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Ohne-Gentechnik-Siegel: Was steckt dahinter?

Ohne Gentechnik Siegel Label Zeichen
Logo © VLOG

In Deutschland gibt es doch gar keine gentechnisch veränderten Lebensmittel oder? Wozu gibt es dann das Ohne-Gentechnik-Siegel?

In der EU gibt es etwa 60 Importzulassungen (Stand Juli 2019) für gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Agrarprodukte wie Mais, Soja, Raps und Baumwolle. In Deutschland werden die importierten Rohstoffe vorrangig für Futtermittel verwendet, die dann als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden müssen. Gentechnisch veränderte Lebensmittel gibt es in Deutschland nur sehr selten. Warum das Siegel Ohne Gentechnik trotzdem wichtig ist, haben wir für dich zusammengefasst.

Lies auch, was Gentechnik eigentlich genau bedeutet.

Das Ohne-Gentechnik-Siegel

  • Vergeben in: Deutschland, seit 2009
  • Vergeben von: Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG). Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) hat dem VLOG die Markennutzungsrechte an dem Siegel übertragen.
  • Kategorie: Essen und Trinken
  • Produkte: Eier, Milchprodukte, Fleischprodukte, Backwaren, Teigwaren, Getreideerzeugnisse, Öle und viele weitere

Inzwischen machen „Ohne Gentechnik“-Produkte in Deutschland über fünf Prozent des gesamten Lebensmittel­umsatzes aus. Den größten Anteil an Produkten Ohne-Gentechnik-Siegel haben Milch und Milchprodukte. Vor allem bei Schweinefleisch sieht VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting noch Nachholbedarf: „Anders als Verbraucher vermuten, werden immer noch 99 Prozent der Schweine in Deutschland mit Gentechnik-Soja gefüttert. Rund drei Viertel aller deutschen Soja-Importe landen in ihren Futtertrögen.“

Gentechnisch verändert – was muss gekennzeichnet werden?

Die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel ist bisher lückenhaft. In der EU müssen gentechnisch veränderte Lebensmittel zwar gekennzeichnet werden – Erzeugnisse von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, sind allerdings von der Kennzeichnungspflicht befreit. Bei Eiern, Milch und Fleisch kann man sich also nicht sicher sein, ob Reste von gentechnisch verändertem Futter enthalten sind. Auch verarbeitete Produkte wie Tiefkühlpizza oder Frühstücksflocken können Zusatzstoffe wie Vitamine oder Geschmacksverstärker enthalten, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen gestellt wurden. Das ist in der EU nicht kennzeichnungspflichtig.

In anderen Lebensmitteln können durch technische Probleme wie Verunreinigungen beim Transport kleine Mengen gentechnisch veränderter Bestandteile enthalten sein. Bis zu einem Anteil von 0,9 Prozent ist das nicht kennzeichnungspflichtig, wenn es sich um eine zufällige oder technisch unvermeidbare Verunreinigung handelt.

Diese Kennzeichnungslücken füllt das Ohne-Gentechnik-Label:

  • Das Lebensmittel und die Lebensmittelzutaten dürfen nicht gentechnisch verändert sein und auch nicht aus gentechnisch veränderten Organismen (GVOs) hergestellt sein.
  • Es dürfen keine Aromen, Vitamine, Enzyme und andere Lebensmittelzusatzstoffe für das Lebensmittel verwendet werden, die mit Hilfe von GVOs hergestellt wurden.
  • Tiere dürfen (innerhalb einer bestimmten Frist) nicht mit gentechnisch veränderten oder von GVOs hergestellten Futtermitteln gefüttert werden.

Siegel „Ohne Gentechnik“: Die Kontrollen

Das Ohne-Gentechnik-Label ist eine freiwillige Kennzeichnung. Soll ein Produkt mit dem Siegel gekennzeichnet werden, muss die Einhaltung der Kriterien anhand von Dokumenten belegt werden. Eine externe Zertifizierungsstelle überprüft die Einhaltung der Kriterien.

Die Lebensmittel-Überwachungsbehörden der Bundesländer kontrollieren regelmäßig. Bei schweren Verstößen kann der VLOG die Lizenz des Siegels zurückziehen.

Kritik am Ohne-Gentechnik-Siegel

Bisher ist das Ohne-Gentechnik-Siegel nur eine freiwillige Kennzeichnung. Es gibt also Produkte, die zwar frei von Gentechnik sind, die aber nicht als solche erkennbar sind. Zudem gibt es andere von Unternehmen selbst gestaltete Gentechnik-Siegel. Eine einheitliche Kennzeichnungspflicht wäre besser.

Problematisch ist auch, dass Lebensmittelzusatzstoffe (z.B. Enzyme und Vitamine), die durch GVOs hergestellt wurden, bei der Produktion von Ohne-Gentechnik-gelabelten Lebensmitteln verwendet werden dürfen, wenn sie als Ausnahme durch die Öko-Verordnung zugelassen wurden.

Zwar dürfen die Tiere nicht mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden. Diese Regelung gilt allerdings nicht von Geburt an. Es gibt aber Fristen, an die sich Landwirte halten müssen. Für Gentechnik-freie Milch beispielsweise muss der Landwirt nur drei Monate zuvor auf gentechnisch verändertes Futter verzichtet haben.

Bei Fleischprodukten gilt zudem  die 0,9-Prozent-Regelung: Selbst bei Produkten mit dem Ohne-Gentechnik-Label darf es zu einer gentechnischen Verunreinigung von 0,9 Prozent kommen.

Alternativen zum Ohne-Gentechnik-Siegel

EU-Bio-Siegel = ohne Gentechnik
EU-Bio-Siegel = ohne Gentechnik (Siegel © EU)

Eine (in unseren Augen bessere) Alternative zum Ohne-Gentechnik-Siegel bieten Bio-Produkte: Produkte mit dem EU-Bio-Siegel müssen Gentechnik-frei sein. Aber auch für Bio-Produkte gilt, dass Verunreinigungen bis zu einem Anteil von 0,9 Prozent von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen sind, wenn es sich um zufällige oder technisch unvermeidbare GVO-Verunreinigungen handelt. Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Verunreinigung ist bei deutschen Bioprodukten allerdings sehr gering.

Utopia-Fazit

Wer Wert auf Gentechnik-freie Lebensmittel legt, kann sich am Zeichen Ohne Gentechnik orientieren. Eine hundertprozentige Garantie bietet das Siegel aber nicht: Milch, Eier oder Fleisch können unter Umständen trotzdem gentechnisch veränderte Anteile von bis zu 0,9 Prozent enthalten. Und vor allem bei Milch stört doch sehr, dass es ausreicht, dass die Milchkuh in den letzten drei Monaten kein gentechnisch verändertes Futter gegeben wurde. Bisher ist das Siegel eine freiwillige Kennzeichnung, eine einheitliche Kennzeichnungspflicht mit strengeren Kriterien wäre noch besser.

Insgesamt erscheint uns das Siegel als nicht streng genug und daher nicht empfehlenswert. Ab der Geburt schon, aber einfach drei Monate vor Verkauf der Milch kein Gen-Futter mehr an die Kuh verfüttern – und dann trotzdem ein Gentechnikfrei-Siegel draufkleben dürfen? Das leuchtet uns nicht ein.

Mehr Infos zum Thema Gütesiegel findest du in unserer Bildergalerie zu Gütesiegel.

Weiterlesen auf utopia.de:

Externe Info-Seiten:

Mehr Labels im Utopia Siegel-Guide.

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