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Kaffeebohnen bei Stiftung Warentest: Wieder nicht genau hingeschaut

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CC0/Unsplash.com/Nathan Dumlao

Die Stiftung Warentest hat Kaffeebohnen für Caffè Crema und Espresso unter die Lupe genommen. Leider gab’s – wie üblich – keine Extrapunkte für Bio-Produkte. Und auch ein anderer wichtiger Aspekt spielte bei der Bewertung wieder keine Rolle.

Die Stiftung Warentest hat Kaffee gekocht: Unter die Lupe kamen 21 Packungen Espressobohnen (darunter auch Caffè Crema), die die Verbraucherschützer:innen für die aktuelle Ausgabe ihrer Zeitschrift „test“ (Heft 01/22) zubereitet und verkostet haben. Die Unterschiede zwischen den Sorten liegen übrigens im Röstverfahren – Crema-Bohnen werden in der Regel heller geröstet als klassische Espressobohnen – und der Art der Zubereitung: So wird Caffè Crema mit deutlich mehr Wasser aufgebrüht.

Italienischer Espresso ist Testsieger

Das sensorische Ergebnis der Tester war wenig aussagekräftig. Denn: Die Crema-Röstungen unterschieden sich im Geschmack kaum, so die Tester:innen: Bitternis, Säure und Röstaroma waren fast durchweg mittelstark ausgeprägt.

Bei den „echten“ Espressoröstungen waren die Geschmacksunterschiede laut Stiftung Warentest stärker. Hier stachen vor allem die italienischen Kaffeebohnen Lavazza Espresso Italiano Cremoso (kaufen** u.a. bei Rewe oder Amazon) und Segafredo Intermezzo (kaufen** u.a. bei Amazon) mit deutlichen Röst- und Bitternoten, intensivem Nachgeschmack hervor sowie mit stabiler Crema – dem goldbraunen Schaum auf der Kaffeeoberfläche. Mit den Noten 1,8 bzw. 1,9 waren sie die besten Espressi; Sieger bei den Crema-Caffè war der Netto Cafèt Caffè Crema Barista mit der Note 2,0.

Bio? Spielt keine (Sonder-)Rolle

Deutlich fielen die Preisunterschiede aus: von rund 8 Euro (z.B. für den Caffè Crema von Aldi, Edeka, Netto oder Rewe) bis 34 Euro pro Kilo (z.B. für Espresso Classico von Illy). Produkte mit Bio-Siegel erhielten im Schnitt keine auffällig besseren Noten als konventionelle Espressobohnen, die Warentester:innen hatten aber auch keinen Bonus für die besseren Umweltbedingungen vergeben, die beim Bio-Anbau beachtet werden.

An der Qualität der Bohnen hatten die Warentester wenig auszusetzen: Den von der EU-Kommission festgelegten Richtwert für den Schadstoff Acrylamid – der beim Rösten entsteht und das Erbgut verändern sowie möglicherweise Krebs verursachen kann – unterschritten alle Testkandidaten. Er liegt bei 400 Mikrogramm je Kilo.

Uneins über Acrylamid & Furan

Die Prüfer:innen von Öko-Test hatten da bei ihrem letzten Espressobohnen-Test 2019 genauer hingeschaut und bereits ab einem Gehalt von 200 Mikrogramm Acrylamid abgewertet: Damals wiesen immerhin 8 von 22 Espressi laut Öko-Test „erhöhte“ Acrylamid-Spuren auf. Pikant: Darunter war auch der Espresso Segafredo Intermezzo, der bei Stiftung Warentest jetzt den zweiten Platz belegt und als „schokoladig“ und mit „intensivem Nachgeschmack“ beschrieben wird. Öko-Test kritisierte vor zwei Jahren hingegen nicht nur einen erhöhten Acrylamid-Gehalt, sondern bemängelte auch den Geschmack („leicht streng und bitter“) und fehlende Transparenz des Unternehmens.

Öko-Test brachte vor vier Wochen auch die Debatte um zu hohe Furangehalte in Kaffee in Gang. Furan, ebenfalls ein Begleitprodukt des Röstens, hat in Tierversuchen zu Krebs und Leberschäden geführt und wird deshalb von den Öko-Tester:innen kritisiert. Strenggenommen gibt es zurzeit keinen Kaffee auf dem Markt, der keine erhöhten Furanwerte aufweist, so Öko-Test (lies dazu: Kaffee bei Öko-Test: Dallmayr, Tchibo, Jacobs & Co. sind „mangelhaft“).

Die Stiftung Warentest zeigt sich da wesentlich entspannter: Von der flüchtigen Substanz Furan, die die Tester:innen aktuell in den Espressobohnen nachgewiesen haben, gehe nur „ein Bruchteil in die Getränke“ über, heißt es.

Fairness wird nicht bewertet

Bedauerlich finden wir auch weniger, dass Stiftung Warentest sich bei Acrylamid und Furan an anderen Grenzwerten orientiert als Öko-Test, uns stört vielmehr, dass die Warentester immer noch keine sozialen Kriterien in ihre Testergebnisse einfließen lassen.

Dabei ist den meisten Konsument:innen bewusst, dass konventioneller Kaffeeanbau oft mit problematischen Arbeits- und Umweltbedingungen einhergeht. Bei der „Konkurrenz“ von Öko-Test werden deshalb auch Punkte für die Fairness und Transparenz von Kaffeeherstellern vergeben. Und auch die Stiftung Warentest war schon mal besser aufgestellt: So führten die Warentester 2009 – zeitgleich mit einem damaligen Kaffeetest – noch eine separate (und immer noch lesenswerte) Untersuchung zur Unternehmensverantwortung bei den Kaffeeproduzenten durch. Ein Rückschritt, schade.

Immerhin wird im „test“-Heft geraten, auf Bio- und Nachhaltigkeitssiegel (Rainforest Alliance, UTZ certified, Fairtrade) zu achten und auch Kaffee von Unternehmen zu berücksichtigen, die auf Direkthandel setzen. Dem können wir uns nur anschließen; empfehlenswerte Produkte findest du in unserer Bestenliste:

Mit Material von dpa

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