Mikroplastik steckt nicht nur in Peelings und Duschgel – erschreckend viele alltägliche Produkte setzen kleine Kunststoffteilchen frei und belasten so die Umwelt.
Zum Glück ist inzwischen bei vielen Menschen angekommen, dass zahlreiche Kosmetika und Pflegeprodukte Mikroplastik enthalten. Allerdings stammt ein großer Teil des Mikroplastiks in der Umwelt aus anderen, teils unerwarteten Quellen – viele davon können wir meiden.
Mehr lesen: Was ist Mikroplastik? – Eine Definition
1. Kleidung aus Synthetikfasern
Kleidung aus Kunstfasergewebe verliert bei jeder Wäsche winzige Faserteilchen. Den Großteil dieser Plastikfasern kann bisher weder die Waschmaschine noch die Kläranlage vollständig aus dem Abwasser filtern. So landen die winzigen Kunststoffteilchen in offenen Gewässern und mit dem Klärschlamm als Düngemittel auch auf den Feldern.
Nicht nur Sportkleidung oder Fleece, sondern extrem viele Kleidungsstücke enthalten Synthetikfasern. Weil Kunstfaser günstig ist, werden daraus auch ganz alltägliche Shirts, Pullover, Leggings oder Socken gemacht – besonders oft Billigmode-Teile.
Schau beim Kauf immer ganz genau auf das Etikett: Steht da etwas wie Polyester, Polyamid, Polyacryl, Nylon, Elasthan oder Mikrofaser? Dann lass besser die Finger davon.
Höchstwahrscheinlich hast du aber bereits einige Kunstfaserklamotten in deinem Schrank. Achte darauf, diese so selten wie möglich zu waschen und dabei milde Waschmittel zu verwenden. Eine Studie von 2016 stellte zudem fest, dass die Verwendung von Weichspülern zu noch mehr gelösten Fasern führen kann. Lass den Weichspüler also sicherheitshalber lieber weg. Notwendig ist er sowieso nicht: Ein kleiner Schuss Essig bringt fast denselben Effekt.
Noch zwei Ideen: Der „Guppyfriend“-Waschbeutel soll aus der Wäsche gelöste Fasern auffangen, so dass sie gar nicht erst ins Abwasser gelangen. Mikroplastik-Filter für Waschmaschinen können die Abwasser-Belastung noch effektiver reduzieren.
2. Reifen
Autoreifen bestehen im Wesentlichen aus einer Mischung aus natürlichem und synthetischem Gummi, sprich: Kunststoff. „In der Reifenmischung sind zudem Füllstoffe, Weichmacher sowie Chemikalien enthalten. Ein Reifen kann aus mehr als zehn Gummimischungen bestehen,“ schreibt Reifenhersteller GoodYear.
Durch Reibung, Druck und Hitze beim Fahren nutzen sich die Reifen ab und geben winzige Partikel an die Umwelt ab. So entsteht Feinstaub, der die Luftqualität verschlechtert, aber es gelangen eben auch mikroskopisch kleine Kunststoffteilchen in die Umwelt. Der Plastikstaub verbreitet sich von den Straßen aus mit dem Wind oder wird mit dem Regen in die Umwelt gewaschen.
Mehrere Studien haben inzwischen herausgefunden, dass Reifenabrieb aus Kunststoff wesentlich zur weltweiten Umweltbelastung mit Mikroplastik beiträgt. Eine Untersuchung der Weltnaturschutzunion (IUCN) stellte sogar fest, dass der Plastikabrieb von Reifen über ein Viertel der gesamten Mikroplastikmenge ausmachen könnte, die weltweit freigesetzt wird.
Zusammen mit Synthetikkleidung stellt das die wichtigste Quelle für Mikroplastik in der Umwelt dar.
Die Lösung? Da bleibt leider nur, Autofahrten so weit wie möglich zu reduzieren – Fahrgemeinschaften oder der öffentliche Nahverkehr sind deutlich effizienter als unsere Angewohnheit, alleine im eigenen Auto unterwegs zu sein.
3. Glitzer
Ob Glitzer zum Basteln, als Hingucker an der Kleidung oder als Makeup: Das meiste, was derzeit so als „Glitzer“ oder „Glitter“ auf dem Markt ist, besteht aus oder enthält Plastik. Die kleinen Glitzerpartikel werden in der Regel aus Kunststoff oder mit Kunststoff beschichtetem Aluminium hergestellt.
Gelangen sie in die Umwelt – zum Beispiel durch das Abwaschen von Schminke – stellen sie als Mikroplastik eine Gefahr für viele Lebewesen dar.
Mehr dazu: Trügerischer Glanz: Die dunkle Seite des Glitzers
4. Zigarettenkippen
„Smoked cigarette filters are the predominant coastal litter item; 4.5 trillion are littered annually, presenting a source of bioplastic microfibres (cellulose acetate) and harmful toxicants to marine environments,“
heißt es in einer wissenschaftlichen Studie aus dem Jahr 2015.
Zigarettenstummel gehören also zu den häufigsten Müllarten an den Küsten und in den Meeren weltweit. Im Gegensatz zu den meisten anderen Kunststoffabfällen, die ihren Weg in die Umwelt finden, sind Zigarettenfilter im Prinzip biologisch abbaubar. Sie bestehen aus Celluloseacetat, einer Art Bioplastik, das auf Zellstoff (Holzfasern) basiert.
Studien zeigen, dass sich Zigarettenfilter – je nach der genauen Zusammensetzung – in der Natur irgendwann zersetzen, dabei in kleinere Teile zerfallen und schließlich biologisch abgebaut werden. Wie lange dieser Prozess dauert hängt von der genauen Filterbeschaffenheit und den Umweltbedingungen ab, es kann aber durchaus mehrere Jahre dauern.
Bis die Filter abgebaut sind, bleibt das Problem, dass sie sich in einzelne Fasern zersetzen, die von Wasserlebewesen aufgenommen werden können. Benutzte Zigarettenfilter enthalten dabei neben den Kunststoffbestandteilen, Weichmachern und Zusätzen aus der Herstellung auch viele giftige Schadstoffe aus dem Zigarettenrauch.
Tiere und Organismen, die weggeworfene Filter bzw. Filterteile aufnehmen, nehmen damit also auch gefährliche Giftstoffe auf – wie genau sich das auf die verschiedenen Spezies und Ökosysteme auswirkt, ist noch nicht ausreichend erforscht. Einzelne Studien legen jedoch nahe, dass weggeworfene und ins Meer gespülte Zigarettenkippen die Entwicklung und Gesundheit von Meereslebewesen deutlich beeinträchtigen.
Also: Auch wenn die Zigarettenreste im Prinzip biologisch abbaubar sind – die Fasern und die Giftstoffe, die sie freisetzen, sind ein ernstzunehmendes Umweltproblem.
Die Lösung: Dass Rauchen weder gesund noch nachhaltig ist, müssen wir niemandem mehr erzählen. Aber auch als Raucher kann man es ein bisschen besser machen und zumindest die Zigarettenkippen nicht einfach auf der Straße oder in der Umwelt entsorgen, sondern konsequent im Aschenbecher und im Mülleimer.
5. Farben und Lacke
Farben und Lacke tragen gleich zweifach zur Mikroplastik-Verschmutzung bei: Vielen Produkten werden in der Herstellung Kunststoffpartikel beigemischt (beispielsweise als Bindemittel, Verdickungsmittel oder um die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen). Diese können bei der Anwendung oder zum Beispiel beim Auswaschen der Pinsel und Rollen freigesetzt werden.
Winzige Kunststoffpartikel werden Farben beispielsweise in Form von Acrylpolymeren, Polyamid oder Polyacrylnitril hinzugefügt. Nach Angaben der Industrie passiert das vor allem bei wasserbasierten Gebäudefarben für Wände und Decken; in der Umwelt gefundene Farbpartikel stammten jedoch auch aus Schiffslacken und anderen industriellen Anwendungen sowie Straßenmarkierungen.
Auch beim Abrieb von Farben und Lacken gelangen kleine Partikel in die Umwelt. Eine Studie aus Norwegen stellte sogar fest, dass etwa 17 Prozent des an die Umwelt abgegebenen Mikroplastiks aus dem Abrieb von Schiffslacken, anderen Schutzlacken, Gebäudefarbe und Fahrbahnmarkierungen stammt.
Für durchschnittliche Verbraucher gehören Farben und Lacke sicher nicht zu den alltäglichen Gebrauchsgegenständen und wir gehen auch davon aus, dass nicht jeder von euch ein Schiff im Hafen liegen hat. Dennoch: Wenn du mit Farben und Lacken zu tun hast, informiere dich vorher ganz genau, wie die Zusammensetzung der Produkte ist und bevorzuge solche, die ohne Zugabe von synthetischen Kunststoffpartikeln auskommen. Wandfarben zum Beispiel gibt es auch ohne Schadstoffe.
6. Putz- und Spültücher
Putz- und Spültücher bestehen sehr oft aus Mikrofaser oder anderen Chemiefasern. Auch Spülschwämme werden oft aus Schaumstoff und Kunststoffen gefertigt. Sie können bei der Verwendung und bei der Wäsche genau wie Kleidung winzige Kunstfasern und Kunststoffpartikel verlieren, die ins Abwasser und so in Flüsse und Seen gelangen.
Putzen und Spülen geht genauso gut mit Baumwolltüchern oder sogar Stoffresten. Einige Hersteller bieten auch ökologische Spülschwämme aus Cellulose oder anderen Naturfasern an (z.B.** Waschbär, Avocado Store).
Übrigens: Auch Bettwäsche und Handtücher enthalten oft Kunstfasern – achte auf Produkte aus Naturfasern wie Baumwolle.
7. Reinigungsmittel
Auch wenn Putz- und Waschmittel nicht zu den größten Verursachern der Mikroplastik-Verschmutzung gehören: Einzelne Produkte enthalten noch immer Mikroplastik und geben dieses ans Abwasser ab.
„In sehr wenigen Reinigungsmitteln für kratzempfindliche Oberflächen sind Mikroplastikpartikel wegen ihrer milden abrasiven Wirkung enthalten“, schrieb der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) Im Sommer 2017 in einer Stellungnahme. Auf Anfrage bestätigte man uns, dass „abrasive Mikroplastikpartikel“ in Glaskeramik-Kochfeldreinigern enthalten sind.
Immerhin: Das ist nur eine kleine Produktgruppe. Welche Produkte allerdings genau Mikroplastik enthalten, ist auf der Verpackung nicht ohne weiteres erkennbar. Zudem umfasst die Hersteller-Definition von Mikroplastik oft nicht alle Kunststoffe, die Umweltorganisationen für bedenklich halten: Sehr viele Wasch- und Reinigungsmittel enthalten Polymere, die wasserlöslich sind – dennoch handelt es sich hier um synthetische Kunststoffe, vor denen Greenpeace und BUND warnen.
Um sicherzugehen, dass deine Reinigungsmittel kein Mikroplastik enthalten, empfehlen wir: Verzichte am besten auf konventionelle Reinigungsmittel und verwende stattdessen ökologische Reinigungsmittel oder gleich Hausmittel zum Putzen und Waschen.
Das Mikroplastik-Problem
Ein Teil des nicht oder nur schwer abbaubaren Mikroplastiks aus unseren alltäglichen Produkten landet irgendwann im Abwasser und damit in Flüssen, Seen und Meeren oder direkt in der Umwelt auf den Böden oder in der Luft.
Die Folgen für die Ökosysteme, die Tierwelt und auch für unsere Gesundheit können wir heute noch kaum absehen. Dass das Plastik unumkehrbare Schäden anrichtet, steht aber außer Zweifel.
Erst seit einigen Jahren ist dieses Problem bekannt genug, dass sich Verbraucher, Hersteller und Politik damit beschäftigen. Doch all den Plastikmüll wieder aus der Umwelt zu sammeln, der sich über Jahrzehnte dort angesammelt hat, wird der Menschheit nicht gelingen. Deshalb ist es entscheidend, jetzt dafür zu sorgen, dass nicht noch mehr davon in die Gewässer und die Natur gelangt.
Weitere Informationen zum Thema Mikroplastik findest du auch in der Öko-Test-Ausgabe 11/18:
Jetzt lesen: Aktuelle ÖKO-TEST-Ausgabe zu Mikroplastik (PDF)**
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- 9 Produkte mit Mikroplastik – und gute Alternativen
- 12 Tipps, was du gegen Mikroplastik tun kannst
- 10 erstaunliche Dinge, die es auch ohne Plastik gibt
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