Situation der Weltbevölkerung. Der Bericht beantworten auch gleich die Frage: Wie passt dies zu der These von Planetary Health, dass Umwelt und Gesundheit miteinander verknüpft sind?
In einer Infografik fasst Planetary Health die Kernaussagen ihrer Arbeit zusammen. Daraus geht hervor, dass sich die gesundheitliche Situation verbessert, gemessen an: höherem Lebensalter, sinkender Kindersterblichkeit oder Armut.
Aber diese Erfolge führen zu einer beispiellosen Ausnutzung des Planeten. Unter anderem durch steigenden Energiebedarf sowie dem rücksichtslosen Verbrauch von Wasser oder Bodenfläche. So muss zum Beispiel immer mehr tropischer Regenwald weichen, um Platz für Ackerflächen zu schaffen.
Die Fachleute kommen im Bericht zu folgender Schlussfolgerung: Die Systeme der Erde reagieren vermutlich nur sehr langsam auf die Eingriffe des Menschen. In den Statistiken machen sich daher die Auswirkungen auf die Gesundheit noch nicht bemerkbar.
Weiter äußern die Forscher:innen in ihrem Bericht die Befürchtung, dass die gezeigten Errungenschaften daher zulasten künftiger Generationen gehen. Sie haben die Folgen aus der heutigen Umweltzerstörung zu tragen.
Planetary Health weist auf die Folgen für die Umwelt hin
Die Ausbeutung der Erde hat schon jetzt sichtbare Folgen in der Umwelt hinterlassen.
Energie: Der Verbrauch von hauptsächlich fossilen Energieträgern wie Erdöl, Kohle oder Erdgas trägt zur Erderwärmung bei. Der zunehmende Energiebedarf, vor allem der Industrienationen führt zu einer immer stärkeren Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre. Dadurch beschleunigt sich die Erwärmung der Erde und führt zum Klimawandel. Planetary Health weist in ihrem erwähnten Bericht darauf hin, dass in der Antarktis und in Grönland immer größere Eisflächen abschmelzen.
Wasser: Die Landwirtschaft verbraucht zunehmend Wasser. Das führt unter anderem dazu, dass der Grundwasserspiegel stellenweise absinkt. In dem Bericht führen die Forscher:innen Beispiele aus Indien, China oder Pakistan an. Sie weisen ebenfalls auf beginnende Anzeichen von Wassermangel in Kalifornien oder dem mittleren Westen der USA hin. Ihr Fazit aus den genannten Beobachtungen: Der zunehmende Wasserverbrauch in Kombination mit heißen und trockenen Wetterperioden führt regional zu Wassermangel. Davon sind voraussichtlich besonders subtropische Regionen betroffen.
Bodenfläche: Weltweit stehen Landwirte vor der Herausforderung genügend Lebensmittel für eine stetig wachsende Weltbevölkerung anzubauen. Die Infografik zeigt für 2014 eine Bevölkerung von rund sieben Milliarden Menschen. Voraussichtlich steigt die Zahl bis 2050 auf 9,6 Milliarden Menschen an.
- Bodenerosion – Die intensive Nutzung der Flächen und Einsatz von künstlichem Dünger scheint eine Lösung für das Ernährungsproblem. Jedoch schreitet dadurch die Bodenerosion fort. Die Düngemittel laugen den Boden aus. Wind trägt den Humusboden bei frisch gepflügten Felder ab. Planetary Health warnt in ihrem Bericht, dass sich dadurch immer mehr fruchtbare Felder in Wüsten verwandeln könnten. Sie berichten, dass die Ursache bei etwa 55 Prozent der heutigen unfruchtbaren Böden ihre frühere intensive Bewirtschaftung war.
- Abholzung der Regenwälder – Anstelle der Wälder und Regenwälder entstehen auf den abgeholzten Flächen Felder und Plantagen. Dort wachsen Pflanzen für Nahrungsmittel, Tierfutter, Biokraftstoffe oder Rohstoffe für die Kosmetik- oder Lebensmittelindustrie, wie Ölpalmen. Die Forscher:innen von Planetary Health zeigen sich in ihrem Bericht besorgt über den Verlust von Wäldern und besonders von Regenwäldern. Die Abholzungen haben gleich mehrere Auswirkungen auf die Umwelt. Wälder bieten unzähligen Arten einen Lebensraum und wirken so dem Artensterben entgegen. Die Bäume regulieren das Klima und speichern das Treibhausgas CO2. Sie sind somit ein wirksames Mittel gegen die Erderwärmung. Die oftmals übliche Brandrodung vernichtet zum einen diese Speichermöglichkeit – zum anderen setzt das Feuer zusätzlich noch das schon gespeicherte CO2 aus dem Holz frei.
Planetary Health, die Risiken für die Gesundheit
Planetary Health zeigt auf, mit welchen Entwicklungen sich die Menschheit zukünftig auseinandersetzen muss. Mit unter zeichnen sich die Ereignisse schon jetzt ab.
Einige Prognosen aus dem Planetary-Health-Bericht:
- Luftverschmutzung – Einer Studie zufolge gehen etwa 16 Prozent der jährlichen Todesfälle auf Luftverschmutzung zurück. Feinstaub und Ozon in der Atemluft verursachen Erkrankungen, wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder Atemwegserkrankungen. Damit sind diese Erkrankungen weltweit die häufigste Todesursache.
- Wasserverschmutzung – Planetary Health rechnet damit, dass Durchfallerkrankungen zunehmen. Auslöser sind Bakterien, die sich im schmutzigen Wasser ausbreiten. Laut Infografik leben bis 2050 voraussichtlich 40 Prozent der Weltbevölkerung in Regionen mit Wasserknappheit. Sauberes Trinkwasser wird dadurch bald zu einer knappen und wertvollen Ware.
- Unterernährung – Steigende Temperaturen, Wasserknappheit und Bodenerosion verstärken künftig das weltweite Ernährungsproblem. Zusätzlich führt der zunehmende Fleischkonsum oder Bedarf an Biokraftstoffen zu einem Konflikt über die Nutzung der Agrarflächen. Wieso gerade Fleisch? Laut Albert-Schweitzer-Stiftung benötigt zum Beispiel allein der Konsum von Rindfleisch in Deutschland schon doppelt so viel Fläche wie der Konsum von Weizen und Kartoffeln zusammen – ein Kilo Fleisch kommt schon auf 27 bis 49 Quadratmeter Land. Denn die Tiere brauchen ja jahrelang Futter, ehe sie geschlachtet werden.
- Wetterextreme – Durch die Klimaerwärmung nimmt die Zahl der Wirbelstürme oder Überschwemmungen zu. Die Unwetter gefährden das Leben der Menschen unter anderem durch Flutkatastrophen.
- Infektionskrankheiten – Mit den steigenden Temperaturen können sich beispielsweise Krankheiten wie Malaria in nördlicheren Regionen ausbreiten. Die Insekten, die solche Erreger übertragen, wandern mit dem warmen Klima in neue Gebiete ein. Das Robert-Koch-Institut meldete beispielsweise 2019 den ersten Fall einer Infektion mit dem West-Nil-Virus in Deutschland. Den Virus übertragen eingewanderte Mücken.
- Zoonosen – Das sind Viren, die ursprünglich auf bestimmte Tierarten spezialisiert waren und plötzlich auch Menschen anstecken. Studien sehen einen Zusammenhang zwischen dem Verlust der Artenvielfalt und dem erhöhten Risiko dieser Virusübertragungen. Die grundlegende Arbeit von Planetary Health stammt von 2015, sodass die Corona-Pandemie hier noch kein Thema war. Die WHO warnt jedoch ebenfalls davor, dass sich Zoonosen vermehrt ausbreiten können. Sie nennt die COVID-19-Pandemie als ein aktuelles Beispiel. Laut WHO kommen Wildtiere durch die Zerstörung ihres Lebensraums häufiger mit Menschen in Kontakt. Dadurch steigt das Risiko, dass sich Krankheitserreger auf den Menschen übertragen können.
Planetary Health leistet Aufklärungsarbeit
Planetary Health weist darauf hin, dass ein breites Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Umweltzerstörung und den gesundheitlichen Folgen wichtig ist. Aus diesem Grunde arbeiten die Wissenschaftler:innen mit Institutionen auf allen Ebene der Gesellschaft zusammen.
Lokale Ebene – Hier vor allem mit medizinischen Fachkräften, um durch sie die Bevölkerung zu erreichen.
- Die Planetary Health Academy – Sie richtet sich mit Vorlesungen und Infomaterial an Interessierte aus Gesundheitsberufen. Sie möchte damit über die gesundheitlichen Konsequenzen aufklären, die der gedankenlose Umgang mit der Umwelt hat.
- Deutschsprachige Initiativen – Dazu zählen KLUG – die „Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit“ oder Health for Future. Diesen Organisationen kannst du auf den sozialen Kanälen folgen. Sie erklären dir zum Beispiel auf Youtube die Zusammenhänge von Klimawandel und Gesundheit.
Nationale Ebene – Zusammenarbeit mit Regierungen.
In ihrem grundlegenden Bericht von 2015 nennt Planetary Health als Beispiel Richtlinien für Steuern und Förderungen. Mithilfe dieser Instrumente können Regierungen Mittel mobilisieren und Anreize für die weltweiten Gesundheitsziele schaffen. Ein Beispiel, wie solche Steuern wirken, ist die CO2-Steuer. Sie erhebt einen Zuschlag auf den Verbrauch von fossilen Treibstoffen, als Ausgleich für die entstehenden Treibhausgase. Durch solche Steuern sollen die eigentlichen Verursacher:innen von Umweltschäden auch die Kosten dafür verantworten.
Globale Ebene – Kooperation mit den Vereinten Nationen.
In einem Artikel, den Planetary Health in „The Lancet“ veröffentlichte, sehen sie ihre Arbeit als passende Ergänzung zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen – den 17 SDG-Zielen. Mit der Agenda 2030 verständigte sich die Staatengemeinschaft auf nachhaltige Entwicklungsziele für die Gesellschaft.
Planetary Health: Das kannst du tun
In der Planetary-Health-Infografik gibt es Tipps, die du für dich umsetzen kannst. Du tust etwas für deine Gesundheit und hilfst dabei den Planeten zu schützen.
Planetary-Health-Diät – Diese Ernährung setzt auf viel Gemüse und Obst. Rotes Fleisch von Rindern oder Schweinen kommt dagegen selten vor. Der Vorteil für die Umwelt: Sie spart Treibhausgase, Wasser sowie Bodenfläche. Außerdem ist sie gesund: Eine Studie stellt beispielsweise einen Zusammenhang zwischen einer auf Pflanzen basierenden Ernährung und einem geringeren Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes zu erkranken, her.
Keine Lebensmittel verschwenden – Die Infografik besagt, dass zwischen 30 und 50 Prozent der Lebensmittel nicht auf dem Teller landen. Diese Verschwendung kostet Energie und Wasser. Die dafür benötigten Ackerflächen ließen sich sinnvoller verwenden.
- Mit diesen 10 Tipps vermeidest du Lebensmittelverschwendung. Übrigens fast alle Lebensmittel kannst du auch nach dem Ablauf des angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatums ohne Bedenken essen.
- Resteessen – mit diesen drei Rezepten gelingt es.
Wasserverbrauch senken
- Du kannst zum Beispiel im Garten Regenwasser sammeln und für die Blumen oder Gemüsebeete verwenden. Dafür benötigst du zum Beispiel eine Regentonne, in der du die Niederschläge auffängst.
- Mit diesen Tipps senkst du deinen Warmwasserverbrauch.
Den Regenwald schützen
- Verwende heimisches Holz aus nachhaltiger Waldnutzung. Du kannst dich zum Beispiel an diesen Holzsiegeln orientieren, FSC oder PEFC. Beide zertifizieren Holz oder Holzprodukte aus nachhaltiger Waldwirtschaft.
- Vermeide nach Möglichkeit Produkte, die Palmöl enthalten. Viele der Plantagen entstehen auf gerodetem Regenwald. Für die meisten Lebensmittel gibt es Alternativen ohne Palmöl.
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