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Ab Januar 502 Euro: Was du über das Bürgergeld wissen musst

Was im neuen Jahr 2024 auf die Verbraucher:innen zukommt
Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Wochenlang wurde über die richtige Balance von Fördern und Fordern debattiert. Nun haben Bundestag und Bundesrat über das Bürgergeld entschieden. Auf Millionen Bedürftige kommen 2023 mehr Grundsicherung und neue Regeln zu.

Im kommenden Jahr wird in Deutschland das Bürgergeld eingeführt. Nach dem Bundestag stimmte am Freitag auch der Bundesrat der Sozialreform zu. Sie ist ein zentrales Projekt der Ampel-Koalition und soll das bisherige Hartz-IV-System ablösen.

Bessere Hilfen für Arbeitslose

Zum 1. Januar steigen die Bezüge in der Grundsicherung um mehr als 50 Euro. So erhalten Alleinstehende künftig 502 Euro. Wesentliche Teile der Reform treten zum 1. Juli in Kraft. Die Jobcenter sollen sich stärker um Arbeitslose kümmern können. Besser als bisher soll die Vermittlung in dauerhafte Arbeit anstatt in einfache Helferjobs gelingen.

Dazu sollen die Betroffenen in verstärktem Maß weiterqualifiziert werden oder eine Ausbildung oder Umschulung antreten. Gestrichen werden sollen viele sogenannte Rechtsfolgenbelehrungen, die Post vom Jobcenter bisher für viele abschreckend wirken ließ. Außerdem dürfen die Empfänger:innen der Grundsicherung künftig mehr hinzuverdienen – zum Beispiel mit einem Minijob.

Die Betroffenen dürfen zudem künftig etwas weniger selbst angespartes Geld behalten als zunächst geplant. Dieses sogenannte Schonvermögen beträgt in einer „Karenzzeit“ von einem Jahr 40.000 Euro. Weitere Personen in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft dürfen jeweils 15.000 Euro behalten. Altersvorsorge und Wohnung bleiben zunächst weitgehend unangetastet.

Sorge aus der Politik: Arbeitslose durch Bürgergeld zu wenig Mitwirken angehalten

Den Beschlüssen war ein Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat vorausgegangen. Die Union hatte die ursprünglichen Pläne der Ampel-Koalition abgelehnt. CDU und CSU bemängelten, dass Arbeitslose zu wenig zu eigener Mitwirkung angehalten werden sollten. Die Balance von Fördern und Fordern sah die Union nicht mehr gewahrt. Im Bundesrat fiel das Bürgergeld deshalb zunächst durch.

Verschärft wurden auf Druck der Union entgegen dem ursprünglichen Entwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die möglichen Sanktionen bei Pflichtverletzungen. Bereits ab Januar sind solche Kürzungen des Bürgergelds gestaffelt und in Höhe von maximal 30 Prozent möglich, wenn sich Arbeitslose entgegen den Absprachen nicht auf eine Stelle bewerben oder eine Maßnahme etwa zur Qualifizierung antreten.

Im Bundestag stimmten 557 Abgeordnete für die Änderungen, die der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundestag abgesegnet hatte. Den Kompromiss ausgehandelt hatte eine informelle Runde von Ampel-Koalition und Union. Die AfD kritisierte das Vorgehen deshalb als nicht verfassungsgemäß. Abschließend bekam das Bürgergeld eine „sehr großer Mehrheit“ im Bundesrat, wie der Bundesratspräsident, Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), feststellte. Bayern hatte sich enthalten.

Seitenhieb von Heil und weitere Reaktionen aus der Politik zum Bürgergeld

In einem Seitenhieb auf die Union wandte sich Heil nun gegen den „Generalverdacht“, dass Langzeitarbeitslose zu faul zum Arbeiten seien. In der abschließenden Debatte im Bundestag hatte FDP-Vize Johannes Vogel zuvor betont: „Fördern und Fordern gilt auch beim Bürgergeld.“ Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte: „Die Methode Populismus hatte im Vermittlungsausschuss überhaupt keinen Raum.“ Sie habe sich gefragt, ob es daran liege, dass CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder nicht dabei gewesen seien.

Der AfD-Abgeordnete Götz Frömming bewertete das Bürgergeld als „Etikettenschwindel„. Gesine Lötzsch von der Linken sagte: „Das Bürgergeld ist eben keine Überwindung von Hartz IV, es ist nur ein Täuschungsmanöver.“ Im Bundesrat begründete Thüringens Minister für Bundesangelegenheiten, Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), die Zustimmung seines Landes damit, dass es sich unter anderem bei den höheren Regelsätzen um nötige Sofortmaßnahmen handele.

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) versicherte, das Vorgehen der Union habe nichts mit Blockade zu tun gehabt. Ein guter Kompromiss sei gelungen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) betonte, „dass wir neue Ansätze benötigen“. Im Vergleich zu früher gebe es mehr Unqualifizierte und Menschen mit Migrationshintergrund, die eine Perspektive bräuchten. 2Ein Drittel der arbeitslosen Menschen haben keine abgeschlossene Ausbildung“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte mit Blick auf die Union, die Debatte sei „vergiftet“ geführt worden. Suggeriert worden sei, dass Arbeit sich in Deutschland nicht mehr lohne.

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