Noch drei Wochen: Dann gilt deutschlandweit die neue Kassenbon-Pflicht. Alle Händler müssen für jeden Einkauf einen Bon ausgeben, selbst kleine Geschäfte sind dazu verpflichtet. Ein Ladenbesitzer prangerte nun in einem Facebook-Post die Doppelmoral der Politik an.
Ein Kaugummi am Kiosk, eine Breze vom Bäcker oder zwischendurch ein Kaffee – ab dem 1. Januar 2020 gibt es jedesmal einen Kassenbon dazu. Der Zweck des neuen Gesetzes: Steuerbetrug verhindern.
Vor allem kleinere Händler ärgern sich, denn die Kassenbonpflicht bedeutet für sie mehr Kosten. Für Klaus Winter, den Besitzer des Restaurants „Strandhaus Lindau“ geht es aber noch um mehr als die finanzielle Belastung: „Ich fühle mich im Moment wirklich komplett veräppelt und frage mich, warum wir sowohl im Restaurant als auch privat bei jeder Kleinigkeit strikt auf Müllvermeidung achten – und dann kommt so ein Hammer zum Jahreswechsel“, schrieb Winter auf Facebook.
Hunderte Kilometer Thermopapier
Winter führt neben dem Restaurant auch ein Ladengeschäft namens „Strandkorb“. „Wir müssen … für JEDE verkaufte Bäckertüte – egal, ob da eine Brezel drin ist oder drei Semmel oder ob sich ein Kind ein Eis kauft oder eine Zeitschrift – jedes Mal einen BON auf THERMOPAPIER rauslassen. Auch wenn ihn der Kunde nicht haben möchte und somit auch nicht mitnimmt.“ Das Gesetz würde „hunderte Kilometer Thermopapier pro Jahr und Bäcker, Metzger, Restaurant“ mehr produzieren.
Kassenbons bestehen aus Thermopapier, in dem bislang oft Bisphenol A als Farbentwickler diente. Ab 2020 ist Bisphenol A in Kassenbons zwar verboten, die Zettel gehören trotzdem nicht ins Altpapier, sondern in den Restmüll. Die Kassenbonpflicht verursacht damit jede Menge eigentlich unnötigen Müll, der nicht einmal recyclebar ist.
Kein Kaffee-to-Go, dafür Kassenzettel
„Habe ich in Sachen ‚Klimapaket‘, ‚Umweltschutz‘, ‚Fridays for future‘ und ‚Milliardenschweres Paket der Bundesregierung für mehr Umwelt- und Naturschutz‘ irgendetwas im Zwischenteil nicht mitbekommen?“, fragt Winter in seinem Facebook-Post. „Und unsereiner kauft im Restaurant unter anderem ALLES Fleisch in der Region ein, damit die Lebensmittel einen kurzen Weg haben. Und trinkt keine ToGo-Kaffees mehr, weil die Becher beschichtet sind. Und kauft privat sein Obst und Gemüse NUR lose und ohne Plastiktüte drumherum ein.“
Winters wütender Post auf Facebook erhielt viel Zustimmung. Er wurde tausendfach geliked, kommentiert und geteilt. In den Kommentaren berichten auch einige Kleinunternehmer von ihren Bedenken. Einer von ihnen fragt beispielsweise, wie er bei Großveranstaltungen jedem Käufer einen Kassenzettel aushändigen soll, ohne den Betrieb zu verlangsamen.
Deutschland ist Spitzenreiter im Papierverbrauch
Ein anderer Nutzer kommentierte: „Und das alles nur wegen der Möglichkeit, dass etwas Geld evtl. nicht in der Kasse landet und somit steuerlos am Staat vorbei geht. Auf die Millionen von Starbucks und Amazon verzichtet man hingegen gerne.“
Klaus Winter und andere kleinen Händler können versuchen, sich per Antrag beim Finanzamt von der Kassenbonpflicht befreien zu lassen. Deutschland ist ohnehin schon Spitzenreiter im Papierverbrauch: Jede Person in Deutschland verbraucht mehr als 241 Kilogramm Papier, Pappe und Karton im Jahr – so viel wie in keinem anderen G-20-Land. Die allgemeine Kassenbonpflicht wird diese Zahl noch erhöhen. Ein Bäcker zeigte kürzlich in einer Protestaktion, wie viel Papier sich nach nur wenigen Tagen ansammelt: Der Irrsinn der Kassenbonpflicht in einem Bild.
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