Nachhaltig, aber außergewöhnlich Urlaub machen? Das geht – auch bei uns in Deutschland. Die Gründer:innen des Möbelherstellers Werkhaus haben im Wendland in Niedersachsen ein eigenes Urlaubsdorf gebaut. Unsere Autorin hat das Destinature Dorf in Hitzacker nahe der Elbe für ein Wochenende besucht und in Punkto Nachhaltigkeit unter die Lupe genommen.
Das Werkhaus Hüttendorf in Hitzacker liegt direkt am Elberadweg und grenzt an das Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue: Seit 2020 kann man in den 17 „Destinature Hütten“ oder den sechs „Betten to go“ eine komfortable und nachhaltige Übernachtung mitten in der Natur erleben.
Das Urlaubsdorf soll insbesondere Radreisende und Wandernde ansprechen: Ab einem Preis von 45 Euro für zwei Personen kann man eine Nacht im Bett to go buchen. Es ist komfortabler als ein Zelt, lässt sich durch Räder schnell verschieben und bietet neben der Liegefläche für zwei Personen ausreichend Stauraum fürs Gepäck.
Die Destinature-Hütten bieten im Vergleich dazu deutlich mehr Komfort: Mit dem unverkennbaren Werkhaus-Stecksystem gebaut bieten die Hütten Platz für Paare und Familien. Aus den zwei Einzelbetten lässt sich schnell ein Doppelbett oder sogar ein Familienbett bauen. Im Gegensatz zum Bett to go sind die Hütten mit einer Infrarot-Heizung ausgestattet und teilweise mit Waschbecken und Trockenklos von Goldeimer versehen.
Blick zurück: So entstand das Destinature Dorf
Die Idee des Destinature Dorfs stammt von Eva und Holger Dannenberg. Das Ehepaar gründete 1992 die Firma Werkhaus: Die Möbel, Wohnaccessoires und Geschenkartikel des Unternehmens basieren auf einem innovativen Stecksystem. Der Anspruch des Familienunternehmens war dabei von Anfang an Umweltfreundlichkeit, soziale Verantwortung und die Produktion in Deutschland.
Das Ehepaar ist selbst fahrradfahr- und campingbegeistert und hätte sich in der Vergangenheit einen Ort wie das Destinature Dorf gewünscht. 2019 entstand die Idee für das Destinature Dorf in Hitzacker: Stationär und temporär aufgebaute, modulare Hütten an naturnahen Orten sollen ein neuartiges, nachhaltiges Tourismusangebot schaffen.
Der Anspruch des Dorfes ist kompromisslose Nachhaltigkeit: Die Unterkünfte sind aus nachhaltigen Materialien wie naturbelassenem Holz aus zertifizierter Forstwirtschaft gefertigt und können rückstandsfrei wieder abgebaut werden. Um den Eingriff in die Natur möglichst gering zu halten, sind die Hütten auf Stelzen gebaut. Verwendet wurde zertifiziertes heimisches Douglasien– und Fichtenholz. Das Isolationsmaterial besteht aus Schafwolldämmung und Holzweichfaser.
Auch bei den Textilien wurden nachhaltigen Materialien genutzt: Bettdecken und Kissen bestehen aus EU-Ecolabel zertifizierter Bio-Schafswolle und sind mit GOTS-zertifizierter Bio-Baumwoll-Bettwäsche bezogen. Für die Handtücher und Vorhänge wurde ebenfalls Bio-Baumwolle verwendet.
Das Dorf ist ein Pilotprojekt für nachhaltigen Tourismus und wurde aus der Richtlinie „Landschaftswerte“ des Landes Niedersachsen gefördert. Die Richtlinie dient unter anderem dazu, das niedersächsische Kulturlandschafts- und Naturerbe attraktiver zu gestalten und Natur erlebbar zu machen.
Die Planung des Dorfes fand in engem Austausch mit der Verwaltung des Biosphärenreservats statt: Die Verwendung nachhaltiger Materialien, deren ressourcenschonende Verarbeitung sowie das Angebot von Bio-Lebensmitteln und das soziale Engagement waren wichtige Aspekte bei der Planung. Zusätzlich waren Studierende der Ostfalia Hochschule an der Planung beteiligt. Der Bau des Dorfes wurde mit den Mitarbeitenden des Destinature Dorfes sowie der gesamten Familie Dannenberg – inklusive Enkelkinder – umgesetzt.
Destinature Dorf: Nachhaltige Highlights
Wer sich im Dorf umschaut, merkt schnell: Nachhaltigkeit wurde in den verschiedensten Bereichen bedacht. Das Warmwasser im Waschhaus wird mit Ökostrom von Greenpeace Energy aufbereitet. In den Duschen steht Naturkosmetik-Duschgel und Shampoo von Benecos bereit. An verschiedenen Stellen im Dorf kann man sein Handy an Solarpanels aufladen.
Das Dorf soll Jede:n willkommen heißen, Gemeinschaft wird hier großgeschrieben: Das Bistro und Lagerfeuer bieten schöne Möglichkeiten, um in Kontakt zu kommen. Wer das Ehepaar Dannenberg im Dorf erlebt, spürt sofort: Das Dorf und seine Gründer:innen pflegen eine sympathische, lockere und familiäre Willkommenskultur.
Das Bistro und die Sanitärgebäude sind barrierefrei. Die Hütten bisher (noch) nicht. Den Mittelpunkt des Dorfes bildet das Bistro: Es ist Treffpunkt für Übernachtungs- und Tagesgäste. Auch hier spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle: Das Angebot ist vegetarisch, vegan, bio und möglichst regional.
Das Dorf setzt sich zudem für nachhaltige Partnerschaften ein – unter andrem mit Unternehmen wie Viva con Aqua, der Bohlsener Mühle, der GLS Bank und Goldeimer. Gemeinsam mit Goldeimer setzt Werkhaus sich für innovative Projekte rund um das Thema ökologische und nachhaltige Komposttoiletten ein. Die Trockentoiletten im Dorf beispielsweise werden mit selbstgemischtem Trockenpulver auf Pflanzenkohlebasis „gespült“.
Zudem ist das Dorf Partner von Bett und Bike und dem Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe. In Zukunft soll das Konzept als Franchise-System ausgebaut werden und an verschiedenen Orten Deutschlands naturnahen und nachhaltigen Tourismus fördern.
Erfahrungsbericht: Meine Nacht im Dorf
Das Destinature Dorf ist ein Ort zum Wohlfühlen – das spüre ich sofort. Bei strahlender Herbstsonne kommen wir im Dorf an und fühlen uns direkt willkommen: Die Sitzgelegenheiten und das Bistro laden zum Verweilen und Genießen ein. Abends sitzt man gesellig bei einem Bio-Bier und Marshmallows mit Familie Dannenberg am Lagerfeuer. Es fühlt sich gemütlich und familiär an.
Wir wechseln in den gut besuchten Saunabereich: Alle drei Saunen sind in Benutzung. Am von Blicken geschützten zweiten Lagerfeuer trifft man sich zum Abkühlen. Anschließend testen wir den beheizten Badezuber: Im kuschelig warmen Wasser beobachten wir den Sternenhimmel.
Unsere Hütte ist gemütlich und die zwei Einzelbetten sind schnell zusammengeschoben, in der Baumwollbettwäsche mit Bio-Zertifikat schlafen wir fast wie Murmeltiere – leider haben wir Probleme mit der Infrarot-Heizung und werden früh durch die Kälte geweckt. Das Bio-Frühstück in der Sonne, das Vogelzwitschern und die Weintrauben, die direkt neben der Hütte wachsen, machen das aber schnell wieder wett und ich bin mir sicher: Ich komme wieder.
Fazit: So nachhaltig ist das Destinature Dorf
Das Konzept des Dorfes wirkt gut durchdacht und man spürt die Liebe zum Detail sowie die Überzeugung des Gründerehepaars: Hier wurden sich viele Gedanken zum Thema Nachhaltigkeit in den verschiedensten Bereichen gemacht.
Mein persönliches Fazit: Das Destinature Dorf kann einen Beitrag für eine regionale, nachhaltige Form des Tourismus leisten. Gleichzeitig spielen Aspekte wie die Anreise der Gäste eine Rolle: Wer extra für eine Nacht im Dorf einen weiten Weg mit dem Auto zurücklegt, verbringt in der Summe einen weniger nachhaltigen Urlaub als jemand, der:die mit dem Fahrrad, zu Fuß oder per Bahn und Bus anreist. Für alle, die in der Gegend unterwegs sind oder den Elberadweg fahren, ist das Dorf in jedem Fall einen Besuch wert.
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