Waldbrände, Überschwemmungen und Temperaturrekorde: Die Auswirkungen der Klimakrise sind in vielen Teilen der Welt bereits deutlich spürbar. Können wir den Klimawandel überhaupt noch aufhalten? Ein neues virales Video liefert eine spannende Analyse zu der Frage – es hat aber auch einen unangenehmen Beigeschmack.
Wer Klimaforscher*innen zuhört oder Studien zum Thema liest, kann leicht die Hoffnung verlieren. Wenn die Menschheit so weitermacht wie bisher, drohen große Katastrophen: tödliche Hitze, Dürren, Trinkwasserknappheit, unbewohnbare Gebiete und zerstörte Ökosysteme. Manche Expert*innen sprechen sogar vom Ende der menschlichen Zivilisation.
Trotz dieser prekären Lage sieht es zurzeit nicht so aus, als ob die Weltgemeinschaft die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhält. Ist es also schon zu spät? Nein – sagt ein neues Video von „Kurzgesagt – In a Nutshell“. Kurzgesagt ist einer der am meisten abonnierte Youtube-Kanäle, er veröffentlicht regelmäßig animierte Erklärvideos zu politischen oder wissenschaftlichen Themen.
Hier das Video auf Youtube:
Warum die CO2-Emissionen immer weiter steigen
Das neueste Video des Kanals erklärt, was die Menschheit noch tun kann, um den Klimawandel aufzuhalten. Das Video ist erst seit Dienstag online und hat schon mehr als 2,2 Millionen Aufrufe. Wir sind allerdings nicht mit allen Schlussfolgerungen einverstanden.
Es gibt vier Gründe, warum die CO2-Emissionen der Menschheit immer weiter steigen – um sie dreht sich das Video:
- Bevölkerungswachstum
- Wirtschaftliches Wachstum
- „Energieintensität“ (Energy intensity): wie effizient wir Energie nutzen
- Emissionen, die pro produzierter Energieeinheit verursacht werden
Nur auf die letzten beiden Faktoren haben wir noch einen Einfluss, argumentiert „Kurzgesagt“. Die Bevölkerung werde in den nächsten Jahrzehnten weiter wachsen, gleiches gelte für die Wirtschaft in den meisten Ländern. Deswegen müssen wir aktuell vor allem zwei Dinge tun:
- Energie effizienter nutzen – das bedeute vor allem, energieeffizientere Technologien zu entwickeln, durch die sich Energie sparen lässt.
- Weniger Emissionen pro produzierter Energieeinheit verursachen. Dafür müssen wir schnell weg von der fossilen Energiegewinnung.
Ein Problem: Der Rebound-Effekt
Energieeffiziente Technologien müssen unseren Energieverbrauch allerdings nicht zwingend senken. Grund ist der sogenannte Rebound-Effekt: Werden Produkte oder Dienstleistungen energieeffizienter, animiert das dazu, sie häufiger oder länger zu nutzen. Am Ende ist die Energieersparnis gleich null – oder man hat sogar mehr Energie verbraucht.
Umso wichtiger ist daher, die Emissionen pro produzierter Energieeinheit zu senken – also den globalen CO2-Fußabdruck. Für jede Einheit Energie, die wir produzieren, setzen wir CO2 frei. Bei Kohlekraftwerken ist der Anteil an CO2-Emissionen deutlich höher als bei Solarenergie.
Eigentlich müssten wir uns sofort von fossilen Brennstoffen verabschieden, das sei jedoch nicht machbar. Wir können aber einige Maßnahmen treffen, die extrem schnell wirken, heißt es in dem Video:
- Subventionen für fossile Energien abschaffen.
- Stattdessen erneuerbare Energien subventionieren.
- Atomkraftwerke länger laufen lassen. Sie sollen Kohlekraftwerke ersetzen.
- CO2-Emissionen streng bepreisen – und die Preise jedes Jahr erhöhen. Das schaffe Anreize für Industrien wie die Landwirtschaft oder die Auto-Branche, sich zu wandeln.
- Strenge Energiestandards bei Neubauten verpflichtend machen.
- Autos mit Verbrennungsmotoren ausmustern.
Wir brauchen eine doppelte Strategie – aber ohne Atomenergie
Den Klimawandel könne die Menschheit nur mit einer doppelten Strategie aufhalten: „Wir müssen Wege finden, die Emissionen heute zu reduzieren, während wir das erfinden, was wir in der Zukunft brauchen werden. Je weniger Treibstoff wir in den nächsten Jahren verbrennen, desto mehr Zeit können wir den Innovationen geben, aufzuholen.“
Utopia meint: Das Video von Kurzgesagt macht komplexe Zusammenhänge verständlich und basiert auf wissenschaftlichen Fakten. Es zeigt, dass es durchaus möglich ist, die Klimakrise noch abzuschwächen – wenn die Politik die richtigen Maßnahmen trifft. Allerdings ist ein Argument problematisch: dass die Menschheit hierzu auf Atomenergie zurückgreifen soll. Diese Forderung kommt im Video mehrmals vor. Das könnte auch daran liegen, dass das Video von der Organisation „Break Through Energy“ finanziert wurde. Sie setzt sich für „saubere“ Energie ein und plädiert für die Nutzung und den Ausbau von Atomenergie.
Natürlich ist richtig, dass Atomenergie im Vergleich zu fossiler Energie wenig CO2 verursacht. Dass sie damit „sauberer“ und umweltfreundlicher ist als Kohlekraftwerke, stimmt aber nur bedingt: Auch der Abbau des Urans und die Aufbereitung der Brennstäbe verursachen große Mengen an CO2. Außerdem ist Kernkraft extrem gefährlich. Tschernobyl und Fukushima haben gezeigt, dass wir mit dieser Form der Energiegewinnung Kräfte freisetzen, die zu Katastrophen führen können. Das Problem des Atommülls ist nach wie vor ungelöst. Deutlich nachhaltiger und sicherer bleiben erneuerbare Energien.
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