Du kaufst Bio, vermeidest Plastik und machst in Sachen Umweltschutz sowieso einiges besser als der Rest der Bevölkerung? Einer schwedischen Studie zufolge stimmt das nicht unbedingt: Die meisten Menschen überschätzen demnach ihren Beitrag zum Umweltschutz. Das könnte problematische Konsequenzen haben.
Das Klima erwärmt sich, die Ozeane ersticken in Plastik und schätzungsweise eine Million Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. Die Erde ist in keinem guten Zustand – weshalb viele Menschen versuchen, umweltfreundlicher zu leben. Allerdings schätzen viele ihre Anstrengungen falsch ein. Darauf deuten die Ergebnisse einer Studie hin, die Ende 2019 in dem wissenschaftlichen Journal „Basic and Applied Social Psychology“ veröffentlicht wurde.
Für die Studie hat Magnus Bergquist von der Universität Göteburg (Schweden) in einem mehrstufigen Verfahren 4.042 Teilnehmer:innen aus Schweden, Indien, UK und den USA befragt. Bei den Fragen ging es unter anderem darum, wie wichtig den Teilnehmenden Umweltschutz im täglichen Leben ist – etwa ob sie auf bestimmte Öko-Siegel achten, Energie sparen oder Plastik vermeiden. Außerdem mussten sie ihren eigenen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz mit dem ihrer Freund:innen oder Mitbürger:innen vergleichen.
Der „Besser-als-der-Durchschnitt-Effekt“
Das Ergebnis: Die meisten Teilnehmenden hielten sich für umweltfreundlicher als der Durchschnitt. Sie gaben auch an, mehr auf Umweltschutz zu achten als ihre Freund:innen.
Die Tendenz, sich selbst im Vergleich mit anderen zu überschätzen, ist schon länger bekannt – unter dem Namen „Better-than-Average-Effekt“ („Besser-als-der-Durchschnitt-Effekt“). Man hält sich selbst für intelligenter, freundlicher oder ehrlicher als andere. Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass dieser Effekt dazu dient, den eigenen Selbstwert zu stärken. Neu ist laut Bergquist allerdings, dass der Effekt auch in Bezug auf Umweltschutz wirkt. „Wenn man logisch darüber nachdenkt, kann die Mehrheit nicht umweltfreundlicher sein als die anderen“, sagt der Wissenschaftler.
Der Effekt birgt eine gewisse Gefahr
Was bei der schwedischen Studie auffiel: Der Besser-als-der-Durchschnitt-Effekt war besonders stark bei Aktivitäten, welche die Teilnehmer:innen besonders häufig durchführten. Wenn eine Versuchsperson beispielsweise oft regional einkaufte, ging sie stärker davon aus, das häufiger als ihre Mitbürger:innen zu tun.
Die Universität Göteburg sieht darin eine gewisse Gefahr. Wenn man denke, umweltfreundlicher als andere zu sein, könne das „die Motivation reduzieren [… ] sich in Zukunft umweltfreundlich zu verhalten“, heißt es in einer Pressemitteilung zur Studie. Um das zu vermeiden, hat Studienautor Magnus Bergquist zwei Empfehlungen:
- Versuchen, die eigenen Bemühungen für Umweltschutz realistisch einzuschätzen.
- Menschen darüber informieren, dass andere Personen sich für die Umwelt einsetzen. Dadurch entstehe eine „umweltfreundliche Norm“, die uns alle zu mehr Umweltschutz inspirieren könne.
Den eigenen Lebensstil ehrlich reflektieren
Die schwedische Studie zeigt einmal mehr, dass unsere Einstellungen oft nicht mit der Realität übereinstimmen, wenn es um Umweltschutz geht. In Umfragen geben Menschen in Deutschland beispielsweise immer wieder an, wie wichtig ihnen es ist, ökologisch und umweltbewusst einzukaufen. Die Statistiken zeigen jedoch: Die meisten kaufen konventionelle Lebensmittel im Discounter ein – tierische Produkte aus Massentierhaltung statt Bio-Fleisch.
Wer etwas für die Umwelt und das Klima tun will, sollte sich und seinen Lebensstil immer mal wieder ehrlich reflektieren. Verschiedene Rechner und Webseiten können dabei helfen:
- CO2-Rechner: 5 Webseiten, mit denen du deine Klimabilanz errechnen kannst
- Fleisch-Rechner für Vegetarier und Fleischesser
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