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Der letzte Hof muss der Kohle weichen: Gericht erlaubt Abriss in Lützerath

Aktivist:innen demonstrieren in Lützerath.
Foto: Oliver Berg/dpa

Seit Wochen haben Klimaschützer:innen, Politik, Polizei und der Betreiber des Braunkohletagebaus auf diese Entscheidung gewartet. Jetzt hat das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen seine Entscheidung zur Zukunft Lützeraths gefällt. Ein Sieg für RWE, eine Niederlage für den Klimaschutz.

Jetzt steht es fest: Der Tagebaubetreiber RWE Power darf ein Grundstück am Braunkohletagebau Garzweiler abbaggern und dafür Vorbereitungsmaßnahmen treffen. Diesen Beschluss veröffentlichte das Oberverwaltungsgericht in Münster am Montag und wies den Eilantrag eines Hofbesitzers und zweier Mieter:innen in dem Örtchen Lützerath am Rand des Tagebaus zurück.

RWE erklärte, das Gericht habe die Rechtmäßigkeit der von der Bezirksregierung Arnsberg ausgesprochenen Besitzeinweisung bestätigt. Die Bezirksregierung Arnsberg hatte im November vergangenen Jahres Anträge von den letzten verbliebenen Bewohener:innen Lützeraths abgelehnt, die ein Eingreifen von RWE verhindern sollten. Auch das Verwaltungsgericht Aachen lehnte Eilanträge der Bewohner:innen ab. Daraufhin legten diese Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) ein.

RWE wollte ursprünglich nach der vorzeitigen Besitzeinweisung mit vorbereitenden Arbeiten für das Abbaggern der Grundstücke schon im November 2021 beginnen. Dabei sollten Gebäude abgerissen und vereinzelte Bäume und Sträucher beseitigt werden. Das OVG hatte RWE aufgetragen, vor der Entscheidung auf Rodungsarbeiten zu verzichten.

Polizeieinsatz in Lützerath.
Polizeieinsatz in Lützerath. (Foto: Arnulf Stoffel/dpa)

„Klimapolitische Forderungen, die im geltenden Recht keine Grundlage haben“

Zur Begründung seiner Entscheidung teilte das OVG mit, dass die Antragsteller:innen keine Gründe für eine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Aachen vorgetragen hätten. In der Vorinstanz sei ausführlich vom Gericht dargelegt worden, dass die energiepolitische Grundentscheidung zugunsten der Braunkohleförderung und -Verstromung mit dem verfassungsrechtlichen Klimaschutzgebot vereinbar sei. Weiter äußerten die Richter: «Weitgehend betrifft der Vortrag eher klimapolitische Forderungen, die im geltenden Recht keine Grundlage haben und an den Gesetzgeber zu richten wären.»

Die aktuelle Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag festgehalten, dass Dörfer am Tagebaurand aus einem anderen Umsiedlungsabschnitt erhalten bleiben sollen. Die Entscheidung über Lützerath solle aber von Gerichten gefällt werden.

Braunkohle als Energiegarant im Ukraine-Krieg?

Der Energiekonzern RWE teilte mit, dass durch die energiepolitischen Folgen des Ukraine-Kriegs die sichere Versorgung der Kraftwerke mit Braunkohle zusätzlich an Bedeutung gewonnen habe. „Derzeit prüft die Bundesregierung, Kohlekraftwerke länger in einer Reserve zu halten und anstehende Stilllegungen temporär auszusetzen“, erklärte RWE.

Eine verlängerte Nutzung fossiler Energieträger wäre auch in Zeiten von Energieknappheit eine fatale Entscheidung. Auch ohne Braunkohle und russisches Gas kann die Energieversorgung in Deutschland garantiert werden.

Klimaschützer:innen kündigen Proteste an

Klimaschutzorganisationen kündigten umgehend Proteste und spontane Demonstrationen an. Fridays For Future teilte mit, dass am 23. April eine Demonstration vor Ort in Lützerath stattfinden wird.

In dem weitgehend verlassenen Ortsteil der Stadt Erkelenz an der Abbruchkante des Tagebaus haben sich bereits vor einiger Zeit Dutzende Aktivist:innen niedergelassen. Auch Greta Thunberg besuchte im letzten September Lützerath und sprach von einem „Ort voller Traurigkeit“.

Nun dürfte RWE als Betreiber rein rechtlich mit polizeilicher Unterstützung das Dorf räumen und Gebäude abreißen. Die Aktivist:innen kündigten an, sich in Hütten, Baumhäusern und auf Hausdächern „den Rodungsmaschinen und Bulldozern in den Weg zu stellen“. Der Hofbesitzer sagte, seine Anwältin werde die Begründung des OVG prüfen.

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