Ein aromatischer Kaffee am Abend kann verlockend sein. Doch wirkt es sich negativ auf deinen Schlaf aus? Wir erklären, was im Körper passiert.
Kaffee ist eins der beliebtesten Getränke in Deutschland. Manche Statistiken sagen sogar, die Deutschen würden mehr Kaffee als Wasser trinken. Durch das enthaltene Koffein wirkt er stimulierend und macht wach.
Für viele ist auch ein abendlicher Kaffee ganz gewöhnlich, zum Beispiel der typische italienische Espresso nach dem Abendessen. Doch wirkt sich ein Kaffee vor dem Schlafen dann etwa negativ auf die Nachtruhe aus?
Kaffee vor dem Schlafen: Wirkung im Körper
Ob du den Kaffee abends, morgens oder über den Tag verteilt trinkst: Die Wirkung im Körper ist erst einmal dieselbe: Nehmen wir Koffein über den Mund auf – wie bei Kaffee der Fall – nimmt unser Körper den Stoff schnell und vollständig auf.
Im Gehirn bindet es an Rezeptoren, die normalerweise Adenosin annehmen. In der Regel steigt der Adenosinspiegel im Gehirn, je länger man wach ist. Ein höherer Spiegel führt dann zu Müdigkeit. Konkret heißt das: Koffein blockiert das Signal unseres Gehirns, dass wir eigentlich müde sind.
Eine viertel bis halbe Stunde später beginnt die Wirkung und hält mehrere Stunden an. Wie empfindlich du darauf reagierst, hängt übrigens von einigen Faktoren wie deiner Lebergesundheit, deinem Alter und deinem Körpergewicht ab.
Was weiß man bisher über die Wirkung von Koffein vor dem Schlaf?
Einige wissenschaftliche Studien haben bereits untersucht, wie sich Kaffeekonsum vor dem Zubettgehen sowie regelmäßiger Kaffeekonsum auf den Schlaf auswirkt. Die Sleep Foundation, ein Informationsportal für alle Themen rund um Schlaf, fasst die bisherigen Erkenntnisse zusammen:
Koffeinkonsum kann dazu führen, dass du
- später einschläfst,
- insgesamt weniger Stunden schläfst,
- weniger Tiefschlaf bekommst (eine besonders erholsame Schlafphase),
- der Schlaf damit insgesamt weniger erholsam wirkt.
Kaffee am müden Morgen danach wirkt zwar stimulierend und kann als Wachmacher fungieren, doch die Sleep Foundation betont, dass er auf keinen Fall erholsamen Schlaf ersetzen kann. Fühlst du dich also den ganzen Tag schläfrig und trinkst deshalb bis in den späten Nachmittag immer wieder Kaffee, kann das zu einem Teufelskreis führen, der schlechteren Schlaf für dich bedeutet.
„Coffee Nap“: Kann Kaffee vor dem Mittagsschlaf eine gute Idee sein?
Das Konzept des „Coffee Nap“ kombiniert Kaffee mit einem Power Nap. Ausgenutzt wird dabei die Viertel- bis halbe Stunde, die der Kaffee braucht, um zu wirken.
Gegenüber Deutschlandfunk Nova erklärt Esther Kuehn, Neurowissenschaftlerin am Max-Planck-Institut in Magdeburg, dass die Adenosin-Rezeptoren im Gehirn durch das Nickerchen frei werden. Das Koffein habe dann „mehr Andockplätze, um seine Wirkung zu entfalten, wenn wir wieder wach sind.“
Mit Experimenten belegt ist das Ganze jedoch noch nicht. Außerdem widerspricht die Idee anderen Empfehlungen, die man oft von Schlafforscher:innen und Mediziner:innen hört – nämlich dass ein Kaffee direkt nach dem Aufwachen eher dazu führt, dass man koffeintolerant wird. Denn früh morgens nach dem Aufstehen sorgt die sogenannte Cortisol-Aufwachreaktion ohnehin dafür, dass wir wach und aufmerksam werden. Es lohnt sich also viel mehr, mit dem ersten morgendlichen Kaffee zu warten, bis diese Reaktion abgeklungen hat.
Andere typische Fehlverhalten in der Morgenroutine findest du hier:
Wichtig ist beim Coffee Nap – auch in der reinen Theorie – dass man wirklich nicht länger schläft oder schlummert, als der Kaffee braucht, um zu wirken. Denn nach etwa 30 bis 45 Minuten fällt man in den Tiefschlaf und man verschläft sozusagen die Wirkung des Kaffees, schläft außerdem schlecht und wacht noch viel weniger erholt wieder auf.
Kann Kaffee auch müde machen?
Kaffee kann also am nächsten Tag müde machen, wenn er nämlich deinen Schlaf beeinträchtigt. Vielleicht weißt du sogar, dass du Schlafmangel hast – aber gehst davon aus, dass der Kaffee am Morgen es schon regelt. Doch wie oben erklärt, stimmt das nicht. Stattdessen ist es wichtig, auf einen gesunden Schlafrhythmus zu achten.
Manche Menschen haben auch das Gefühl, dass sie mit steigendem Koffeinkonsum eigentlich immer müder werden. Die Sleep Foundation erklärt, an welchen Faktoren das liegen könnte:
- Koffeintoleranz: Dein Körper gewöhnt sich schnell an die Wirkung des Koffeins, sodass dieselbe Menge bald nicht mehr dasselbe bewirkt. Übrigens sind nur wenige Tage Kaffeekonsum genug, um danach schon Entzugssymptome wie Müdigkeit zu verspüren, wenn du ihn plötzlich wieder weglässt.
- Dehydrierung: Kaffee ist ein harntreibendes Getränk, führt also dazu, dass du öfter auf die Toilette musst. Das kann zu verstärktem Flüssigkeitsverlust führen. Eine leichte Dehydrierung kann auch zu Müdigkeitsgefühlen führen. Wenn du Kaffee nicht zusätzlich sondern statt Wasser trinkst, verstärkt sich dieser Effekt natürlich.
- Effekte auf den Blutzucker: Morgens Kaffee zu trinken könnte zu höherer Insulintoleranz führen, sodass du empfindlicher auf Zucker reagierst. Dein Blutzucker steigt dann stärker an, wenn du zum Beispiel viele Kohlenhydrate gegessen hast. Hohe Blutzuckerwerte hängen wiederum mit Müdigkeits- und Trägheitsgefühlen zusammen.
- Körperliche Faktoren: Nicht jede:r von uns verarbeitet Koffein gleich schnell. Ist dein Koffeinmetabolismus langsamer, wirst du eventuell erst später wach davon, aber bleibst es auch länger. Während für andere ein Kaffee vier Stunden vor dem Schlafen kein Problem ist, könnte er für andere zu Einschlafproblemen führen.
Schlimmer als Kaffee vor dem Schlafen? Was uns sonst noch wach hält
Eine Studie des Brigham and Women’s Hospital und der Harvard Medical School aus dem Jahr 2019 untersuchte die Auswirkung von Kaffee-, Alkohol- und Nikotinkonsum auf den Schlaf. Die gute Nachricht für alle Kaffee-Liebhaber:innen: Die Forschenden konnten keinen negativen Effekt von Koffeinkonsum vier Stunden vor dem Schlafen finden.
Sie betonen jedoch, dass individuelle Unterschiede, zum Beispiel in der Verstoffwechslung von Koffein, nicht berücksichtigt werden konnten. Die Studie besagt also nicht, dass es für jede:n problemlos möglich wäre, spätnachmittags noch Kaffee zu trinken.
Nikotin und Alkohol vier Stunden vor dem Schlafen wirkten sich in der Studie jedoch negativ aus. Der Schlaf der Teilnehmer:innen war dann insgesamt unruhiger. Kaffee sollte also eher nicht zu deiner Abendroutine gehören – Zigaretten und ein alkoholischer Schlummertrunk aber wohl genauso wenig.
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