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Rettet das Fallobst!

Fallobst vor Lebensmittelverschwendung retten
Foto: Akkarin / photocase.com

Pro Apfelbaum fallen jährlich mehrere Hundert Kilo Früchte an. Oder besser: Sie fallen herunter – und vergammeln als Fallobst. Schade um die leckeren Früchte, finden Web-Aktivisten und retten ungenutztes Fallobst vor der Lebensmittelverschwendung.

Wieder ist ein Sommer vorbei und damit auch die längste Obstsaison des Jahres. Bleibt uns jetzt nur noch der Supermarkt mit seinen bestenfalls fünf Apfelsorten? Keineswegs: Zahlreiche Bäume und Sträucher in der näheren Umgebung laden zur teils kostenpflichtigen, teils freien Ernte ein. Wer mitmacht, rettet mindestens das Fallobst.

Professionell bewirtschaftete Plantagen werden meist von angestellten Helfern geerntet, doch es gibt auch herrenlose Bäume, bei denen sich jeder bedienen kann. Hinzu kommen Baumbesitzer, die weder Zeit noch Gelegenheit finden, ihr Obst selbst zu ernten – und es daher gerne verschenken. Im Folgenden stellen wir größere Initiativen vor, darüber hinaus gibt es natürlich auch noch regionale (Streuobst-) Projekte wie etwa staudensaft.de in Augsburg.

Fallobst retten mit Mundraub

Um verstreute Baumeinzelgänger aufzuspüren empfiehlt sich die Anti-Fallobst-Plattform mundraub.org. Die MundraubMap zeigt auf einer Landkarte mit Icons den genauen Standort früchtetragender Pflanzen an, nebst nützlichen Infos, was man zum Beispiel mit Quitten, Hagebutten oder Fallobst so alles anfangen kann. Jeder kann selbst Bäume in die interaktive Karte eintragen.

Auf diese Weise ist in mehrjähriger Community-Arbeit eine europaweite Karte für Fallobst-Fans entstanden. In Ballungsgebieten verzeichnet sie teils mehrere Hundert Fundstellen. Die Karte erfasst nicht nur Äpfel und Birnen, sondern auch Kernobst wie Kirschen und Pflaumen, dazu Nussbäume, Esskastanien und sogar Kräuter. So bleiben weder Bärlauch noch Rosmarin ungenutzt und auch der nächsten Waldmeisterbowle steht (außer der Jahreszeit) nichts im Weg.

Aber Vorsicht: Niemand darf wild alle greifbaren Obstvorkommen und Streuobstwiesen plündern! Die Mundräuber empfehlen lesenswerte Regeln für den richtigen Umgang mit (scheinbar) herrenlosem Obst. Und sie fordern auf, selbst aktiv zu werden und neue Bäume zu pflanzen. Wichtig: Wer neue, scheinbar herrenlose Bäume und Sträucher einträgt, sollte sich wirklich vergewissern, dass diese keinen Besitzer haben. Im Zweifel die Nachbarn vor Ort oder bei der Gemeinde fragen.

Allgemein gilt: Bitte Rücksicht nehmen! Sonst wird der harmlose Mundraub zur justitiablen Räuberei. Facebook-Usern sei die Mundraub-Facebook-Gruppe ans Herz gelegt, wo man fragen und diskutieren kann und wo auch Rezepte und Verwertungsideen ausgetauscht werden.

Die essbaren Städte

Unter dem Begriff „Die essbare Stadt“ arbeiten etliche regionale Projekte, etwa die essbare Stadt Andernach: Dort erweiterte man öffentliche Grünräume und machte sie zu Obst-, Gemüse- und Kräutergärten für die Einwohner. Ob Erdbeeren, Salat oder Zwiebeln: Die Stadtverwaltung baut an und jeder darf mitjäten und -ernten.

Die Idee der essbaren Städte geht über einen Selbstbedienungsladen auf ungenutzten Grünflächen hinaus. Bürger können sich aktiv für den Lebensraum ihrer Stadt einsetzen, lernen den Zusammenhang zwischen Jahreszeiten und Erntemöglichkeiten neu kennen. Durch die ständige Verfügbarkeit vieler Frischwaren in Supermärkten haben wir ja oft schon vergessen, was saisonale Lebensmittel überhaupt sind.

In eine ähnliche Richtung bewegen sich andere essbare Städte wie Kassel und Minden oder die Münchner Initiative O’pflanzt is! sowie zahlreiche weitere Projekte. Interessant wird in diesem Zusammenhang sicher auch, wie sich das Konzept der Stadtbauernhöfe noch entwickeln wird.

Fallobst retten mit Stadt Macht Satt oder Apfelschätze

Stadt macht satt aus Berlin/Brandenburg sammelt und entwickelt Ideen, wie man mit systemalternativen Konzepten im Lebensraum Stadt leckere Lebensmittel selbst produzieren kann. Dabei wird nicht nur geerntet, sondern auch angebaut und gepflegt – und gemeinsam gekocht. So kommen Städter sich und der Natur näher.

Speziell Äpfeln widmet sich das spendenfinanzierte Projekt auf apfelschaetze.de. Besonders interessant sind Workshops zur Weiterverarbeitung von Äpfeln und zum Thema Baumbeschnitt. Es lohnt auch, sich über die Facebook-Seite auf dem Laufenden zu halten.

Fallobst retten mit pflueck.org

Unter dem bezaubernden Motto „Lass Dein Obst nicht hängen“ bringt der Internet-Marktplatz pflueck.org drei Typen von Menschen zusammen: Baumbesitzer, Erntehelfer und Bedürftige. Besitzer von Obstbäumen tragen sich ein, um ihre ungenutzten Pflanzen für die organisierte Ernte freizugeben. Soziale Einrichtungen melden sich an und erfragen Kontingente für den eigenen Bedarf. Erntehelfer gleich welcher Motivation holen das Obst von den Bäumen.

Die Früchte teilt man fair zwischen den drei Parteien auf. So profitieren bedürftige Sozialeinrichtungen, hungrige Erntehelfer und Obstbaumbesitzer gleichermaßen. Vorbild für pflueck.org war unter anderem das Portland Fruit Tree Project, das regelrechte Ernte-Partys veranstaltet, sowie das kanadische Not Far From The Tree.

Fallobst retten mit Das Geld hängt an den Bäumen

Das Thema Community-Ernte geht die Hamburger Initiative „Das Geld hängt an den Bäumen“ auf soziale Weise an: Hier ernten Menschen mit Behinderung jene Äpfel, die sonst ungenutzt an den Bäumen bleiben und als Fallobst enden würden. Dabei werden sie von Gärtnern fachlich betreut. Baumbesitzer können sowohl einzelne Bäume (ab 50 Kilo) zur Ernte anmelden als auch Äpfel direkt spenden, Kleingartensiedlungen können sich auch für größere Ernten anmelden.

Die Äpfel verarbeitet man in Slow-Food-Mostereien zu naturtrübem Direktsaft, inzwischen sogar in verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Birne oder Rhabarber. Firmen und Privatkunden in Hamburg können ihn zu realistischen Preisen kaufen. Via Solvino ist der Saft auch außerhalb Hamburgs erhältlich, aber natürlich ist der regionale Kauf sinnvoller. Der Erlös fließt vollständig in das 2009 gestartete Projekt zurück und finanziert so die Arbeit der Mitarbeiter. Mehrere zehntausend Flaschen gewinnt „Das Geld hängt an den Bäumen“ auf diese Weise jährlich. Reichlich Saft, der ohne das Projekt als Fallobst im Boden versickert wäre.

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Äpfel lagern: so halten sie Monate

Am Ende stellt sich vielleicht noch die Frage: Wohin mit den vielen Äpfeln? Kein Problem: An kühlen Orten (Garage, Keller) sind Äpfel und Birnen bei etwa 4 Grad Celsius je nach Sorte mehrere Monate problemlos lagerbar. Äpfel lagert man getrennt von Gemüse in flachen Holzkisten, möglichst so, dass sie einander nicht berühren. Der BUND hat neben Lagerungstipps auch spezielle Apfelstiegen im Angebot. Irgendwann überzeugen die Äpfel und Birnen vielleicht optisch nicht mehr: Als leckeres Apfel- oder Birnenkompott schmecken aber auch solche Früchte nach drei, vier Monaten noch.

Solidarische Landwirtschaft und Biokisten

Im Zusammenhang mit solchen Initiativen ist die solidarische Landwirtschaft interessant, auch wenn diese in eine ganz andere Richtung geht. Die Idee ist hier, dass Konsumenten direkt mit Landwirten kooperieren, beispielsweise Abnahmemengen garantieren oder den Anbau vorfinanzieren (teils auch selber ackern, etwa bei den Ackerhelden), und dafür Teile der Ernte erhalten – ohne Umweg über den Handel. Das bringt Verbraucher und Produzenten näher zusammen und umgeht die Industrialisierung von Ernährung und Lebensmittelhandel, die nicht selten Lebensvermittelverschwendung in Kauf nimmt. Auf ernte-teilen.org/map zeigt eine Karte, wo solidarische Landwirtschaften „SoLaWis“ zu finden sind.

Biokisten sind ebenfalls interessant: Die Biokiste Etepete zum Beispiel verwendet zwar kein Fallobst, aber dafür jenes „krumme Gemüse“, welches es sonst nicht in den Lebensmitteleinzelhandel schaffen würde, weil es (angeblich) „zu hässlich“ ist. Ganz allgemein erlauben es Biokisten dem Verbraucher, über Abomodelle klimafreundlich direkt bei regionalen Produzenten zu kaufen und dabei fast von selbst auch saisonale Ware zu erhalten.
In der Utopia Bestenliste findest du deutschlandweite Biokisten, es gibt darüber hinaus natürlich auch noch regionale Initiativen, die du bei der Ökokiste** findest.

Was hältst du von solchen Projekten? Gibt es ähnliche in deiner Region?

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