Stiftung Warentest hat Orangensaft getestet. Etwa die Hälfte ist „gut“ – doch einigen Säften fehlt das Aroma. Noch problematischer: Ausbeuterische Arbeitsbedingungen bei der Produktion.
Über sieben Liter Orangensaft im Jahr trinkt jeder Mensch in Deutschland im Schnitt (s. VdF). Wegen seines Vitamin-C-Gehalts gilt er als gesund. Wie weit es damit wirklich her ist, ob die Säfte schmecken und wie es mit den Produktionsbedingungen von Orangensaft aussieht, hat Stiftung Warentest jetzt untersucht.
Orangensaft bei Stiftung Warentest: Überwiegend Mittelmaß
Im Orangensaft-Test schneidet jeder zweite Saft mit „gut“ ab, keiner erreicht die Gesamtnote „sehr gut“. Zehn Säfte werden mit „befriedigend“ bewertet. Schlechte Noten vergibt Stiftung Warentest für fehlendes Aroma, zu wenig Vitamin C oder erhöhte Chloratgehalte.
Untersucht hat Stiftung Warentest 26 Orangensäfte, darunter neun Direktsäfte und 17 aus Konzentrat. Geschmacklich punkten vor allem Direktsäfte. Fünf der neun sind sensorisch sehr gut. „Die besten schmecken fast wie frisch gepresster Orangensaft“, so Janine Schlenker von test. Darunter finden sich zum Beispiel Säfte von Kaufland (gekühlter Orangensaft mit Fruchtfleisch), Lidl (Solevita Orange Premium mit Fruchtfleisch) und Innocent (Orange ohne Fruchtfleisch), aber kein Bio-Saft. Von den Konzentratsäften schmeckt das nur Hohes C Orange mit Fruchtfleisch „sehr gut“.
Rund 80 Prozent des Safts, den wir in Deutschland kaufen können, wird als Orangensaftkonzentrat importiert. Dabei wird dem Saft nach dem Pressen Aroma und Wasser entzogen. Das Fruchtsaftkonzentrat wird anschließend getrennt vom Aroma nach Europa transportiert. Hier müssen die beiden Komponenten wieder zusammengeführt und mit Wasser rückverdünnt werden.
Mängel: Zu wenig Aroma, zu wenig Vitamin C, zu viel Chlorat
Ein Orangensaft im Test hält diese Vorgabe nicht ein und ist mangelhaft: Ausgerechnet der Bio-Orangensaft von Dennree. Den Säften von Albi und Amecke wurde entzogenes Aroma zwar wieder zugefügt, aber vergleichsweise wenig (Gesamtnoten: befriedigend bzw. ausreichend).
Der Saft von Amecke unterschreitet zudem bereits vor Erreichen des Mindesthaltbarkeitsdatums den Mindestgehalt an Vitamin C von 20 mg pro 100 ml Saft – ebenso der dmBio Orangensaft.
Drei Orangensäfte von Aldi Nord (Gut Bio), Edeka (Gut & Günstig) und Netto (Fruchtstern) fallen bei Stiftung Warentest durch Chlorat-Rückstände auf. Dieses stammt vermutlich aus chloriertem Wasser in den Anbauländern. Chlorat kann langfristig die Aufnahme von Jod hemmen.
Testsieger in der Gesamtwertung sind die Direktsäfte von Kaufland K-Favourites und Lidl Solevita. Die besten Orangensäfte aus Konzentrat: Pfanner (Fair & Gut 100% Orange) und Valensina Frühstücks-Orange.
Orangensaft: Nach wie vor fragwürdige Produktionsbedingungen
Viele Orangensäfte im Test tragen diverse Nachhaltigkeitssiegel, einige davon stehen für bessere Produktionsbedingungen. Denn: Vor allem für das Hauptlieferland Brasilien – von hier stammen die Früchte für 21 der 26 getesteten Säfte – gibt es immer wieder Berichte über schlechte Arbeitsbedingungen. Kritisiert werden vor allem zu niedrige Löhne, prekäre Arbeitsbedingungen ohne ausreichenden Arbeitsschutz und Ausbeutung bis hin zu sklavereiähnlichen Verhältnissen.
Eine Vor-Ort-Recherche der Stiftung Warentest bestätigt das. Zwar sei es schwierig, vor Ort an konkrete Belege zu kommen, doch diverse Gespräche mit Expert:innen und Besuche auf Plantagen lagen nahe: Auf Orangenplantagen in Brasilien werden nach wie vor Arbeiter:innen ausgebeutet. Begünstigt wird das durch die enorme Macht weniger Konzerne, von denen kleine Produzenten abhängig sind. Ein Mitarbeiter des brasilianischen Arbeitsministeriums sagt gegenüber Stiftung Warentest, zwischen Inspektionen der Plantagen lägen oft mehrere Jahre.
Die Christliche Initiative Romeo (CIR) kritisiert insbesondere die Machtkonzentration auf dem Orangensaftmarkt, die dazu führt, dass kleinbäuerliche Betriebe marginalisiert werden. Ein „Faktencheck“ der Organisation (PDF) beleuchtet die schwierige Situation vor allem für die Arbeiter:innen und nimmt auch den Handel in den Fokus. Expertin Sandra Dusch-Silva wird hier zitiert: „Die sozialen und ökologischen Folgen der Wertschöpfung beachtet der Handel unzureichend und wird damit seiner zentralen Rolle nicht gerecht.“
Auch der hohe Pestizideinsatz auf den Orangenplantagen ist ein Problem; Stiftung Warentest schreibt von fast 15.000 gemeldeten Pestizidvergiftungen binnen drei Jahren.
Zumindest letzteres Problem kann der Bio-Anbau lösen: Hier sind chemisch-synthetische Pestizide verboten. Für fairere und transparentere Arbeitsbedingungen sorgt eine Fairtrade-Zertifizierung. Allerdings gibt es nur wenige zertifizierte Säfte im Handel.
Der Orangensaft-Test der Stiftung Warentest findet sich in der November-Ausgabe der Zeitschrift test und unter www.test.de/orangensaft.
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