Käse, Rindfleisch oder doch die Avocado – was ist das klimaschädlichste Essen? Der Tagesspiegel hat beliebte Lebensmittel miteinander verglichen. Uns fehlt beim Vergleich jedoch ein entscheidender Umweltaspekt.
Hier und da schwirrt die Aussage herum: „Veganer:innen leben klimaschädlich, weil sie ständig Avocado essen.“ Die Avocado hat tatsächlich keinen guten Ruf und auch wir haben schon die Frage gestellt: Sollte man Avocados überhaupt noch kaufen?
Jetzt hat der Tagesspiegel online in einem interaktiven Artikel die Klimabilanz von Lebensmitteln miteinander verglichen – und die Avocado kommt gar nicht so schlecht weg.
Grafisch ansprechend und leicht verständlich ist der Beitrag mit der Frage: „Wie klimaschädlich sind beliebte Lebensmittel?“. Die Zeitung bezieht sich bei der Auswertung der Lebensmittel allein auf die CO2-Bilanz pro 100 Gramm. Diese wird in CO2-Äquivalenten angegeben, die sich aus den Schritten Anbau, Produktion und Transport berechnen.
„Selbst Schweinefleisch steht teilweise besser da als Kuhmilch“
In der Tabelle des Tagesspiegels hat das Kalbsfilet die schlechteste CO2-Bilanz. 100 Gramm kommen auf ganze 6.455 Gramm CO2-Äquivalente.
Der Artikel vergleicht unter anderem die verschiedenen Fleischsorten miteinander, außerdem die (bekanntlich miese) CO2-Bilanz von Wurst, Käse und Butter. Doch nicht nur Brotbelag, sondern auch das Brot an sich steht auf dem Prüfstand – mit dem Ergebnis, dass Dinkel klimafreundlicher ist als Weizen. Denn Weizenvollkornmehl verursacht den Recherchen der Journalist:innen zufolge 78 Gramm CO2-Äquivalente, während für Dinkelvollkornmehl nur 33 Gramm anfallen.
Außerdem stellen die Autor:innen die unbequeme These auf: „Vegetarisch ist nicht immer klimafreundlicher, vegan schon“. Denn: „Hühnerfleisch und Geflügelwurst haben oft eine bessere CO2-Bilanz als Butter oder Käse. Selbst Schweinefleisch steht teilweise besser da als Kuhmilch.“
Wie klimafreundlich eine vegetarische Ernährung ist, hängt davon ab, ob man statt Fleisch und Fisch vermehrt Milchprodukte oder eher pflanzliche Lebensmittel konsumiert. Verglichen mit Pflanzen steht Fleisch nämlich deutlich schlechter da.
Dann glänzt selbst die in Verruf geratene Avocado. Laut Tagesspiegel.de verursacht ein Wiener Schnitzel aus Kalbfleisch fast 50-mal so viele Treibhausemissionen wie eine Avocado. Wichtig bei solchen Berechnungen seien jedoch auch die Nährstoffe. Beziehe man die mit ein, „ist das Kalbsschnitzel allerdings immer noch 29-mal so klimaschädlich wie Avocados“.
Wasserverbrauch wirkt sich auf die Umweltbilanz aus
Wie bereits erwähnt, bezieht sich der Tagesspiegel nur auf den CO2-Ausstoß. Um die Klima- und Umweltauswirkungen von Lebensmitteln zu bewerten, sollten jedoch noch weitere Faktoren beachtet werden, beispielsweise der Wasserverbrauch.
Der ist beim Anbau von Avocados bekanntlich hoch. Dennoch gewinnt die Avocado auch hier im Vergleich zum Rindfleisch. Oder?
Für ein Kilogramm Avocado (vier durchschnittliche Früchte) sind etwa 1.000 bis 2.000 Liter Wasser aufzuwenden (Quelle: VZ). Das sind grob 5 bis 10 Badewannen voll Wasser für vier Avocados. Rindfleisch dagegen benötigt für ein Kilo im Laufe des gesamten Produktionsprozesses um die 15.400 Liter Wasser. Das ist ein Wasserfußabdruck von etwa 3.080 Liter (oder etwa 20 Badewannen voll) Wasser für ein 200-Gramm-Steak.
Dieser Vergleich beachtet jedoch nicht, ob es sich dabei um Regenwasser handelt oder ob extra Wasser aus Flüssen, Seen oder Grundwasservorräten entnommen wird. Mehr dazu, wie sich pflanzliche und tierische Lebensmittel im Wasserverbrauch schlagen, liest du auch in diesem Artikel: Umweltschädliche Veganer:innen? SZ verbreitet irreführenden Artikel.
Was bei der Klimabilanz von Lebensmitteln wichtig ist
Wie umweltfreundlich ein Nahrungsmittel ist, lässt sich also gar nicht so einfach beantworten. Zumal neben CO2-Bilanz und Wasserverbrauch auch die genutzte Landfläche, der Pestizideinsatz und weitere Faktoren eine Rolle spielen.
Was wir aber sagen können: Nicht nur die Umwelt, sondern auch die Tiere freuen sich, wenn wir unseren Fleischkonsum reduzieren. Wer Fleisch isst, kauft am besten Bio-Fleisch statt konventionelle Ware aus Massentierhaltung.
Auch Avocados sollten kein Grundnahrungsmittel sein, sondern eher die Ausnahme. Regionales und saisonales Obst und Gemüse ist meistens klimafreundlicher.
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