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Waldbrände in Deutschland: Expertin befürchtet ungeahnte Ausmaße

Waldbrand
Foto: Thomas Schulz/TNN/dpa

Das Risiko von Waldbränden in Deutschland steigt. Das hat Diskussionen über Brandvermeidung und die Löschwasserlage angeheizt. Stimmen werden laut, dass das Wasser zur Brandbekämpfung knapp sei.

Begünstigt durch einen extrem trockenen Mai ist die Waldbrandgefahr dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge vor allem in Teilen Sachsen-Anhalts, Mecklenburg-Vorpommerns und der Region Berlin-Brandenburg stark erhöht. Es sei dort der zweittrockenste Mai seit Messbeginn im Jahr 1881 gewesen.

Eine hohe Verdunstung im Mai und Pflanzen, die Wasser aus den Böden zögen, hätten ihr übriges getan, sagte ein DWD-Meteorologe der Nachrichtenagentur dpa. Dabei seien der März und der April „sehr sehr niederschlagsreich“ gewesen. Vor allem in einigen Regionen im Norden und Osten Deutschlands werde in den kommenden Tagen die höchste der fünf möglichen Waldbrandwarnstufen erreicht – sowie fast überall der zweithöchste Gefahrenindex für Graslandfeuer, hatten der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) und die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) am Mittwoch gewarnt.

Expertin warnt vor Waldbrandrisiko in Deutschland

Während das Waldbrandrisiko in Deutschland steigt, unternehme man vielerorts zu wenig, um Waldbrände zu verhindern, schätzt Yvonne Hengst von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg mit Sitz in Freiburg dem Spiegel zufolge die Lage ein. Es sei dringend erforderlich, dass sich dies ändert, da das Problem in den nächsten Jahren „Ausmaße“ annehmen könne, „die wir bisher nicht kannten“, warnt die Forstwissenschaftlerin auch mit Blick auf den derzeitigen Waldbrand bei Jüterbog in Brandenburg. Das munitionsbelasteten Gebiet brennt seit Mittwoch vergangener Woche. Inzwischen ist die betroffene Fläche auf 326 Hektar angewachsen.

Durch den Klimawandel und die dadurch ansteigende Hitze und die zunehmenden Trockenzeiten würden Bäume und Büsche brandanfälliger werden, so Hengst. Dennoch seien die meisten Waldbrände auf menschlichen Einfluss zurückzuführen, wie weggeworfene Zigarettenkippen oder im trockenen Gras abgestellte Grills oder Elektrogeräte. Um Waldbrände zu verhindern, fordert die Forstwissenschaftlerin eine verstärkte Aufklärung durch Warnschilder und TV-Spots. Außerdem sollten Feuerwehrleute besser vorbereitet sein – es sollte eine Analyse geben, wie sich ein mögliches Feuer im Notfall ausbreiten könnte.

Laut dem Feuerökologen Johann Georg Goldammer muss Deutschland nicht nur in der Brandvermeidung einiges nachholen, sondern müsse auch beim Löschen besser werden. Wie der Spiegel berichtet, sorgt sich Goldammer vor dem sinkenden Grundwasserspiegel. Ihm zufolge haben Einsatzkräfte immer mehr Probleme, weil sie Löschwasser aus immer tieferen Brunnen pumpen müssten.

Diskussion um Löschwasser im Harz

Im Harz gibt es derzeit eine Diskussion um das Löschwasser. Am Sonntag war im Nationalpark im Harz ein Feuer auf dem Brocken – dem höchsten Berg des Gebirges – ausgebrochen. „Die Lage ist nach wie vor kritisch“, sagt der Kreisbrandmeister des Landkreises Harz, Kai-Uwe Lohse laut der dpa. Die „paar Tümpel und wasserführenden Bäche“, die jetzt zum Teil genutzt würden, seien in den nächsten zwei bis drei Wochen weg. Grundsätzlich fehle ein komplettes Konzept für Wasserentnahmestellen, kritisiert Lohse.

Eine erst vor kurzem veröffentlichte Fallstudie der TU Dresden zur Waldbrandsituation im Harz nennt ebenfalls einige Probleme bei der Löschwassersituation. Vorhandene Löschwasserstellen seien wenig gepflegt, in einigen Bereichen müssten neue Entnahmestellen angelegt werden. Die Fahrtstrecken zu den Wasserstellen seien mit 30 bis 60 Minuten teilweise zu weit. Es bestehe „dringender Handlungsbedarf“, die Einsatzfähigkeit der Wasserentnahmestellen im Nationalpark zu überprüfen, heißt es in der Studie.

Die Bereitstellung von Löschwasser ist gemäß Landesrecht Aufgabe der Gemeinden. Diese erkennen die Probleme vor allem in den Waldgebieten durchaus an. „Die Situation ist lückenhaft“, sagt Ronald Fiebelkorn, Bürgermeister der Stadt Oberharz am Brocken der dpa zufolge. Er sieht aber auch die privaten Waldbesitzer:innen mit in der Pflicht. Dennoch sei es bei der schieren Größe des Waldes fast schon unmöglich, ein flächendeckendes Netz hinzubekommen.

Stadt hat nach verheerenden Waldbränden reagiert

Diese Erfahrungen hat auch die Stadt Wernigerode gemacht – und entsprechend nach den verheerenden Waldbränden im vergangenen Jahr reagiert. In Absprache mit den Harzer Schmalspurbahnen stehe neben Drei Annen Hohne jetzt auch am Brocken ein Kesselwagen mit Löschwasser zur Verfügung. Wie die dpa berichtet, erklärt der Dezernent für Stadtentwicklung in Wernigerode, Immo Kramer: „Der rechtzeitige Transport des Wassers ist das Problem.“

Zusätzlich seien neue Wassertanks an neuralgischen Stellen im Harzer Nationalpark aufgestellt worden. „Trotzdem werden wir nie immer ausreichend Wasser vor Ort haben“, sagt Kramer. Der Brand Anfang der Woche am Brocken habe dann ja auch gezeigt, wie wichtig die Brandbekämpfung durch die Luft sei.

Bürgermeister sieht nicht nur Stadt in der Verantwortung

Der Bürgermeister von Ilsenburg, Denis Loeffke (CDU), wies noch auf ein anderes Problem hin: Der Brandschutz sei nicht nur der Stadt anzulasten. Der Nationalpark könne wegen der „gewollt hohen Brandlasten durch die großen Totholzmengen“ nicht als normaler Wald angesehen werden, sagte Loeffke. Alles in allem habe man aber gemeinsam mit dem Nationalpark im Harz an der Verbesserung der Situation gearbeitet.

Kreisbrandmeister Lohse wünscht sich trotz der vielen Einzelmaßnahmen aber ein übergeordnetes Konzept. Man könne nicht von einem geplanten System sprechen, wo im Falle eines Falles Wasser herkomme.

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