Wegen eines neuen Handelabkommens wird die EU künftig mehr Rindfleisch aus den USA importieren. Was bedeutet das für uns und die deutsche Landwirtschaft? Ein Bauer aus Schleswig-Holstein hat eine düstere Prognose – und macht der Politik schwere Vorwürfe.
„Ich seht mich heute Morgen ziemlich sprachlos, ziemlich ratlos und auch ziemlich verzweifelt“, sagt Thomas Andresen vom Hof Barslund in einem Video, das er auf Instagram und Facebook gepostet hat. Der Grund für seine Verzweiflung: Vergangenen Freitag haben die USA und die EU ein neues Handelsabkommen unterzeichnet.
Künftig dürfen die USA jährlich 35.000 Tonnen (hormonfreies) Rindfleisch zollfrei an die EU liefern. Im Gegenzug verhängen die USA keine Strafzölle auf Autos und Autoteile aus der EU. „Wieder wurden die Bauern verkauft zugunsten der Autoindustrie“, sagt Andresen. „Ich hab kein Bock mehr, mich länger von der Politik verarschen und verkaufen zu lassen.“ Manchen wird der Bauer bekannt vorkommen. Erst im Juli ging eines seiner Videos viral, in dem er sich über das Essen in der Bundestags-Kantine aufregte.
Mehr Fleisch aus den USA, weniger Arbeit für heimische Landwirte?
Andresens befürchtet, dass die deutsche Landwirtschaft „regelrecht abgeschafft“ wird, wenn Deutschland mehr Lebensmittel aus den USA importiert. Seine Frage an Agrarministerin Julia Klöckner: „Was soll in den nächsten 30 Jahren unsere Aufgabe sein? Weil die Ernährung der Bevölkerung kann es ja nicht sein. Die übernehmen ja die USA, Argentinien und Uruguay demnächst für uns. Sollen wir nur noch Landschaftspfleger werden?“
Der Landwirt warnt in seinem Video vor den möglichen Folgen – nicht nur für die betroffenen Bauern selbst. Jeder Bauernhof versorge Dorfgemeinen mit Arbeitsplätzen. Wenn Betriebe schließen, seien ganze Dörfer in Gefahr.
Er selbst könne sich weiterhin mit seinen eigenen Lebensmitteln selbst versorgen, sagt der Landwirt. Die meisten anderen Menschen schaffen das jedoch nicht – Andresen warnt davor, dass sie bald auf minderwertige Produkte aus den USA angewiesen sind. „Irgendwann, wenn wir hier nur noch verseuchte Lebensmittel von drüben kriegen, unsere eigene Landwirtschaft komplett am Boden liegt, dann wird vielleicht der eine oder andere wach werden und merken, dass wir das Geld, was wir mit der Industrie da drüben verdienen, nicht essen kann.“
Rindfleisch-Abkommen: Die Gesamtimportmenge bleibt gleich
Auch wenn die Sorgen des Bauern nachvollziehbar sind: Es ist unwahrscheinlich, dass tatsächlich Betriebe wegen des Abkommens zwischen den USA und der EU schließen müssen. Die EU wird insgesamt nicht mehr Rindfleisch importieren als in den letzten Jahren – lediglich die Verteilung der Importländer ändert sich.
Die EU erlaubt jährlich die Einfuhr von 45.000 Tonnen Rindfleisch aus dem Ausland. Davon werden mit dem neuen Abkommen 35.000 Tonnen für die USA reserviert. Die Verlierer des Deals sind Länder wie Argentinien oder Uruguay, die dadurch weniger Fleisch an die EU liefern dürfen.
Trotzdem bleibt der Fleischimport an sich problematisch, um nicht zu sagen absurd: Die EU produziert mehr als genug Fleisch – so viel, dass sie jedes Jahr Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch im Wert von mehreren Milliarden Euro ins Ausland exportiert. Wieso also überhaupt Fleisch aus den USA oder anderen Ländern importieren?
Fleisch und Fleischtransporte: Beides schlecht fürs Klima
Jeder Fleischtransport ist mit seinen Emissionen und dem hohen Energieverbrauch eine enorme Belastung für die Umwelt: Das Fleisch wird energieaufwendig gekühlt und mit Schiffen, Flugzeugen oder Lastwägen zwischen den Ländern transportiert. Aber weil wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, nimmt die Politik diese Umweltschäden in Kauf.
Gerade in Zeiten der Klimakrise sollte die Umwelt bei politischen Entscheidungen eigentlich eine wichtigere Rolle spielen. Und Menschen auf der ganzen Welt sollten dem Klima und den Tieren zuliebe generell weniger Fleisch essen.
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