Social Washing: Lass dich nicht in die Irre führen Von Luise Rau Kategorien: Wissen & Technik Stand: 15. Mai 2022, 20:16 Uhr Foto: CC0 / Pixabay / sergiovisor_ph Bei Social Washing stellen sich Unternehmen als divers, moralisch und klimafreundlich dar. Hinter diesem Schein fehlt jedoch die Substanz. Wie sich das genau auswirkt und wie du es erkennst, erfährst du in diesem Artikel. Nach Black Lives Matter und dem Feminismus-Movement können es sich Unternehmen mittlerweile wirklich nicht mehr leisten in Werbefilmen, auf Bildern und Plakaten ausschließlich weiße Cis-Männer zu zeigen. Deshalb bekommen wir im Marketing aktuell deutlich mehr Menschen zu Gesicht, die einer Minderheit angehören. Das sind zum Beispiel nicht-männliche, queere Menschen, die nicht in die binäre Gender-Norm passen, oder BPoC, also Black and People of Colour. Zum einen ist es natürlich wichtig, dass Unternehmen in ihren Werbeanzeigen eine diverse Gesellschaft abbilden und so auch allen Menschen, die nicht der dominanten gesellschaftliche Norm entsprechen, Sichtbarkeit verschaffen. Das Problem dabei ist andererseits aber, dass vielen Unternehmen nicht wirklich an Diversität gelegen ist. Diversität abzubilden ist lediglich zu einer Mindestanforderung geworden, um im Business zu bleiben. Denn mit Sexismus, Rassismus und anderen Diskriminierungsformen verlieren Konzerne eventuell einen großen Teil ihrer Kund:innen und kassieren auf Social Media den nächsten großen Shitstorm. Deshalb schmücken sich Unternehmen nach außen hin mit ihren Diversity-Strategien. Schaut man sich die inneren Strukturen an, wird jedoch oft klar, dass sie diese diverse Selbtdarstellung keinesfalls real widerspiegeln. Und genau das ist eine Form von Social Washing. Social Washing, Green Washing und andere Image-Waschvorgänge Social Washing ist eine Art Oberbegriff für Green Washing, Pink Washing und Blue Washing. Bei all diesen Untertypen geht es im Kern darum, dass Unternehmen ihr Image „reinwaschen“ wollen – und zwar, indem sie soziale, feministische, umweltfreundliche oder diverse Kampagnen und Botschaften für Marketingzwecke ausnutzen, ohne deren Inhalte tatsächlich umzusetzen. Ein aktuelles Beispiel für Green Washing ist die Lindhorst-Gruppe. Der Landwirtschaftsbetrieb ist vor allem für Massentierhaltung und konventionelle Landwirtschaft bekannt. Er ist damit alles andere als klimafreundlich. Laut dem investigativen Recherchezentrum Correctiv plant die Lindhorst-Gruppe nun, einen Solarpark zu errichten. Dieser poliert das grüne Image des Betriebes natürlich deutlich auf. So schreibt die Lindhorst-Gruppe auch auf ihrer Webseite: „Wir denken grün.“ Doch um Platz für die Solaranlagen zu schaffen, will der Konzern mehrere hundert Hektar Wald roden. Und auch an seiner grundsätzlich umweltzerstörerischen Arbeitsweise ändern die Solarparks wenig. Der Begriff Blue Washing spielt hingegen auf die blaue Farbe der UN an. Im engeren Sinne gibt ein Unternehmen bei dieser PR-Strategie vor, für die zehn Prinzipien des UN Global Compact einzustehen. Darin sind mehrere soziale und ethische Ziele beschrieben – zum Beispiel das Ende von Kinder- und Zwangsarbeit, Menschenrechtsverletzungen und Korruption. Unternehmen können sich relativ problemlos dem Global Compact anschließen. Sie dürfen sich dann als Partner der UN repräsentieren und dies auch auf ihren Produkten angeben. Ob sie sich tatsächlich an die vorgegebenen Prinzipien halten, wird aber nicht genau nachgeprüft. Im weiteren Sinne ist von Blue Washing außerdem die Rede, wenn Unternehmen auch unabhängig von der UN zum Beispiel Kampagnen gegen Kinderarbeit oder für faire Löhne starten. Diese Kampagnen laufen jedoch meist nur kurzfristig oder werden nicht konsequent umgesetzt. Pink Washing: Social Washing in der FLINTA-Szene Auch Pink Washing ist eine bestimmte Form des Social Washing. (Foto: CC0 / Pixabay / Wokandapix) Wenn Unternehmen sich nach außen hin als Vertreter:innen des Feminismus präsentieren und damit von Sexismus in internen Strukturen ablenken, spricht man von Pink Washing. Das äußert sich zum Beispiel durch Werbeplakate, auf denen du vorrangig weiblich gelesene Personen, homosexuelle Paare oder vermeintlich queere Menschen siehst. Oder durch Videos, in denen sich Betriebe für Gleichstellung aussprechen und für ihre Diversity-Kampagnen loben. In den Führungsetagen sind hingegen immer noch überwiegend Cis-Männer vertreten. Das grundlegende Problem bei Social Washing, das BPoCs, ethnische und religiöse Minderheiten oder FLINTA-Personen betrifft, ist, dass entsprechende Videos oder Bilder meist von weißen Cis-Männern erstellt werden. Ob bewusst oder unbewusst vermitteln sie damit wieder ihre männliche und weiße Sicht auf unterdrückte Gruppen und reproduzieren und festigen so ihre gesellschaftliche Dominanz. Von „echter“ Diversität könnte man sprechen, wenn Menschen aus der betroffenen unterdrückten Gruppe selbst diese Videos produzieren würden. Dann wären sie direkt am Produktionsprozess beteiligt und müssten nicht nur vorgegebene Ideen umsetzen. Dafür wäre es aber nötig, dass Unternehmen grundsätzlich eigene Hierarchien und interne Organisationsstrukturen hinterfragen. Und weiße Cis-Männer müssten bewusst Platz machen für Menschen aus unterdrückten Gruppen. Mit einem „diversen“ Werbeplakat ist es hingegen nicht getan. Social Washing erkennen Social Washing lebt von dem Bedürfnis der Kund:innen, achtsamer und nachhaltiger konsumieren zu wollen. Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen und Unterdrückung wollen viele Menschen nicht länger mit ihren Kaufentscheidungen unterstützen. Das wissen die Unternehmen natürlich und locken mit verheißungsvollen Versprechen und kurzfristigen Kampagnen. Mit diesen Tipps kannst du Social Washing enttarnen: Lasse dich nicht mit kurzen Aussagen auf Produkten oder Webseiten abspeisen. Begriffe, wie „nachhaltig“ oder „fair“ und „fairer Handel“ sind zum Beispiel nicht rechtlich geschützt. Was sie darunter verstehen, können Unternehmen frei selbst bestimmen. Oder auch nichts davon tatsächlich umsetzen. Sicherer ist es deshalb, wenn du dich nach Siegeln, Labeln oder Zertifikaten richtest, die von unabhängigen Institutionen vergeben und kontrolliert werden. Dazu gehören zum Beispiel aussagekräftige Bio-Siegel, das FairTrade-Siegel, GOTS oder Fairtrade Cotton. Informiere dich ausführlich über das Unternehmen. Warum startet es eine bestimmte Kampagne? Mit welchen Partner:innen arbeitet es vielleicht zusammen? Wird es durch eine Instanz von außen kontrolliert? Wie ist das Team aufgebaut? Kontrolliere auch, auf Basis welcher Quellen Unternehmen Aussagen machen. Sind es seriöse Quellen, zum Beispiel von Forschungsinstitutionen, NGOs oder vertrauenswürdigen Medienportalen? Grundsätzlich handelt es sich bei allen Formen von Social Washing um Ablenkungsmanöver. Sie lenken oberflächlich von den eigentlich problematischen Arbeitsweisen eines Unternehmens ab. Bist du bereit, als kritische:r Konsument:in hinter die PR-Fassade zu schauen, wirst du auch Social Washing leichter erkennen können. 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