Öko-Test Grillwürste: Antibiotika, Genfutter und grausame Tierhaltung Von Stefanie Jakob Kategorien: Ernährung Stand: 30. Juni 2016, 08:30 Uhr Foto: Utopia Sommer, Sonne, Fußball-EM – optimale Bedingungen, um den Grill anzuwerfen und Bratwurst satt aufzulegen. Doch Öko-Test hat jetzt Grillwürste untersucht und das Ergebnis ist alles andere als lecker: die Würste weisen Rückstände von Antibiotika, Mineralöl und Phosphat auf. Die Haltungsbedingungen der Tiere sind unter aller Sau. Öko-Test hat für die aktuelle Ausgabe (Heft 7/2016) verpackte Grillwürste von 20 verschiedenen Herstellern untersucht – auf Qualität, aber auch auf die Haltungsbedingungen der Schweine und die Rückverfolgbarkeit des Fleischs. Beim Öko-Test Bratwurst schnitten Bio-Produkte in allen Kategorien am besten ab, gerade einmal drei konventionelle Produkte schafften es auf ein „gut“ – allerdings nur bei den Inhaltsstoffen. Was das Tierwohl betrifft, kassierten alle konventionellen Grillwürste lediglich ein „ausreichend“ bis „ungenügend“. Besonders schlecht: die „Eberswalder Rostbratwurst ohne Darm“. In der Probe wurden ungewöhnlich hohe Rückstände eines Antibiotikums gefunden, zudem Phosphatzusätze und stark erhöhte Mineralölrückstände – so hätten die Würste eigentlich gar nicht verkauft werden dürfen. Öko-Test Bratwurst: keine Angaben zur Herkunft Das Problem der Massenproduktion: tausende Schweine von hunderten Höfen werden in einer riesigen Charge verarbeitet. So können selbst die Hersteller, die sich eigentlich um Transparenz bemühen, bei einer Bratwurst keine konkrete Antwort auf die Frage der Herkunft liefern. Die Rückverfolgbarkeit ist dadurch stark eingeschränkt: in einer Charge der „Tip Original Thüringer Rostbratwurst“ beispielsweise werden knapp 40.000 Schweine von etwa 500 Höfen verarbeitet. Der „Bratmaxe“ von Meica kassiert im Öko-Test ein „ungenügend“. (Foto: Utopia) Offensichtlich gar nicht erst um Transparenz bemüht ist Würstchen-Hersteller Meica. Öko-Test erhielt auf Nachfrage eine vorformulierte Antwort des von Wirtschaftsverbänden getragenen Unternehmens Qualität und Sicherheit GmbH (QS). Die exakt gleiche Antwort kam auch schon letztes Jahr von sechs verschiedenen Herstellern beim Grillfleisch-Test. Penny und Rewe reagierten gar nicht erst auf die Frage, wo das Fleisch für die Würste ihrer Eigenmarken herkommt. Da die Hersteller keine Angaben zur Herkunft machen, kann man davon ausgehen, dass das Fleisch einer Bratwurst unter jenen grausamen Umständen erzeugt wurde, die in der konventionellen Tierhaltung üblich sind: Standard ist zum Beispiel, dass die Ferkel in ihren ersten Lebenstagen ohne Betäubung kastriert, ihre Schwänze abgeschnitten sowie die Eckzähne abgeschliffen werden. Nicht einmal ein ganzer Quadratmeter steht jedem Schwein zur Verfügung, Gentechnik im Tierfutter ist der Normalfall. In den sechs Monaten ihres Lebens atmen sie maximal einmal frische Luft – und zwar auf dem Weg zum Schlachter. Antibiotika in der Bratwurst: über Grenzwert Hohe Antibiotikarückstände wurden in der „Eberswalder Rostbratwurst ohne Darm“ nachgewiesen. In zwei verschiedenen Packungen der Bratwurst hat Öko-Test das Tierarzneimittel Florfenicol entdeckt – und zwar in einer Menge, die weit über der erlaubten Rückstandshöchstmenge liegt. Laut dem Chemischen Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe hätten die Würste so gar nicht verkauft werden dürfen. In der „Eberswalder Rostbratwurst“ fand Öko-Test sehr hohe Antibiotika-Rückstände. Sie hätte so nicht verkauft werden dürfen. (Foto: © Öko-Test) Der Fund ist umso ungewöhnlicher, als dass hohe Antibiotika-Rückstände in verarbeitetem Fleisch wie Bratwurst eher selten vorkommen: Die große Fleischmasse, die in der Wurstproduktion verarbeitet wird und sich aus dem Fleisch unzähliger Tiere zusammensetzt, macht eine hohe Konzentration von Arzneimittelrückständen unwahrscheinlich. Hier zeigt sich eines der großen Probleme der Massenproduktion: auf einem der Höfe, von dem Eberswalder sein Fleisch bezieht, wurde zu viel Florfenicol verabreicht und die vorgeschriebene Wartezeit bis zur Schlachtung nicht eingehalten. Tausende Schweine von Hunderten Höfen werden für eine Charge konventioneller Bratwürste geschlachtet – wie soll da zurückverfolgt werden, welcher Hof für die Antibiotika-Rückstände verantwortlich ist? Überraschend oft: Mineralölrückstände In 14 von 20 Grillwürsten wurden Mineralölrückstände gefunden. Diese stammen wahrscheinlich aus den Kunststoffverpackungen oder aber aus dem Produktionsprozess. Es handelt sich dabei um Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH), die man mit der Bratwurst isst und die sich im Körper anreichern – im Tierversuch führten sie zu Organschäden. Frei von Mineralölrückständen waren im Test die Bratwürste von Alnatura, Basic, Ökoland, Gustoland (Aldi), K-Classik (Kaufland) und Tip (Real). Überflüssige Phosphate in der Bratwurst In fast allen konventionellen Würsten konnte Öko-Test Phosphatzusätze nachweisen. Nicht so in der Grillwurst „Meica Bratmaxe“ und in den Bio-Produkten. In Bio-Würsten sind die Zusätze nach EG-Öko-Verordnung verboten, da eine zu hohe Menge die Nieren schädigen kann und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigert. Phosphatzusätze setzt man in der Lebensmittelverarbeitung als Konservierungsmittel, Geschmacksverstärker und Säuerungsmittel ein. Bei der Wurstproduktion soll der Phosphatzusatz dafür sorgen, dass Fleisch- und Wurstmasse homogen bleiben. Der Zusatz ist bei Bratwurst allerdings verzichtbar. Auch bei der Bratwurst ist Bio besser Die Bio-Bratwürstchen von Alnatura schneiden bei Öko-Test im Gesamturteil mit einem „gut“ ab. (Foto: © Alnatura) Die Bio-Grillwürste schneiden bei Öko-Test am besten ab – sowohl bei den Inhaltsstoffen als auch bei Tierwohl und Rückverfolgbarkeit. Allgemein unterscheiden sich die Haltungsbedingungen der Bio-Schweine erheblich von denen der konventionellen Tierhaltung. Auch woher das Fleisch stammt, kann bei den Bio-Produkten deutlich besser zurückverfolgt werden. Die Bratwurst von Alnatura und Basic beurteilt Öko-Test als „gut“. Ein Manko ist die Kastration der männlichen Schweine ohne Betäubung; bei der Alnatura Wurst zusätzlich die frühe Trennung der Ferkel von der Muttersau nach nur 35 Tagen. Bezüglich der Inhaltsstoffe schneiden beide „sehr gut“ ab. Unsere Empfehlung: ab und zu vegetarische Grillwürste Von billiger Bratwurst und konventionellen Wurstwaren sollte man – den Tieren und der eigenen Gesundheit zuliebe – auf jeden Fall die Finger lassen. Kaufe lieber weniger Fleisch und dafür gute Bio-Qualität, dann gleicht sich auch der etwas höhere Preis aus – das gilt auch für Grillwürste. Auf dem Grill muss auch nicht immer eine Bratwurst auf Fleisch liegen: Inzwischen gibt es viele leckere vegetarische Alternativen zu Grillwürsten und auch gegrilltes Gemüse schmeckt in verschiedensten Variationen. Einfach mal ausprobieren! Wer nicht auf seine Bratwurst verzichten möchte, sollte unbedingt zu Bio-Grillwürsten greifen – im Idealfall aus regionaler Erzeugung. Hier geht’s zum Artikel bei Öko-Test. 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