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Heiligt die Verzweiflung die Mittel? Letzte Generation kündigt neue Sitzblockaden an

Klimaschutzaktivist:innen der Initiative Aufstand der letzten Generation blockieren eine Zufahrt zum Hauptstadt-Flughafen BER.
© Paul Zinken/dpa (Symbolbild)

Aktivist:innen der Initiative Letzte Generation planen für die kommende Woche neue Proteste. Ab Montag sollen wieder Autobahnen und Straßen blockiert werden. Sie wollen den „Klimakollaps“ verhindern. Die Verzweiflung scheint groß.

Die Klimaaktivist:innen der Initiative Letzte Generation haben für kommende Woche neue Störaktionen angekündigt. In Frankfurt am Main soll es auf Autobahnen, Straßen und vor Bankgebäuden Sitzblockaden und Proteste geben. Das Vorhaben haben die Initiator:innen auf einer Online-Presskonferenz am Donnerstag öffentlich gemacht, wie der Evangelische Pressedienst (epd) berichtet.

Demnach rufen die Aktivist:innen zu einem gewaltfreien Protest auf, wenngleich sie entschlossen seien, „alles in ihrer Macht Stehende“ zu tun, „um den Klimakollaps“ zu verhindern, wird die Sprecherin der Initiative Carla Hinrichs zitiert. „Wir steuern mit Vollgas ins Klimachaos.“ Das Zeitfenster, um noch rechtzeitig etwas dagegen zu tun, „schließt sich vor unseren Augen“, sagte sie mit Blick auf den neusten Bericht des Weltklimarates (IPCC).

Klima-Proteste „über einen langen Zeitraum“

Die Letzte Generation fordert einen sofortigen Stopp zusätzlicher Investitionen in fossile Energien und deren Infrastruktur. Der Bundesregierung werfen die Anhänger:innen Untätigkeit vor. Insbesondere vor dem Hintergrund des Krieges, den Russland gegen die Ukraine führt, sei dies notwendig, so die Argumentation. Erneuerbare Energien dienten dem Frieden, sagte Sprecherin Hinrichs.

Bei der geplanten Aktion in Frankfurt am Main solle es sich nicht um ein einmaliges Unterfangen handeln. Von Protesten „über einen langen Zeitraum“ ist laut Bericht die Rede. Nach Angaben der Letzten Generation habe die Initiative in vergangenen Wochen bei Veranstaltungen, Trainings und Vorträgen weitere Menschen motivieren können, an den Störaktionen teilzunehmen.

Begonnen hatte die Initiative mit einem Hungerstreik vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr. Damals beteiligten sich sieben junge Menschen an dem Streik, bei dem sie unter anderem ein Gesetz zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendungen forderten. Dies sei nach Angaben der Aktivist:innen ein wichtiger Schritt zur Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgase in der Landwirtschaft. Vom 24. Januar bis zum 18. Februar hatte die Polizei 45 Blockaden mit sitzenden und angeklebten Demonstrant:innen registriert. Danach folgten noch einige Blockaden und Versuche auf Straßen, an mehreren deutschen Flughäfen und dem Hamburger Hafen. Anfang März wurden die Aktionen wegen des Krieges in der Ukraine vorerst beendet.

Selbstverständnis ist Ausdruck der Verzweiflung der Klimaaktivist:innen

Utopia meint: Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, greifen die Klimaaktivist:innen zu drastischen Maßnahmen, die polarisieren. Schließlich sind von den Sitzblockaden auf den Straßen zuallererst die Bürger:innen betroffen, die für die von den Protestierenden angeprangerte Untätigkeit der Bundesregierung nichts können. Umso tragischer, dass es in der Vergangenheit bereits zu – teils körperlichen – Auseinandersetzungen zwischen den Anhänger:innen der Letzten Generation und Autofahrer:innen kam.

Während der Frust der direkt Betroffenen nachvollziehbar ist, sind es aber auch die Gründe, die die Menschen auf die Straße treiben. Wie der Name der Initiative bereits nahe legt, verstehen sich die Aktivist:innen als die letzte Generation, die noch in der Lage sei, die größtmöglichen Schäden der Klimakrise abzuwenden.

Dieses Selbstverständnis ist Ausdruck der Verzweiflung der Anhänger:innen: Sie fühlen sich von der Politik nicht gehört – obwohl die Wissenschaftsgemeinschaft einen unmissverständlichen Handlungsbedarf angesichts des Klimawandels kommuniziert. So auch der jüngste IPCC-Bericht, auf den sich die neu angekündigten Aktionen der Letzten Generation stützen. Der Weltklimarat prognostiziert, dass die Erderwärmung um 1,5 Grad bis 2035 eintreten wird. Nur eine drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen könne den Wissenschaftler:innen zufolge helfen, dass die Erhitzung nicht über maximal 1,5 Grad hinausgeht.

 „Wir sind an einem Scheideweg. Die Entscheidungen, die wir jetzt treffen, können eine lebenswerte Zukunft sichern“, erklärte der IPCC-Vorsitzende Hoesung Lee. Deutliche Worte, die einerseits individuelle Handlungs- und Konsumentscheidungen miteinbeziehen; andererseits auf das strukturelle Problem des Klimawandels verweisen, das Politik und Wirtschaft jetzt ernsthaft angehen müssen.

Dabei wird sich noch zeigen müssen, ob einzelne Störaktionen, die in erster Linie beliebige Bürger:innen treffen, den erwünschten Effekt haben – nämlich das Wachrütteln der politischen Entscheidungsträger:innen.

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