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Biokraftstoffe: Sind sie wirklich nachhaltig?

Biokraftstoff
Foto: CC0/pixabay/blickpixel

Der Gedanke hinter Biokraftstoff war ursprünglich, das Klima zu schützen. Inzwischen ist seine Nachhaltigkeit umstritten. Welche Kritikpunkte es gibt und wie mögliche Lösungen aussehen könnten, erfährst du hier.

Biokraftstoffe entstehen aus pflanzlichem Material und damit sind sie eine klimaschonende Alternative zu fossilen Kraftstoffen – so war der Gedanke, aber tun sie das auch wirklich?

Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Zu viele Faktoren sind dabei zu berücksichtigen. Zudem spielt der Faktor Zeit eine Rolle, denn bis 2045 hat sich Deutschland vorgenommen, klimaneutral zu sein. Das schließt auch die Fahrzeuge und das gesamte Transportwesen mit ein. 

Jedoch ist eines sicher: Die Biokraftstoffe können uns dabei helfen, von Benzin und Diesel-Kraftstoffen wegzukommen. Vielleicht sind sie ein Anfang, aber nicht die Lösung, um die Mobilität jenseits der fossilen Antriebsquellen zu denken.  

Biokraftstoffe: Was ist das überhaupt?

Biokraftstoff kann aus Mais hergestellt werden.
Biokraftstoff kann aus Mais hergestellt werden.
(Foto: CC0 / Pixabay / ignartonosbg)

Biokraftstoffe bestehen aus pflanzlichem Material und sind damit nachwachsende Energiequellen. Diese regenerativen Kraftstoffe haben den großen Vorteil, dass Fahrzeuge mit den üblichen Verbrennungsmotoren sie alternativ zu Benzin oder Diesel tanken können. Dadurch könnten die bestehenden Fahrzeuge innerhalb kurzer Zeit deutlich klimafreundlicher unterwegs sein.

Benzin und Diesel basieren auf Erdöl, damit verbrauchen sie die natürlichen Reserven der fossilen Brennstoffe. Bei der Verbrennung von fossilen Kraftstoffen im Motor entsteht unter anderem das klimaschädliche Kohlenstoffdioxid (CO₂). Um das deutsche Klimaziel bis 2045 zu erreichen, müssen wir auch im Straßenverkehr und im Transport Treibhausgase einsparen.

Aus den Pflanzen lässt sich entweder Ethanol oder Biodiesel herstellen. Der WWF erklärt die Unterschiede zwischen den beiden Biokraftstoffen: 

  • Ethanol aus Stärke und Zucker – Pflanzen wie Mais, Getreide oder Rüben enthalten Stärke und Zucker. Daraus lässt sich Ethanol herstellen. Chemisch gesehen zählt Ethanol zu den Kohlenwasserstoffen – zu dieser Gruppe gehört unter anderem auch Erdöl. Das pflanzliche Ethanol lässt sich mit herkömmlichem Benzin problemlos mischen. Die Biokraftstoffe an den Tankstellen, wie zum Beispiel E5 oder E10, sind dementsprechend auch Gemische. Sie enthalten entweder fünf oder zehn Prozent pflanzliches Ethanol zusätzlich zum herkömmlichen Benzin.
  • Biodiesel aus pflanzlichen Ölen – Beispiele dafür sind Raps-, Soja– oder Palmöl. Die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e.V. erläutert, dass diese Biokraftstoffe meist mit fossilem Dieselkraftstoff vermischt sind. Das jeweilige Mischungsverhältnis geben die Bezeichnungen an: Die Einstufung B7 zum Beispiel entspricht einem Zusatz von sieben Prozent Biodiesel. Bestimmte Fahrzeugtypen, vorwiegend Lkws oder Maschinen, können auch reinen Biodiesel (B100) tanken.

Herstellerfirmen müssen die Motoren ihrer Fahrzeuge für die jeweils geeigneten Mischverhältnisse freigeben. Das gilt sowohl für Ethanol wie für Biodiesel. Möchtest du deinen Wagen mit Biokraftstoff betreiben, informiere dich also vorher über die Freigaben, die für dein Fahrzeug gelten.

Der langfristige Gebrauch von E10-Benzin ist unter Fachleuten noch umstritten. Es bestehen Bedenken, dass Kunststoff- sowie Aluminiumteile im Motor durch das Ethanol Schaden nehmen könnten. Für moderne Fahrzeuge mit Ottomotoren sollte das Ethanol in der Regel kaum ein Problem darstellen. Anfälliger könnten jedoch Autos aus älteren Generationen sein, wie Oldtimer. Auch hier der Tipp, vor dem Tanken bei dem Autohersteller nachfragen.

Biokraftstoff: Der schnelle Weg zum Klimaschutz?

Biokraftstoff ist an vielen Tankstellen schon erhältlich.
Biokraftstoff ist an vielen Tankstellen schon erhältlich.
(Foto: CC0/pixabay/Planet_fox)

Die pflanzlichen Biokraftstoffe sollen dabei helfen, die CO2-Emissionen der Autoabgase zu verringern. Das Lexikon der Nachhaltigkeit erläutert die Idee, die hinter der Treibstoffalternative steckt: 

  • Klimaneutral – Pflanzen speichern das CO2 aus der Atmosphäre und verwenden den Kohlenstoff als Material für ihr Zellwachstum. Bei der Verbrennung von pflanzlichem Treibstoff im Motor entweicht nur der Kohlenstoff wiederden die Pflanzen ohnehin aus der Atmosphäre gezogen und gespeichert hatten. Durch die Verbindung mit Sauerstoff entsteht daraus das Treibhausgas CO2. Weil aber nur CO2 wieder freigesetzt wird, das sich vorher schon einmal in der Atmosphäre befand, soll es sich damit im Grunde um einen klimaneutralen Prozess handeln.
  • Fossile Rohstoffe einsparen – Durch die Biokraftstoffe verbrauchen die Fahrzeuge weniger der ohnehin knappen Erdölreserven. Das soll zu einem nachhaltigen Umgang mit Rohstoffen beitragen.
  • Regionale Versorgung – Pflanzen wie Mais oder Raps wachsen auf lokalen Äckern. Die Abhängigkeit von Erdölimporten zur Kraftstoffproduktion nimmt ab. Dadurch ließen sich teilweise auch geopolitische Spannungen entschärfen.

Doch gerade die Sache mit dem klimaneutralen Biokraftstoff ist bei genauer Betrachtung komplexer.

Wie das Lexikon der Nachhaltigkeit weiter ausführt, entstehen beim Verbrennungsprozess durchaus zusätzliche Treibhausgase. Auf ihrem Weg vom Feld bis zur Zapfsäule der Tankstellen verbrauchen Biokraftstoffe Energie und dabei entstehen fast immer zusätzliche CO2-Emissionen. Meistens handelt es sich dabei um deutlich mehr, als die Pflanze ursprünglich speichern konnte. Die Rechnung geht also vielfach nicht auf, wenn der Energieverbrauch in allen Phasen der Herstellung mit eingerechnet ist. Solche Berechnungen stellt eine Ökobilanz auf, die den gesamten Herstellungsprozess und die Lieferkette umfasst.

Das Fachmagazin Wirtschaftsdienst wies schon 2008 darauf hin, dass ein Biokraftstoff mitunter genauso klimaschädlich sein kann wie ein Kraftstoff aus fossilen Quellen. Kommt beispielsweise der Strom für die Herstellung aus einem Kohlekraftwerk, addieren sich diese CO2-Emissionen zur Ökobilanz des jeweiligen Biokraftstoffs.

Der WWF erklärt am Beispiel von Palmöl, warum eine Ökobilanz für Biokraftstoff so komplex ist und individuell erstellt werden muss: 

  • Eine Tonne Biodiesel aus nachhaltig angebautem Palmöl kann im Vergleich zur gleichen Menge fossilem Diesel bis zu 50 Prozent CO2 einsparen. 
  • Ganz anderes sieht es aus, wenn für die Plantage Regenwald weichen musste. Kommt dann noch Brandrodung dazu oder wie im Fall von Indonesien verbrannter Torfwald, dann vervielfacht sich die freigesetzte Menge an Treibhausgasen. Für das Beispiel Indonesien errechnete der WWF, dass die CO2-Emissionen die von herkömmlichen Diesel sogar um das zehn- bis dreißigfache übersteigen.

Biokraftstoff hat auch sonst ein Problem mit Nachhaltigkeit

Biokraftstoff aus Palmöl ist selten nachhaltig.
Biokraftstoff aus Palmöl ist selten nachhaltig.
(Foto: CC0/pixabay/tristantan)

Auch ohne das mitunter fragliche Potenzial zur Einsparung von CO2 hat Biokraftstoff Probleme damit, sich als nachhaltig zu erweisen. Dafür gibt es verschiedene Gründe.

Ressource Ackerland – Der WWF stellt fest, dass nachhaltige und klimaschonende Biomasse ein rares Gut ist. Der Anbau von Biokraftstoffen verbraucht Ackerfläche, auf der sonst Nahrungsmittel wachsen könnten. Damit schont er zwar die fossilen Rohstoffe, jedoch verbraucht er die knappe Ressource Ackerland, die eigentlich der Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung vorbehalten bleiben sollte. Dieses Dilemma bei der Verwendung von Ackerflächen betrifft jede der genannten Pflanzen. 

Zerstörung fruchtbaren Bodens – Der WWF führt aus, dass der industrialisierte Anbau von Pflanzen, wie für Biokraftstoffe die fruchtbare Humusschicht zerstören kann. Im Extremfall verwandelt sich das Land dann in unfruchtbare Wüstengebiete. Auch deutsche Äcker können von dem fortschreitenden Verlust an fruchtbarem Boden, der Bodendegradation, betroffen sein. 

Mitunter führt der Anbau von Biokraftstoffen sogar zu noch schwerwiegenderen Problemen für Umwelt und Menschen. Greenpeace erläutert dies wiederum am Beispiel Palmöl:

  • Artenvielfalt – Palmöl-Plantagen entstehen teilweise auf extra dafür abgeholztem Regenwald. Laut Greenpeace fallen allein in Indonesien etwa jährlich zwei Millionen Hektar Torfwälder der Rodung zum Opfer. Teilweise geschieht das für den Anbau von Palmöl. Mit dem Regenwald schwindet der Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Die Artenvielfalt ist dadurch in den betroffenen Regionen bedroht.
  • Menschenrechte – Die tropischen Regenwälder sind die Heimat indigener Stämme. Greenpeace berichtet von Verstößen der Palmölunternehmen gegen die, mit solchen Stämmen getroffene Vereinbarungen. So sind Fälle dokumentiert, bei denen die vereinbarte Entschädigung ausblieb oder sich die in Aussicht gestellten Schulen und Kliniken als leere Versprechen erwiesen.

Wie geht es weiter mit Biokraftstoff?

Die Forschung arbeitet an neuen Generationen von Biokraftstoffen.
Die Forschung arbeitet an neuen Generationen von Biokraftstoffen.
(Foto: CC0 / Pixabay / jarmoluk)

Biokraftstoff, der bei dem Anbau die knappe Ressource Ackerland verbraucht, ist damit aus Sicht des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung problematisch. 

Der WWF fordert daher, dass der Anbau von Biomasse keine bestehenden Ökosysteme vernichten darf – vor allem nicht solche wie den tropischen Regenwald. Die Organisation weist ebenfalls darauf hin, dass auch die riesigen Anbauflächen für Raps und Mais in Deutschland die Artenvielfalt gefährden. Sie fordert, dass die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien (EU-RED) konsequenter angewendet werden müsse. Die Richtlinie sieht bereits vor, dass Biomasse nur dann für Kraftstoffe zu verwenden ist, wenn es keine andere Nutzungsmöglichkeit gibt.

In diesem Bereich könnten die Biokraftstoffe der neuen Generationen eine nachhaltigere Alternative schaffen. Der WWF führt aus, wohin die Forschung geht. Biokraftstoffe …

  • der zweiten Generation sollen Pflanzenreste oder Abfälle der Nahrungsmittelindustrie verwenden. Beispiele sind die Reste aus der Zuckerherstellung aus Zuckerrohr oder Frittierfett.
  • der dritten Generation gehen noch ein Stück weiter. Hier versuchen Forscher:innen, aus Stroh oder Sägespänen Biokraftstoffe zu gewinnen. Ein weiteres Forschungsfeld sind algenbasierte Biokraftstoffe.

    Biokraftstoffe nicht als kurz- sondern als langfristige Lösung

    Die Biokraftstoffe der nächsten Generationen könnten damit Schritt für Schritt an Nachhaltigkeit gewinnen – es bleibt jedoch ungeklärt, ob sich damit die Mobilitätswende auch in dem gesteckten Zeitraum bis 2024 verwirklichen lässt.

    Eine Projektstudie von 2019 für den Deutschen Bundestag kommt zu dem Schluss, dass die Biokraftstoffe der dritten Generation keine schnelle Lösung darstellen. Aus Sicht der Autoren können speziell für den Güterverkehr auch solche Algen-Kraftstoffe die Klimabilanz nicht kurzfristig verbessern, unter anderem durch die sehr energieintensiven Verfahren.

    Die Informationsplattform für Nachhaltigkeit Sigma Earth fasst zusammen, dass nach dem Stand der Technik auch 2024 die Algen-Biokraftstoffe kurzfristig noch kein Ersatz sein können, langfristig aber viel Potenzial besitzen.

    Trotzdem könnten Biokraftstoffe doch noch eine Rolle bei der Mobilitätswende zu kommen. Die Teilnehmer:innen am Fachkongress für erneuerbare Mobilität heben hervor, dass es schnell umsetzbare Lösungen für Flugzeuge, Schifffahrt oder Maschinen in der Land- und Forstwirtschaft geben muss. Sie weisen darauf hin, dass nach heutigem Stand der Technik sich diese Motoren nicht durch einen Elektroantrieb ersetzen lassen. Sie wären auch Biokraftstoffe angewiesen. Der Fachkongress sieht auch mögliche Optionen in den E-Fuels oder HVO Treibstoffen.

    • E-Fuels – Das Bundesministerium für Umwelt erklärt, dass dies flüssige Kraftstoffe sind, die durch elektrischen Strom aus Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) entstehen.
    • HVO – Diese Abkürzung steht für „Hydrotreated Vegetable Oils“, für ein hydriertes pflanzliches Dieselöl. Durch chemische Reaktionen lässt sich Wasserstoff in Kohlenwasserstoff umgewandelt. Der ADAC erläutert, dass sich dadurch die pflanzlichen Öle an die Eigenschaften der fossilen Dieselkraftstoffe anpassen. 

    Fazit: Biokraftstoff ja, aber nicht nur

    Biokraftstoff lässt sich aus Pflanzenresten herstellen.
    Biokraftstoff lässt sich aus Pflanzenresten herstellen.
    (Foto: CC0/pixabay/ckstockphoto)

    Biokraftstoffe der ersten Generation sind aus Nahrungs- oder Futtermitteln wie beispielsweise Mais, Getreide, Raps, Palmöl oder Soja hergestellt.

    • Damit verbrauchen sie die knappe Ressource Ackerland anstatt die Ressource fossile Energieträger, wie Benzin oder Diesel. Sie sparen zwar Rohstoffe ein, aber benötigen dafür Bodenfläche, die für die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung benötigt wird.
    • Auch die in sie gesetzten Hoffnungen, die Treibhausgasemissionen zu verringern, gehen genau genommen nicht auf. Auf den ersten Blick erscheint der Prozess der Verbrennung von regenerativen Treibstoffen klimaneutral, doch bei genauer Aufrechnung, die auch den Herstellungsprozess mit einbezieht, weist die Ökobilanz in vielen Fällen ein Minus aus.

    Die Forschung ist hier gefragt, schnell Lösungen zu entwickeln. Um für den Straßenverkehr und das Transportwesen kurzfristig – bis 2045 Alternativen zu den derzeitigen fossilen Kraftstoffen zu schaffen, bedarf es wahrscheinlich einen innovativen Mix an Antrieben. Dieser könnte aus nachhaltigem Biokraftstoff der nächsten Generationen sowie aus Wasserstoff oder Elektromotoren bestehen. 

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