Die biodynamische Landwirtschaft gab es schon lange vor den meisten Bio-Siegeln. Wir erklären dir, was sie ausmacht und wo du biodynamische Produkte bekommst.
Die Idee der biodynamischen Landwirtschaft stammt bereits aus dem frühen 20. Jahrhundert. 1924 veranstaltete der Anthroposoph Rudolf Steiner eine Vortragsreihe, deren Mitschrift unter dem Namen „Der landwirtschaftliche Kurs“ bekannt ist. Hier entstand die Idee der biodynamischen Landwirtschaft und es gab auch die erste Vereinigung anthroposophischer Landwirte, aus der der Demeter-Verband hervorging. Der Begriff „biologisch-dynamisch“, kurz „biodynamisch“, entstand erst einige Jahre später.
Biodynamische Landwirtschaft: Mehr als bio
Biodynamisch wirtschaftende Landwirt*innen begreifen ihren Hof als einen Organismus, den du dir als eine Art Kreislaufwirtschaft vorstellen kannst: Das Land liefert Nahrung für die Tiere, diese wiederum düngen das Land.
Der biodynamische Gedanke geht damit über den Gedanken der ökologischen Landwirtschaft hinaus. Letztere hat das Ziel, möglichst ressourcen-, klima- und umweltschonend zu sein. In diesem Zusammenhang sind zum Beispiel viele Pestizide und Düngemittel verboten, Monokulturen sollen vermieden werden und es gibt Vorgaben für eine artgerechte Tierhaltung. Die genauen Regeln legen das EU-Bio-Siegel beziehungsweise die Siegel der Anbauverbände Bioland und Naturland fest.
Das Demeter-Siegel beinhaltet ebenfalls Richtlinien für eine ökologische Landwirtschaft. Biodynamische Landwirtschaft schließt darüber hinaus aber noch weitere Punkte ein, die zum Teil mit dem anthroposophischen Ursprung zusammenhängen.
Dies sind die Kernpunkte der biodynamischen Landwirtschaft:
- Zu einem biodynamischen Betrieb gehören immer auch Tiere, insbesondere Kühe. Dies hängt mit dem oben erwähnten Kreislaufsystem zusammen. Wenn das gar nicht möglich ist, kann ein Demeter-Betrieb stattdessen auch eine Kooperation mit einem anderen Tiere haltenden Demeter-Betrieb eingehen.
- Es gibt eigene biodynamische Pflanzenzüchtungen, die dem gemeinnützigen Verein Kultursaat e.V. gehören. Zudem fördert der Verein den Erhalt von samenfestem Saatgut alter Sorten. So sollen biodynamisch wirtschaftende Landwirte unabhängig von großen Saatgutfirmen sein und standortangepasste Saat erhalten.
- Sogenannte „biodynamische Präparate“ sind verpflichtend für Demeter-Höfe. Hier wird der anthroposophische Ursprung besonders deutlich: Die Präparate enthalten meistens verschiedene Stoffe tierischen und pflanzlichen Ursprungs wie beispielsweise Schafgarbe oder Hirschblase. Einige Präparate mischen die Landwirte mit natürlichem Dünger wie Kompost, Gülle oder Mist („Kompostpräparate“). Andere verdünnen sie mit Wasser – ähnlich wie homöopathische Mittel – und spritzen sie aufs Feld („Spritzpräparate“).
Für viele biodynamisch arbeitende Landwirt*innen spielt die Verbindung zwischen kosmischen Bewegungen (wie der des Mondes) und den Vorgängen auf dem Feld nach wie vor eine Rolle. Ein typisches Klischee ist zum Beispiel, dass Demeter-Landwirt*innen sich nach den Mondphasen richten. In den Demeter-Richtlinien finden sich solche Vorgaben allerdings nicht.
Demeter: Siegel für biodynamische Produkte
Der Demeter-Verband und das zugehörige Siegel sind in unserem Siegel-Guide ausführlich beschrieben: Demeter: Kriterien, Kontrolle, Kritik. Zum Demeter-Verband gehören in Deutschland aktuell etwa 1.700 biodynamisch-wirtschaftende Landwirt*innen, 320 Hersteller, 100 Hofverarbeiter und 140 Vertragspartner aus dem Naturkost- und Reformhaus-Großhandel. Auch in vielen anderen Ländern gibt es Demeter-Betriebe.
Neben den oben bereits erwähnten Punkten ist das Demeter-Siegel unter anderem diese Richtlinien geknüpft:
- Im Gegensatz zum EU-Bio-Siegel muss ein Betrieb komplett auf Bio-Landwirtschaft nach Demeter-Vorgaben umstellen, um das Demeter-Siegel zu erhalten.
- Die Vorgaben zu Dünger und Pflanzenschutzmitteln sind strenger als die, die das EU-Bio-Siegel vorgibt.
- Bei der Herstellung von Produkten sind 21 Zusatzstoffe zugelassen – im Gegensatz zu 53 beim EU-Bio-Siegel. Nicht erlaubt sind beispielsweise natürliche Aromen oder Nitritpökelsalz.
- Tiere auf biodynamischen Höfen müssen zu 100 Prozent Bio-Futter erhalten. Mindestens 50 Prozent davon müssen vom eigenen Hof oder einem Partner aus der Region stammen.
- Kühe dürfen nicht enthornt werden und sollen so oft wie möglich Weidegang erhalten.
Biodynamische Produkte mit Demeter-Siegel findest du vor allem in Naturkost- und Bioläden sowie in Reformhäusern. Inzwischen führen aber auch einige gut sortierte Supermärkte Demeter-Produkte.
Biodynamische Landwirtschaft: Vor- und Nachteile
Das Demeter-Siegel gilt als das strengste Bio-Siegel und die biodynamische Landwirtschaft dementsprechend als besonders ökologisch. Ob dafür biodynamische Präparate notwendig sind, ist allerdings fraglich. Interessanterweise kommt eine Langzeit-Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau in der Schweiz zu dem Schluss, dass die biodynamische Bewirtschaftung im Vergleich zu biologischen und konventionellen Landwirtschaft die beste Bodenqualität bewirkt. Zudem sollen biodynamisch bewirtschaftete Böden am meisten CO2 speichern. Woran das liegt und ob die biodynamischen Präparate etwas damit zu tun haben, ist allerdings unklar.
Ein oft kritisierter Punkt bei der biodynamischen Landwirtschaft ist die verpflichtende Tierhaltung. Im ersten Moment klingt es einleuchtend, dass Tiere als Landschaftspfleger, Nahrungsverwerter und Düngeproduzenten Teil einer biodynamischen Kreislaufwirtschaft sein sollten. Auf der anderen Seite tragen Tiere, insbesondere Kühe, maßgeblich zum Treibhauseffekt bei und brauchen viel Fläche und Nahrung. Für das Klima ist eine bio-vegane Landwirtschaft mit einem Permakultur-Konzept vermutlich besser. Auf der anderen Seite ist diese Form von Landwirtschaft nicht für alle Standorte geeignet. Dort, wo Tierhaltung sinnvoll ist, scheint die biodynamische Landwirtschaft eine gute Lösung zu sein.
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