In der konventionellen Schweinezucht läuft vieles schief, das ist schon lange bekannt. Wie schlimm die Zustände dort wirklich sind, zeigen Aufnahmen aus einem Betrieb bei Münster. Zwei Youtuber haben die Anlage heimlich besichtigt und versteckte Kameras installiert.
Gordon Prox und Aljosha Muttardi betreiben den Youtube-Kanal „Vegan ist ungesund“. Die beiden Männer sind Veganer und wollen mit witzigen Videos über die pflanzliche Ernährung aufklären. In ihrem neuesten Clip ist der Ton allerdings ernster.
In dem Video ist zu sehen, wie die Youtuber nachts heimlich in eine Schweinezuchtanlage einsteigen und sich dort umsehen. Ihre Aufnahmen sind nur schwer zu ertragen: Säue, die in winzigen Kastenständen stehen, Schweine mit Wunden und Verletzungen – und viele tote Tiere, die einfach herumliegen. Eines der toten Schweine ist mit einem hellgrünen Flaum übersät, wahrscheinlich die ersten Anzeichen der Verwesung.
Ferkelschutzkörbe und Kastenstände
In der ersten Halle besuchen Gordon und Aljosha den sogenannten „Abferkelbereich“ – hier bringen trächtige Säue ihre Ferkel zur Welt. Die Muttertiere sind in Metallkonstruktionen eingesperrt, die „Ferkelschutzkörbe“ heißen. Die Körbe sollen verhindern, dass die Säue ihre Ferkel ausversehen erdrücken. Im Video sieht man, wie eine Sau versucht aufzustehen – und es nicht schafft, weil sie nicht genug Platz hat.
Ähnlich sind auch die Bilder aus der Halle, in der weibliche Schweine künstlich befruchtet werden. Die Tiere stehen in Kastenständen und haben nicht mal genug Platz, um sich zur Seite zu legen. Sie stehen und sitzen in ihren Exkrementen. Immer wieder filmen Gordon und Aljosha außerdem tote Tiere – in den Käfigen, in einem Mülleimer oder übereinander gestapelt in einer Ecke.
Das Video von Gordon und Aljosha auf Youtube:
Mitarbeiter erschlagen Ferkel
Die Aufnahmen sind am 10. Oktober in einer Schweinezuchtanlage in Drensteinfurt bei Münster entstanden. Das Deutsche Tierschutzbüro hatte die beiden Youtuber bei der Aktion unterstützt. Bei ihrem nächtlichen Besuch haben Gordon und Aljosha nicht nur ihre eigenen Eindrücke festgehalten, sondern in allen Hallen der Anlage verstecke Kameras installiert.
Die Kameras filmten mehrere Wochen unbemerkt weiter. Ihre Aufnahmen sind noch schlimmer als die der Youtuber: Sie zeigen, wie Arbeiter die Ferkel umherwerfen, schütteln und misshandeln. Einer von ihnen schlägt ein Tier mehrmals auf den Boden um es zu töten – das Ferkel bewegt sich am Ende noch. Das ist offenbar keine ungewöhnliche Praxis: Tierschutzorganisationen filmen immer wieder, wie Angestellte in Viehbetrieben Ferkel erschlagen.
Repräsentative Bilder der Schweinehaltung in Deutschland
Ein anderer Mitarbeiter versucht auf einem Flur, ein Schwein mit einer Elektrozange zu töten. Er setzt mit der Zange mehrfach am Kopf und am Rump des Tieres an, offenbar ohne Erfolg. Das sind klare Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, sagt die Landestierschutzbeauftragten von Hessen Dr. Madeleine Martin bei Stern TV.
Anders bei dieser Szene: Ein Mitarbeiter schneidet einem Ferkel den Schwanz ab, danach schleift er ihm die Zähne – offenbar ohne Betäubung. Laut Martin ist beides legal. „Ich bin mittlerweile der traurigen Auffassung, dass diese Bilder durchaus repräsentativ sein können für deutsche Schweinehaltung“, sagt die Tierschutzbeauftragte.
Hier die Reportage von Stern TV auf Youtube:
Mehr als 13 Millionen tote Schweine jährlich
Das Tierschutzbüro hat die Aufnahmen aus der Anlage bei Münster an die Behörden weitergegeben und Strafanzeige erstattet. Inzwischen hat das Veterinäramt den Betrieb mehrfach kontrolliert und Verstöße festgestellt. Der Verdacht einer Straftat habe sich aber „nicht bestätigt“, erklärt der Kreis Warendorf. „Einige der vom Veterinäramt angeordneten Maßnahmen, wie z.B. eine bessere Klauenpflege, wurden bereits umgesetzt.“ Außerdem habe der Betreiber der Schweinezuchtanlage „kleine bauliche Änderungen“ in Auftrag gegeben. Man wolle die Schweinezuchtanlage in der kommenden Zeit regelmäßig kontrollieren.
Utopia meint: Wieder haben es Tierschützer geschafft, unfassbare Missstände in einer Tierzuchtanlage an die Öffentlichkeit zu bringen. Und wieder ist die Reaktion der Behörden enttäuschend. Selbst wenn die Schweinezuchtanlage ab jetzt die gesetzlichen Mindeststandards einhält – für die Tiere verringert sich das Leid nur wenig. Sie werden weiterhin kaum Platz zum Bewegen haben, in ihren Exkrementen sitzen und sich schmerzhafte Verletzungen zuziehen.
Kein Wunder, dass in deutschen Schweinemastanlagen jährlich mehr als 13 Millionen Schweine sterben oder notgetötet werden müssen, noch bevor sie geschlachtet werden können. https://utopia.de/schweine-fleisch-animal-rights-watch-13-millionen-84312/ Um die quälerische Massentierhaltung nicht zu unterstützen, sollte man also vor allem eines tun: Weniger oder gar kein Fleisch essen. Und wenn es doch einmal Fleisch sein soll, dann nur in Bio-Qualität. Das gilt auch für andere tierische Produkte wie Milch, Eier oder Käse.
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