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Forschende warnen vor dem Gebrauch bestimmter Desinfektionsmittel

Desinfektionsmittel
Foto: CC0 Public Domain - Pexels/ Artem Podrez

Seit der Corona-Pandemie stehen vielerorts Desinfektionsmittel bereit. Eine Studie jedoch zeigt: Viele Desinfektionsmittel enthalten Stoffe, die bei häufigem Gebrauch gesundheitlich schaden können.

Amerikanische Wissenschaftler:innen warnen vor einem häufigen Gebrauch sogenannter Quartärer Ammoniumverbindungen (QAV), wie sie etwa in Reinigungs- und Desinfektionsmitteln vorkommen.

Einige dieser Substanzen können Wassertiere schädigen und auch beim Menschen negative gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Besonders der alltägliche Gebrauch der Hygienemittel könne dazu führen, dass die bekämpften Mikroorganismen Ausweichmutationen bilden und so resistenter werden, schreibt eine Forscher:innengruppe um Carol Kwiatkowski vom Green Science Policy Institute in Berkeley, Kalifornien. Ihre Studie zu dem Thema ist vor kurzem im Fachmagazin „Environmental Science & Technology“ erschienen. 

Zur Stoffklasse QAV zählen hunderte Substanzen. Viele von ihnen haben antimikrobielle und antibakterielle Wirkungen und kommen deshalb in Desinfektionsmitteln, Allzweckreinigern und Körperpflegeprodukten zum Einsatz. Der Wissenschaftler:innengruppe um Kwiatkowski zufolge ist der Gebrauch dieser Stoffklasse in den USA seit der Pandemie stark angestiegen. Gleichzeitig würden die Chemikalien auch vermehrt in der Umwelt freigesetzt.

Quartäre Ammoniumverbindungen in Deutschland weniger verbreitet

In den USA wurden QAV während der Pandemie als Desinfektionsmittel-Wirkstoffe vermehrt eingesetzt. Bernd Glassl vom Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel erklärt gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa), ihm von einem verstärkten Trend in Deutschland nichts bekannt. Im Jahr 2020 habe es in Deutschland eine sehr hohe Nachfrage nach Desinfektionsmitteln gegeben, jedoch hauptsächlich auf Basis von Ethanol und/oder Isopropylalkohol. Und nur für kurze Zeit, die Nachfrage sei bereits 2021 deutlich zurückgegangen.

Dass in Deutschland während der Corona-Pandemie vorwiegend alkoholbasierte Desinfektionsmittel verwendet wurden, bestätigt auch Christoph Stang vom Umweltbundesamt (UBA). Allerdings gebe es keine genauen Angaben zur Verwendung von QAV-Bioziden, weil diese bis Ende 2021 mengenmäßig nicht erfasst wurden. Die UBA forscht aktuell dazu, wie sich die Nutzung von QAV auf die Umwelt auswirkt.

Alltägliche Anwendung birgt Gesundheitsrisiko

Die an der US-Studie beteiligten Expert:innen stammen aus Behörden, aus der Wissenschaft oder aus gemeinnützigen Organisationen. Sie werteten über 200 wissenschaftliche Untersuchungen aus, in denen die Wirkung verschiedener QAV untersucht wurden.

Ein Ergebnis: Einige Ammoniumverbindungen überstehen die Abwasserbehandlung und gelangen so in die Umwelt, wo sie für empfindliche Wasserorganismen toxisch wirken. Die Forscher:innen zeigen sich auch ob der vermuteten oder bekannten Auswirkungen auf den Menschen besorgt. Etwa Angestellte in Herstellungsbetrieben und Krankenhäusern oder Reinigungskräfte, die Desinfektionsmitteln alltäglich ausgesetzt sind, können mit der Zeit Überempfindlichkeiten oder chronische Entzündungen entwickeln. Vor allem die Haut und die Atemwege seien betroffen. 

Darüber hinaus könne der häufige Gebrauch von Desinfektionsmitteln zur Entwicklung von Resistenzen bei den bekämpften Mikroorganismen führen, wie es etwa auch bei Antibiotika der Fall ist. Die Expert:innen empfehlen eine regelmäßige Reinigung mit Wasser und Seife und eine Desinfektion nur bei Bedarf.

Sie kritisieren auch, dass die Regulierung von QAV derzeit unter anderem davon abhängt, in welchem Produkt die Stoffe verwendet werden – somit würden dieselben Stoffe unterschiedlich streng geprüft. Auch würden QAVs aus bestimmten Quellen bisher überhaupt nicht bewertet.

Studienautor:innen fordern strengere Regulierung

Im Rahmen ihrer Studie verlangen die Expert:innen um Kwiatkowski zudem, dass die Wirkungen Quartärer Ammoniumverbindungen auf den Menschen und die Umwelt intensiver untersucht werden.

Von der US-Politik verlangen die Studienautor:innen unter anderem, dass die Substanzen in Listen von Schadstoffen von zunehmendem Interesse für Berichterstattung, Überwachung und Bewertung aufgenommen werden. Auch sollte die Verwendung der Stoffgruppe in Hygienemitteln konsequent über verschiedene Behörden hinweg reguliert werden. Dabei soll auch berücksichtigt werden, dass Mensch und Tier den QAV aus verschiedenen Quellen ausgesetzt sind.

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