Alleine zu sein fällt vielen Menschen schwer. Oft fühlt man sich dabei einsam und verloren. Wie du mit dieser schwierigen Situation umgehen und das Alleinsein als Chance zur Selbstentwicklung nutzen kannst, verraten wir dir hier.
Das Gefühl vom „Alleine sein“ tritt nicht nur auf, wenn man keinen Kontakt mit anderen Menschen hat – vielleicht hast du dich auch schon mal inmitten von Menschen alleine gefühlt. Insbesondere Großstädte und große Menschenansammlungen können eine Atmosphäre der Anonymität erzeugen: Andere Personen in unserer Nähe scheinen sich nicht um einen zu kümmern. Man geht in der Masse unter, fühlt sich mitunter im Stich gelassen, einsam und nicht geliebt.
So können sich auch Menschen mit einem großen Freundeskreis und insgesamt guten Beziehungen einsam fühlen. Studien zeigen jedoch zum Beispiel, dass Menschen in einer partnerschaftlichen Beziehung sich tatsächlich seltener einsam fühlen als Singles.
Das kann aber auch ins Gegenteil umschlagen: Gerade nach einer Trennung oder dem Verlust eines Partners, Freundes oder Familienmitglieds fühlen wir uns mitunter einsam. Wir vermissen die Liebe und Aufmerksamkeit, die uns durch die jeweilige Person gegeben wurde, und fühlen uns plötzlich nicht mehr vollkommen. Wir fühlen uns dann alleingelassen, auch wenn sich viele Freunde und Familienmitglieder um einen kümmern. Alleine zu sein und sich alleine zu fühlen – spricht also das Gefühl der Einsamkeit – sind keineswegs dasselbe.
Alleine sein und einsam sein: Was ist der Unterschied?
Auch wenn wir „Alleinsein“ und „Einsamkeit“ teilweise synonym verwenden, beschreiben diese beiden Begriffe nicht dasselbe, wie auch das Wissenschaftslexikon von Spektrum definiert:
- Alleinsein ist ein objektiver Zustand: Du bist alleine, wenn kein anderer Mensch (oder auch ein Tier) physisch bei dir ist. Du kannst beispielsweise alleine in deinem Zimmer sitzen – ohne die Anwesenheit anderer Personen.
- Einsamkeit hingegen ist ein Gefühl, ein als unangenehm empfundener innerer Zustand: Wer einsam ist, fühlt sich nicht ausreichend beachtet oder geliebt. Es handelt sich um einen subjektiv empfunden Mangel.
Dabei besteht zwischen diesen beiden Begriffen durchaus ein Zusammenhang: Alleinsein kann zu Einsamkeit führen – muss es aber nicht.
Alleine sein als positives Erlebnis
Wenn du dich unwohl fühlst, wenn du alleine bist, kann ein erster hilfreicher Schritt sein, das Alleinsein in ein positives oder zumindest neutrales Erlebnis umzuwandeln:
- Anstatt alleine Fernsehen zu schauen oder auf Facebook zu verweilen, begib dich an einen Ort, an dem du dich wohl fühlst: Gehe am Strand spazieren, mache eine Radtour durch den Wald oder erkunde die nächstgelegenen Wiesen genauer. Sowohl körperliche Bewegung als auch Zeit in der Natur können sehr wohltuend sein.
- Du kannst dich auch bewusst dafür entscheiden, einen Abend alleine zu Hause zu verbringen. Nimm dir dabei ein bis zwei Aktivitäten vor, die dir besonders guttun. Das kann ein leckeres Essen, ein interessantes Buch oder Sport sein.
- Konfrontiere dich mit dem Alleinsein und konzentriere dich auf die Emotionen, die du dabei spürst.
- Lerne dich selbst zu schätzen und versuche, gegen negative Gedanken anzugehen. Positiv zu denken, ist eine Fähigkeit, die du trainieren kannst.
Indem du dich bewusst für das Alleinsein entscheidest und es mit einer Aktivität verbindest, die du gerne machst, wirst du es nicht mehr als Zwang oder Leid empfinden: Du gönnst dir selbst eine Auszeit und kümmerst dich um dich selbst. Wie auch Spektrum berichtet, kann Alleinsein mit dieser Einstellung sogar angenehm werden und zum Beispiel Freiraum geben, um kreativ zu werden oder sich um sich selbst zu kümmern.
Was du gegen Einsamkeit tun kannst
Ein länger anhaltendes Gefühl von Einsamkeit sollte ernst genommen werden: Seit Jahren betonen Wissenschaftler:innen laut Spektrum, dass Einsamkeit krank macht, das Immunsystem schwächen und in Folge zu verschiedenen Krankheiten wie Depression und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann. Deshalb ist es wichtig, langfristig etwas gegen die Einsamkeit zu tun.
Der naheliegendste Ansatz dazu ist es natürlich, sich in Gesellschaft zu begeben: Triff Freunde oder Familie oder gehe an Orte, wo du Gleichgesinnte kennenlernen kannst.
Wie bereits erörtert, bist du aber in deinem Gefühl nicht abhängig von der Außenwelt: Wenn du dich einsam fühlst und auch alleine bist, können einige „Sofortmaßnahmen“ hilfreich sein.
1. Selbstbeobachtung
Lerne, dich selbst zu beobachten. Indem du das Gefühl der Einsamkeit betrachtest, baust du eine Distanz zu deinen Emotionen auf, anstatt dich von ihnen vereinnahmen zu lassen.
- Welche Gedanken beschäftigen dich?
- Welche Emotionen empfindest du?
- Woher kommen diese und in welchen Situationen treten diese auf?
- Welche körperlichen Empfindungen (z. B. verkürzte Atmung oder Schmerzen) sind damit verbunden?
Die Rolle des neutralen Beobachters kann dabei helfen, dich nicht von der Emotion beherrschen zu lassen, denn Einsamkeit kommt und geht. Keine Emotion und kein quälender Gedanke ist von Dauer. Wenn du dir darüber bewusst wirst, gehst du auch gelassener mit empfundener Einsamkeit um. Damit dir diese Beobachtungsübungen leichter gelingen, kannst du Achtsamkeit trainieren. Denn: Forschungsergebnisse zeigen, dass bewusst praktizierte Achtsamkeit das Gefühl von Einsamkeit, Ängsten und Depression vermindern kann.
2. Meditation
Den nächsten Schritt kannst du mit gezielten Meditationsübungen gehen. Das bietet sich auch dann an, wenn du dich bewusst fürs Alleinsein entscheidest (wie oben beschrieben). Wenn du keine Meditationserfahrung hast, empfehlen sich für den Einstieg geführte Meditationen.
Auch wissenschaftliche Studien kommen inzwischen zu vielversprechenden Ergebnissen, dass regelmäßige Meditation bei Einsamkeit vielfältig helfen kann. Speziell wurde dabei auch die sogenannte Heartfulness-Meditation erforscht – mit dem Ergebnis, dass diese Praxis aus dem Yoga bei Schlafproblemen und Einsamkeit helfen kann.
3. Atemübungen als akute Hilfe
Wenn dich das Gefühl der Einsamkeit übermannt und du deshalb überhaupt nicht zur Ruhe kommst, dann wird dir Meditieren unmöglich erscheinen. In diesem Fall bieten Atemübungen eine schnelle Hilfe. Wie Studien zeigen, kann das sogenannte Breathwork bei Stress beruhigen – und so kannst du erst einmal die schlimmste Phase dieser negativen Emotion zu überstehen. Anschließend kannst du dich der Meditation widmen.
Alleine sein lernen – so profitierst du davon
Wer es schafft, Alleinsein als etwas Positives, oder zumindest nicht als etwas Unangenehmes wahrzunehmen, hat eine wichtige Fähigkeit erlangt. Einerseits können Situationen, in denen du auf dich alleine gestellt bist, besser gemeistert werden. Außerdem schützt ein gutes Selbstwertgefühl auch vor emotionalen Schmerzen. Mit jeder Abhängigkeit, von der du dich löst, wirst du zugleich freier.
Natürlich bedeutet das in keinem Fall, dass du Kontakt mit anderen Menschen meiden solltest. Es geht darum, Momente des Alleinseins wertschätzen zu können. Bei großer Einsamkeit oder starker Angst vor sozialen Kontakten könnte unter Umständen aber auch ein tiefer gehendes Problem vorliegen. Im Zweifel lohnt es sich in diesem Fall, psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen.
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