Man hört oft vom Zwei-Grad-Ziel: Um mehr als zwei Grad dürfe die globale Durchschnittstemperatur nicht ansteigen. Woran liegt das – und wie lässt sich das Zwei-Grad-Ziel erreichen?
2009 wurde beim Kopenhagener Klimagipfel das Zwei-Grad-Ziel formuliert: Die Staaten sollen Maßnahmen ergreifen, damit Durchschnittstemperatur im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter nicht um mehr als zwei Grad Celsius steigt. Viel besser wäre es sogar, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen – dies wurde dann beim Pariser Klimagipfel 2015 beschlossen.
Woher das Zwei-Grad-Ziel kommt
Wenn Wissenschaftler:innen versuchen, den Klimawandel und seine Folgen vorherzusagen, macht ihn eines besonders Angst: Viele Phänomene können sich ab sogenannten Kipppunkten verselbstständigen. Sie würden sich also auch ohne das Zutun der Menschen weiter verstärken, sobald die Klimaerwärmung einen gewissen Punkt erreicht hat.
Besonders gut kannst du dir das am Beispiel der Permafrostböden vorstellen. Dies sind dauerhaft gefrorene Böden, die es in weiten Teilen der nördlichen Halbkugel gibt und die enorme Mengen an CO2 und Methan enthalten. Durch die Klimaerwärmung beginnen die Permafrostböden, abzutauen und die gespeicherten Treibhausgase freizusetzen. Dadurch wiederum verschärft sich die Klimaerwärmung – und die Böden tauen noch schneller ab. Solche Beispiele gibt es überall auf der Welt. Besonders dramatisch wäre es, wenn der „Point of no return“ erreicht werden würde, denn dann ließen sich diese Entwicklungen nicht mehr rückgängig machen.
Da die Wechselwirkungen auf unserem Planeten und in der Atmosphäre sehr komplex sind, können Wissenschaftler:innen nur schwer vorhersagen, wann solche Punkte konkret erreicht werden – oder ob einige bereits überschritten wurden, wovon manche Expert:innen ausgehen. Anhand von Simulationen und bestehenden Wetterdaten können Klimaforscher trotzdem einschätzen, welche Folgen es haben könnte, wenn sich die Erde beispielsweise um zwei oder eineinhalb Grad erwärmen würde.
Der Weltklimarat IPCC empfiehlt Politiker:innen, dringend auf das 1,5-Grad-Ziel hinzuarbeiten. Selbst wenn wir dieses Ziel erfüllen, hätte der Klimawandel Folgen wie eine Zunahme von extremen Wetterereignissen. Bei einer Erwärmung von zwei Grad wären die Folgen aber weitaus gravierender. Studien der European Geoscience Union und der Universität von Oxford bestätigen diese Vermutung. Da es jedoch sehr unwahrscheinlich erscheint, dass die Menschheit das 1,5-Grad-Ziel erreicht, soll als Alternative zumindest das Zwei-Grad-Ziel eingehalten werden – in der Hoffnung, dass der Klimawandel dann immer noch kontrollierbar ist.
Zwei-Grad-Ziel: Was ist der Stand der Dinge?
Momentan liegt die globale Durchschnittstemperatur an der Erdoberfläche bereits 1,2 Grad über der globalen Durchschnittstemperatur des vorindustriellen Zeitalters. Dieser Trend ist besorgniserregend: Wenn die Staaten keine weitreichenden Klimaschutzmaßnahmen treffen, die über die bisherigen Maßnahmen hinausgehen, könnte sich die Erde bis 2100 um mindestens drei Grad erwärmen. Und das wäre nur die Durchschnittstemperatur: In der Arktis wäre der Anstieg beispielsweise viel stärker.
In dem Dokument „Existential climate-related security risk“ schreiben Wissenschaftler:innen des Thinktanks „Breakthrough“, dass dann weite Teile der Erde durch Hitze, Dürren und den steigenden Meeresspiegel unbewohnbar würden. Sie halten es für wahrscheinlich, dass dies das Aussterben der Menschheit zur Folge hätte.
Wie kann das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden?
Auch der Weltklimarat glaubt, dass zwei oder gar eineinhalb Grad nur durch drastische Maßnahmen erreicht werden können. Anhand von Simulationen kommen die Forscherinnen zu diesen Ergebnissen:
- Um das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten, müssten die Netto-CO2-Emissionen bis 2030 gegenüber 2010 um 25 Prozent und bis 2070 auf Null sinken.
- Um die Erderwärmung gar auf eineinhalb Grad zu begrenzen, müssten die Emissionen bis 2030 um 45 Prozent sinken und bereits 2050 bei Null sein.
Dafür müsste beispielsweise der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung stark ansteigen, der Kohleausstieg wäre unvermeidbar, Gebäude und Industrie müssten effizienter und der Verkehr umweltfreundlicher werden. Dem IPCC zufolge müssten Staaten mehrere 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutzmaßnahmen ausgeben.
Zusätzlich wäre das Zwei-Grad-Ziel vermutlich nur erreichbar, wenn es auch „negative CO2-Emissionen“ gäbe. „Netto-Null-Emissionen“ bedeutet nämlich effektiv, dass so viele Treibhausgase ausgestoßen werden können, wie im Gegenzug wieder der Atmosphäre entzogen werden. Das Problem ist, dass die meisten Maßnahmen zur CO2-Speicherung – abgesehen von der Aufforstung – bisher kaum erforscht sind und hohe Risiken bergen. Auf negative CO2-Emissionen als Ausweg darf man sich also nur sehr begrenzt verlassen.
Umso wichtiger ist es, dass jede:r einzelne mithilft, das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Was du für mehr Klimaschutz tun kannst: Klimaschutz: 15 Tipps gegen den Klimawandel, die jeder kann.
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