Einer aktuellen Umfrage zufolge würden viele Deutsche ein Pfandsystem für Mobilfunkgeräte befürworten. Im besten Fall könnte diese Maßnahme Elektroschrott reduzieren und zu einem funktionierenden Wertstoffkreislauf beitragen.
87 Prozent der Deutschen haben sich im Rahmen einer repräsentativen Umfrage für ein Pfand auf Handys ausgesprochen. In Auftrag gegeben hat diese Umfrage die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), durchgeführt hat sie das Meinungsforschungsinstitut „forsa Politik- und Sozialforschung“. Insgesamt nahmen 1.009 deutsche Bürger:innen ab 18 Jahren daran teil.
Durch das Handypfand sollen wertvolle Rohstoffe aus alten Geräten besser wiederverwertet werden. Handys können beispielsweise Kupfer, Kobalt und Tantal, aber auch Silber, Gold, Nickel und seltene Erden enthalten. Geräte, die nicht mehr im Gebrauch sind, landen aber häufig einfach in Schubladen, Kisten oder sogar im Hausmüll, statt recycelt zu werden. Der Digitalverband Bitkom schätzt, dass in deutschen Haushalten mehr als 200 Millionen Altgeräte ungenutzt herumliegen. So bleiben auch die enthaltenen Ressourcen ungenutzt – oder enden als Elektroschrott, obwohl sie wiederverwertbar wären.
Kreislaufwirtschaft als Lösung für Elektroschrott-Problem
Nach Einschätzung des DBU-Generalsekretärs Alexander Bonde ist das aktuelle Ausmaß von Elektroschrott ein „massives Problem“ – nicht nur in Deutschland: Weltweit fielen allein im Jahr 2019 fast 45 Millionen Tonnen Elektroschrott an. Viele Rohstoffe bleiben hinter ihrem Nutzungspotential zurück, weil sie nach einmaliger Nutzung aus dem Verkehr gezogen werden oder auf dem Müll landen. Vor diesem Hintergrund spricht sich Bonde für eine Kreislaufwirtschaft aus. Dabei handelt es sich um ein Wirtschaftssystem, in dem Ressourcen etwa durch Reparaturen oder Recycling so lange wie möglich im Gebrauch bleiben, statt nach einmaliger Verwendung entsorgt zu werden. Das Grundprinzip der Kreislaufwirtschaft ist es also, einen Wertstoffkreislauf aufrecht zu erhalten und Abfall weitgehend zu vermeiden.
Reparatur und Recycling sind dabei aber nur einzelne Schritte in einem umfassenden Gesamtkonzept: Kreislaufwirtschaft (oder Circular Economy) soll laut Bonde alle Prozessschritte im Lebenszyklus eines Produkts genau in den Blick nehmen und kritisch auf Ressourcenschonung untersuchen. Das fange beispielsweise schon bei einem nachhaltigen Produktdesign an. Deshalb sei die praktische Umsetzung der Circular Economy untrennbar verbunden mit der Notwendigkeit einer „Circular Society“ – also einer Gesellschaft, die die Prinzipien von Abfallvermeidung und Wiederverwertung verinnerlicht und in ihrem Denken und Handeln umsetzt. Neben Reparieren und Recyceln ist dabei zum Beispiel auch das Teilen oder gemeinsame Nutzen von Gegenständen ein wichtiges Element. Dafür hat sich in den letzten Jahren der Begriff der Sharing Economy etabliert.
Laut Bonde hätte eine funktionierende Kreislaufwirtschaft gleich mehrere Vorteile. Zum einen würde sie Ressourcenverschwendung und Raubbau einschränken. Zum anderen würde sie sich aber auch positiv auf die Klimabilanz auswirken: Wären Elektrogeräte effektiver und langfristiger nutzbar, würde die Nachfrage nach neuen Produkten zurückgehen. So wäre es möglich, weniger zu produzieren und den CO2-Ausstoß der Industrie zu reduzieren.
Wertstoffkreislauf: Wichtig ist, dass Verbraucher:innen mitmachen
Damit ein Wertstoffkreislauf funktionieren kann, müssen zum einen die technischen Möglichkeiten vorhanden sein, um Rohstoffe aufzubereiten. Ebenso wichtig ist Bonde zufolge aber die Bereitschaft der Verbraucher:innen, sich aktiv an der Kreislaufwirtschaft zu beteiligen. Schließlich können technische Lösungen dort nicht greifen, wo Geräte ungenutzt herumliegen oder unsachgemäß entsorgt werden und sich damit außerhalb des Kreislaufs befinden.
Die forsa-Umfrage legt nahe, dass genau hier bisher das Problem liegt: Viele der Befragten zeigten sich wenig motiviert, alte oder fehlerhafte Geräte reparieren zu lassen. Insgesamt sagten 91 Prozent, Reparaturen seien oft so teuer, dass sie sich nicht lohnten. 75 Prozent merkten außerdem an, es sei „zu aufwendig, einen geeigneten Anbieter zu finden“.
Die Bereitschaft, Gegenstände zu teilen, hängt der Umfrage zufolge stark vom Produkt ab: Werkzeug gemeinsam mit einer anderen Person zu nutzen, konnten sich beispielsweise immerhin 71 Prozent vorstellen. Weniger als die Hälfte der Befragten wäre aber bereit, Fahrzeuge wie Autos (45 Prozent) oder E-Scooter (42 Prozent) anteilig zu benutzen. Nur neun Prozent erklärten sich bereit, Kleidung zu teilen.
Handypfand als Anreiz zum Recyceln?
Trotzdem zeigt die Umfrage, dass Verbraucher:innen durchaus ein Bewusstsein für Ressourcenschonung haben und entsprechende Maßnahmen gutheißen. Eine Mehrheit von 82 Prozent sprach sich zum Beispiel für die staatliche Förderung von Recyclingprodukten aus. Ein Verbot bestimmter Einwegprodukte befürworteten immerhin 48 Prozent, eine Rohstoffsteuer dagegen nur drei Prozent.
Die Zustimmung zu einem Pfand auf Handys ist mit 83 Prozent am deutlichsten. Tatsächlich würde sich diese Maßnahme lohnen: Laut dem Informationszentrum Mobilfunk lassen sich je nach Modell durchschnittlich rund:
- 9 Gramm Kupfer
- 150 Milligramm Silber
- 25 Milligramm Gold
- und geringe Mengen an Platin und Palladium
zurückgewinnen. Insgesamt, so der DBU, seien rund 80 Prozent aller Bestandteile wiederverwertbar.
In der Praxis würde ein Handypfand ähnlich wie das Pfandsystem bei Getränkeflaschen funktionieren. Nutzer:innen könnten ihre alten Geräte dann bei einer Annahmestelle abgeben und bekämen eine Pfandsumme ausgezahlt. Die Preise für Smartphones und andere Mobilgeräte würden dann vermutlich steigen, weil das Pfand im Kaufpreis bereits mit enthalten wäre. Anbieter wie Fairphone und Shift Phone praktizieren dieses System bereits: Shiftphone zahlt beispielsweise 22 Euro Pfand, wenn Kund:innen ihre alten Geräte einschicken.
Ob das Handypfand Verbraucher:innen motivieren könnte, ihre Altgeräte zu recyceln, hinge sicherlich auch von der Höhe des Pfandbetrags ab: Bei Gerätepreisen von rund 1.000 Euro und mehr erscheinen Pfandbeträge um die 20 Euro im Verhältnis recht wenig. Ob der Anreiz damit groß genug ist, alte Geräte abzugeben oder einzuschicken, müsste sich wohl erst zeigen.
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