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Greta Thunberg über AKW in Deutschland: „Wäre ein Fehler, sie abzuschalten“

Greta Thunberg über AKW in Deutschland: "Wäre ein Fehler, sie abzuschalten"
Foto: dpa - Henning Kaiser / Armin Weigel

Die von der Bundesregierung geplante Strategie, Kohlekraftwerke bei knapper Gaslieferung weiterlaufen zu lassen, kritisiert Greta Thunberg. Sie halte es für einen Fehler stattdessen Atomkraftwerke abzuschalten. Der geplante Reservebetrieb der AKW steht momentan jedoch wegen politischer Unstimmigkeiten auf der Kippe.

Die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg hält es für falsch, die noch aktiven Atomkraftwerke (AKW) in Deutschland abzuschalten und stattdessen verstärkt auf Kohlekraft zu setzen. „Wenn sie schon laufen, glaube ich, dass es ein Fehler wäre, sie abzuschalten und sich der Kohle zuzuwenden“, sagte die Gründerin der Bewegung Fridays for Future im Interview mit „ARD“-Talkmasterin Sandra Maischberger, das am Mittwochabend im Ersten ausgestrahlt wird. Die Aufzeichnung des Gesprächs liegt der Deutschen Presse-Agentur vorab vor.

Kohle statt Atomkraft „sei schlechte Idee“

Es sei „eine schlechte Idee“, auf Kohle zu setzen, solange „das Andere“ noch existiere, erklärte Thunberg weiter. Die Aktivistin bezog sich dabei auf die Krisenstrategie der Bundesregierung, Kohlekraftwerke aus der Reserve zu holen, um die Stromerzeugung aus Gas zu reduzieren. Die Gesetzesänderung erfolgte am 8. Juli.

Auch zwei der drei verbliebenen Atomkraftwerke sollen als Notreserve über den eigentlichen Abschalttermin Ende des Jahres am Netz bleiben – allerdings nur bis spätestens Mitte April 2023 und nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Andere Alternativen zu Kohlekraft

Auf die Frage, ob die AKW nach der aktuellen Krisenphase überhaupt abgeschaltet werden sollten, sagte Thunberg: „Kommt drauf an, was passiert.“ Es gebe auch sonst Alternativen zum Wiedereinsatz von Kohlekraft. „Ich glaube, dass es andere Wege nach vorne gibt. Mit Erneuerbaren Energien.“ Sie warnte davor, weiterhin in fossile Energie zu investieren – auch wenn sie die Notwendigkeit verstehe, die Bürger:innen vor zu hohen Energiekosten zu schützen, sagte Thunberg.

Die Menschen hätten sich aber auch „selbst abhängig gemacht und eine Gesellschaft geschaffen, in der wir nicht in der Lage sind, mehr als ein Jahr in die Zukunft zu schauen. Das ist nicht nachhaltig!“, sagte die 19-Jährige Aktivistin.

Klimakrise noch keine globale Notlage

Thunberg kritisierte, dass die Klimakrise immer noch nicht wie eine globale Notlage behandelt werde. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass das möglich sei. Auch in Kriegszeiten dürften die Folgen der Klimakrise aus ihrer Sicht nicht aus dem Blick geraten. „Jeder Krieg ist ein Desaster. Auf ganz vielen Ebenen. Aber wir müssen in der Lage sein, uns mit verschiedenen Dingen zur selben Zeit zu beschäftigen.“

Politik ist sich bei Reservebetrieb der AKW uneinig

Die Ampel-Koalition streitet über den weiteren Kurs bei der Atomkraft. Das Kabinett befasste sich entgegen der Planungen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nicht mit einem Gesetzentwurf über einen Weiterbetrieb von zwei Atomkraftwerken bis ins Frühjahr. Eine Sprecherin des Ministeriums erklärte das gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters mit politische Unstimmigkeiten.

Finanzminister Christian Lindner schlägt vor, alle drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke bis ins Jahr 2024 laufen zu lassen. Zusätzlich müsse geprüft werden, wie viele der bereits abgeschalteten AKW sicher wieder in Betrieb genommen werden könnten, sagte der FDP-Chef der Deutschen Presse-Agentur. „Bevor wir öffentliche Gelder einsetzen, müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um Belastungen für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler tragbar zu machen“, forderte er mit Blick auf die geplante milliardenschwere Gaspreisbremse. Dazu gehöre, auf alle verfügbaren Energiequellen zurückzugreifen.

Durch die Unstimmigkeiten verzögert sich der Zeitplan für das Verfahren. Die Welt zitierte das Bundeswirtschaftsministerium: „Diese Verzögerung ist ein Problem, wenn man will, dass Isar 2 im Jahr 2023 noch Strom produziert.“ Weiter hieß es: „Es müssen zeitnah die Reparaturen am Atomkraftwerk vorgenommen werden, die Atomkraftwerksbetreiber brauchen Klarheit.“ Daher setze sich das Ministerium für Lösungen ein, „sonst steht man wegen Verzögerungen ohne Isar 2 da.“

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